Читать книгу Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 22

3.

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Das Unwetter hatte sich gelegt. Zwar fuhren immer noch vereinzelt heftige Böen durch die Bucht jener Caicos-Insel, an deren Klippen die „Mocha II.“ ihr Ende gefunden hatte, aber als es hell wurde, als ein neuer Tag über der Karibik emporstieg, rissen die schweren Wolken auf. Erste Sonnenstrahlen tasteten sich über das Bild der Verwüstungen, die das Unwetter hinterlassen hatte.

Arkana hatte sich zwischen den Felsen erhoben, und auch ihre Kriegerinnen blickten auf die Bucht hinab. Sie erkannten das Wrack ihres Schiffes, das zwischen den Klippen steckte und einen traurigen Anblick bot.

Bis auf den Besan, an dem noch die Fetzen des Gaffelsegels flatterten, war die Galeone entmastet. Der Haupt- und der Fockmast hingen über Bord. Tauwerk, laufendes und stehendes Gut, Rahen wie Spieren und auch zerfetztes Segeltuch verwandelten das Hauptdeck der „Mocha II.“ in ein einziges Chaos.

Als Arkanas scharfe Augen die Galeone weiter abtasteten, und als die Erinnerungen an jene Riesenwoge wieder lebendig wurden, die sie auf die Klippen geworfen hatte, wußte sie, daß sie mit diesem Schiff niemals mehr von dieser Insel fortsegeln konnten. Denn auch der Rumpf der „Mocha II.“ war geborsten, wie die Rippen eines Skeletts standen zum Teil die Spanten heraus.

Tatona berührte Arkana am Arm.

„Man wird nach uns suchen. Karl von Hutten weiß, daß wir in Richtung Caicos-Inseln gesegelt sind, und auch Araua weiß es. Wir werden warten müssen, Arkana. Überleben können wir auf dieser Insel …“

Tatona unterbrach sich in diesem Augenblick. Und auch durch Arkanas hochgewachsenen, schlanken Körper ging ein Ruck. Gleichzeitig fuhren die Köpfe der Schlangenkriegerinnen in die Richtung, in die Tatona jetzt voller Erregung deutete.

Im hinteren Teil der Bucht, dort, wo eben noch dichte Nebelschleier die Küste verdeckt hatten, wuchs aus den Nebeln plötzlich wie von Geisterhand gezeichnet ein großer Dreimaster hervor. Ein düster wirkendes, unheimliches Schiff. Weit größer als ihre „Mocha II.“, größer auch als die „Isabella IX.“ des Seewolfs, zumindest wirkte sie so. Ihr Rumpf ragte hoch aus dem Wasser, und irgendwie wirkte er fast so mächtig wie „Eiliger Drache über den Wassern“, wie der Schwarze Segler Thorfin Njals, des Wikingers.

Arkana stand wie erstarrt. Wo kam dieses Schiff her? Wahrscheinlich hatte es diese Insel schon vor ihnen angelaufen, um vor dem Unwetter Schutz zu suchen. Und natürlich war es völlig unmöglich gewesen, es während der zuckenden Blitze, des sintflutartigen Regens und ihrem verbissenen Kampf ums nackte Überleben zu entdecken.

„Wir sind nicht allein auf dieser Insel“, sagte Tatona. „Dort ist ein Schiff, das Schiffbrüchigen seine Hilfe gewiß nicht versagen wird, Arkana …“

Arkana bedeutete Tatona durch eine Handbewegung zu schweigen.

„So einfach ist das nicht, Tatona“, erwiderte sie schließlich. „Auch wenn jene bereit wären, uns zur Schlangeninsel zu segeln, so dürften wir das Geheimnis unserer Insel dennoch nicht preisgeben. Nein, wir müssen zuvor erkunden, wer sich auf jeher Galeone dort befindet. Es werden eher Feinde sein als Freunde, fürchte ich!“

Arkana hatte das auf Araukanisch gesagt, und das war ihr Glück, nur wußte sie es nicht. Denn in diesem Augenblick wurden sie und ihre Schlangenkriegerinnen von vielen Augenpaaren beobachtet. Ganz besonders aber von zwei kohlschwarzen Augen, die zu einer großen, athletisch gebauten Negerin mit pechschwarzer Haut gehörten. Ihr Oberkörper war nackt, genau wie der Arkanas und ihrer Schlangenkriegerinnen. Um die Hüfte trug sie einen breiten Ledergürtel, der zugleich ein lendenschurzähnliches Kleidungsstück hielt, das ihre Scham bedeckte. Im Gürtel steckte eine doppelläufige Pistole, deren feine Ziselierungen sie als eine äußerst wertvolle und sorgfältig gefertigte Waffe aus Meisterhand auswiesen.

In der Rechten hielt sie eine Art Entermesser, dessen Klinge jedoch länger und breiter war, als bei diesen Waffen normalerweise üblich.

Wenn sie sich bewegte, dann spielten unter ihrer pechschwarzen Haut Muskeln, die auch dem stärksten Mann zur Ehre gereicht hätten.

Neben ihr, ebenfalls sorgfältig in Deckung hinter den Felsen, stand ein riesiger Schwarzer, dem jeder auf den ersten Blick ansah, wie stark und gefährlich er war. Sein Gesicht stellte eine merkwürdige Mischung aus Brutalität und Intelligenz, aus Unerschrockenheit und Verschlagenheit dar. Ein krauser, aber dennoch wild wirkender Bart umrahmte sein Kinn. Gekleidet war er ähnlich wie die Negerin an seiner Rechten, und auch seine Bewaffnung entsprach der ihren.

Die Negerin beugte sich jetzt zu dem Schwarzen hinüber.

„Zum Teufel, was sind das für Weiber, Caligula?“ fragte sie leise, ohne Arkana und ihre Kriegerinnen aus den Augen zu lassen. „Hast du jemals von Indianern etwas gehört, die mit einer verdammten Galeone durch die Karibik segeln?“

Caligula – so hieß der riesige Schwarze neben der Negerin, die offenbar auch die Anführerin des Trupps von Negern, Kreolen, Mestizen und anderen, undefinierbaren Farbigen war, kam nicht mehr dazu, zu antworten, denn in diesem Moment entdeckte Arkana einen der Schwarzen, der sich zu weit aus seiner Deckung hervorgewagt hatte. Er hatte die fast nackten Schlangenkriegerinnen, von denen eine so bildschön war wie die andere, genauer betrachten wollen. Arkana entging der lüsterne, gemeine Gesichtsausdruck, mit dem dieser Kerl sie und Tatona anstarrte, nicht. Sie wußte sofort, daß diese Kerle ihr und ihren Kriegerinnen alles andere als freundlich gesonnen waren.

Sie stieß einen schrillen Ruf aus, und sofort verschwanden ihre Kriegerinnen zwischen den Felsen.

Die Negerin stieß einen Fluch aus. Aber dann sprang sie aus ihrer Deckung hervor.

„Drauf!“ befahl sie. Und schon jagte sie in wilden Sätzen auf die Stelle zu, an der Arkana sich eben noch befunden hatte – aber sie fand die Schlangenpriesterin nicht mehr vor. Arkana war klug genug gewesen, sich sofort aus den Felsen zurückzuziehen und zum offenen Strand hinabzustürmen, gefolgt von ihren Kriegerinnen. Sie wollte nicht zwischen den Felsen, sondern im offenen Gelände den Kampf aufnehmen. Denn weder Arkana, noch Tatona oder eine andere der Schlangenkriegerinnen wußte, ob die Kerle sie in den Felsen nicht längst umzingelt hatten und ob sie sich dort nicht viel besser auskannten als sie und ihre Schlangenkriegerinnen.

Außerdem ließ sich der Feind im offenen Gelände viel leichter einschätzen, als zwischen den unübersichtlichen Klippen, wo hinter jeder Felsnase ein neuer Gegner lauern konnte.

Daß Arkana mit ihrem Ausweichen zum Strand genau das Richtige getan hatte, erkannte sie an dem unartikulierten Wutschrei, den die Negerin ausstieß und an dem wilden Gebrüll, in das ihre Kerle jetzt verfielen.

Arkana und ihre Kriegerinnen erreichten den Strand. Es gelang ihnen, als Deckung eine der Palmengruppen zu erreichen, mit denen der ganze Strand bestanden war.

Nur Augenblicke später erreichten auch die Negerin, ihr Unterführer und die anderen Kerle ihres Trupps den Strand. Verblüfft blieben sie stehen, als sie Arkana und ihre Schlangenkriegerinnen gewahrten, die sich bereits zum Kampf formiert hatten. Das Schlangendiadem in Arkanas schwarzem Haar funkelte in der Sonne, auch ihre goldenen Armreifen, ebenfalls Nachbildungen von sich um die Unterarme Arkanas ringelnden Schlangen, blitzten in den Strahlen der noch tief stehenden Sonne.

Die Schwarze starrte Arkana an. Dann aber schritt sie auf Arkana zu. Ihre Männer, die ihre Waffen bereits kampfbereit in den Fäusten hielten, stoppte sie mit einer einzigen knappen Handbewegung. Auch Caligula, ihr Unterführer, blieb zurück und beobachtete die Szene mit wachsamen Blicken, ließ aber die Schlangenkriegerinnen dabei nicht aus den Augen.

Arkana ging der Schwarzen mit der gleichen Furchtlosigkeit entgegen. Auch ihre Schlangenkriegerinnen, die Waffen in den Händen und jederzeit bereit, sich gegen diesen übermächtigen Gegner bis zum letzten Blutstropfen zur Wehr zu setzen, verhielten sich still. Sie beobachteten den so plötzlich und völlig unerwartet erschienenen Feind aus wachsamen Augen. Die Luft über der Bucht schien vor Spannung zu knistern. Jeder wußte, daß es ein erbarmungsloser, tödlicher Kampf werden würde, falls eine der beiden Seiten die Feindseligkeiten eröffnete.

Dicht voreinander blieben die beiden Frauen stehen. Braunhäutig, schlank, hochgewachsen und biegsam die eine – pechschwarz, muskulös und im ganzen herkulisch gewachsen die andere. Eine ganze Weile musterten sie sich schweigend – dann brach die Schwarze das Schweigen.

„Man nennt mich die ‚Black Queen‘ – was hast du in meinem Herrschaftsbereich zu suchen, und wer bist du?“

Arkana zuckte mit keiner Wimper.

„Wir stammen aus einem Land, das weit von hier im Süden liegt. Die Meere sind für jedermann frei“, sagte sie stolz. Sie vermied es zu lügen, aber sie verschwieg natürlich auch die Wahrheit. „Wenn du uns die Meere streitig machen willst, dann wirst du kämpfen müssen, Black Queen. Mein Volk ist daran gewöhnt, zu kämpfen.“

Die Black Queen musterte Arkana erneut.

„Deine Zunge ist stolz. Du sprichst von deinem Volk. Besteht dein Volk nur aus Weibern? Wo sind deine Krieger?“

Wieder rührte sich Arkana nicht.

„Mein Volk hat mehr Krieger als du zählen kannst“, erwiderte sie. „Sie werden kommen, wenn ich es will. Aber bei uns verstehen auch die Mädchen und Frauen zu kämpfen, so wie du es offenbar auch verstehst. Falls du uns angreifst, wirst du es bald erfahren. Aber üblich ist es bei meinem Volk, daß man Schiffbrüchigen Hilfe leistet, anstatt sie zu überfallen und zu bedrohen. Entscheide dich, Black Queen!“

Die Black Queen deutete mit einer Kopfbewegung auf die „Mocha II.“, die unweit von ihnen, aber halb im Wasser der Bucht, auf den scharfen Klippen hing.

„Das Schiff dort spricht nicht für dein Volk. Es ist alt, schwach bewaffnet und morsch. Und wenn dein Volk Hunderte solcher Schiffe hätte, damit könntest du mir keine Furcht einjagen. Aber wenn du so stolz bist, wie du tust, warum verschweigst du mir dann deinen Namen?“

Arkana blitzte die Schwarze an.

„Ich bin Arkana, die Hohepriesterin der Araukaner. Du wirst die Macht unseres Gottes zu spüren kriegen, denn er beschützt uns. Und jetzt entscheide dich. Wählst du den Frieden oder den Krieg?“

„Ich wähle den Kampf, denn für uns beide ist kein Platz in der Karibik. Noch nie hat jemand die Black Queen besiegt, und auch dir wird es nicht gelingen …“

Bei den letzten Worten stürzte sich die Schwarze auf Arkana. Ihr schweres Entermesser zuckte vor, aber es stieß ins Leere. Arkana war gedankenschnell zur Seite gewichen, und ihr Kriegsbeil, das sie blitzschnell aus dem Gürtel gerissen hatte, verfehlte die Black Queen nur knapp.

Neben und hinter ihnen wurde jetzt das Gebrüll der Piraten laut, die sich mit gierigen Blicken auf die Schlangenkriegerinnen stürzten.

Aber sie holten sich beim ersten Anlauf blutige Nasen. Wann immer sie eine der Schlangenkriegerinnen zu packen glaubten, griffen sie ins Leere. Die Streitäxte der Kriegerinnen rissen blutige Wunden, und dann lagen auch schon die ersten Toten im weichen Sand des Strandes.

Der Kampf wogte hin und her. Wieder und wieder versuchten die Piraten von ihren Pistolen Gebrauch zu machen, aber zu ihrer größten Wut versagte das feuchte Pulver ihnen den Dienst. So wurde es ein wilder Kampf Mann gegen Kriegerin, und auch Caligula, der riesige Unterführer der Black Queen, mußte verwirrt erkennen, wie hartnäckig diese kleine Gruppe von Schlangenkriegerinnen allen Versuchen der Piraten energischen Widerstand entgegensetzte, sie ins Wasser der Bucht oder aber zwischen die Felsen zu drängen.

Die Luft war erfüllt vom Gebrüll der Piraten, während Arkanas Kriegerinnen lautlos kämpften. Ihre Streitäxte wirbelten, ihre Messer blitzten, und manch einer der Angreifer sank blutüberströmt in den Sand der Bucht.

Zwischen Arkana und der Black Queen tobte der Kampf mit einer Heftigkeit, wie auch Arkana ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Sie spürte, eine wie gefährliche und unberechenbare Gegnerin diese Schwarze war, aber immer wieder gelang es ihr, die wilden Attacken der Queen zu unterlaufen, der sausenden Klinge ihres Entermessers auszuweichen.

Die Queen wurde mit jedem Hieb, mit jedem Angriff, der an den blitzschnellen Kontern der Schlangenpriesterin scheiterte, zorniger. Noch nie hatte es einen Gegner gegeben, der ihr so hartnäckig zu widerstehen verstand. Egal, was sie tat – diese Araukanerin war schneller. Und dann traf die Black Queen der erste Hieb der Streitaxt Arkanas. Sie spürte den Schmerz, der ihre Schulter durchzuckte, und sie spürte die Lähmung, die sich von ihrer linken Schulter über ihren Körper ausbreitete.

Die schwarzen Augen Arkanas tauchten vor ihr auf, während sich ihr eigenes Gesicht vor Schmerz verzog. Sie sah das Blitzen des Diadems, die grünen Augen der Schlange, die sie bösartig anzufunkeln schienen, und in diesem Moment traf sie der zweite Hieb.

Er hätte jeden Gegner gefällt, und auch die Black Queen taumelte unter der Wucht dieses Schlages. Sie fuhr sich über die Augen, um das Blut fortzuwischen, das ihren Blick verdunkelte.

Sie sah Arkana in diesem Moment nur noch als dunklen Schemen vor sich, der zurückzuckte und dann wieder auf sie zusprang. Aber da packte die Black Queen jener Zorn, den ihre Gegner kannten und den sie fürchteten. Er setzte geradezu unmenschliche Kräfte in ihr frei.

Mit einem wilden Satz warf sie sich Arkana entgegen. Sie sprang mitten in den Hieb, der schon auf sie herniedersauste und der ihr den Tod gebracht hätte.

Die Streitaxt Arkanas glitt an der Klinge des Entermessers ab, dann war die Black Queen über ihr, und ihre Hände, gespreizt wie die Krallen eines Leoparden, packten Arkana. Ihr Entermesser hatte sie fallen lassen.

Arkana brachte einen wilden und mit aller Kraft geführten Kopfstoß an, und er traf die Black Queen in den Leib.

Unter der Wucht dieses Stoßes ging die Black Queen in die Knie, aber sie riß Arkana, die sie gepackt hielt und nicht losließ, mit sich zu Boden und begrub sie unter sich.

Doch wieder gelang es Arkana, sich herumzuwerfen, sich aus dem eisernen Griff der Black Queen zu befreien – aber da traf sie ein furchtbarer Schlag auf den Kopf. Die Streitaxt entfiel ihrer Hand, sie sank in den Sand zurück und ihre Glieder streckten sich.

So sah sie nicht mehr, daß ihre Schlangenkriegerinnen, einen Moment lang in dem Glauben, sie sei tot, erschlagen, wie erstarrt stehenblieben, sich dann aber mit wildem Geheul einen Weg durch die Piraten zu ihrer Anführerin und Hohepriesterin zu bahnen versuchten.

Das benutzten die Piraten. Erneut fielen sie über das zusammengeschrumpfte Häuflein der Schlangenkriegerinnen her, und diesmal hatten sie keine Chance mehr.

Tatona wurde von Caligula überwältigt, auf jede der anderen stürzten sich drei bis vier Piraten. Damit war der Kampf entschieden. Die Schlangenkriegerinnen wurden gebunden und dann in den Sand geworfen.

Die Black Queen hatte sich erhoben. Blut lief ihr aus drei Wunden über den Körper. Sie starrte ihre Gegnerin an, die Caligula in diesem Moment ebenfalls fesseln ließ. Dann bückte sie sich und untersuchte den Schädel Arkanas. Anschließend richtete sie sich wieder auf, und ihre Augen starrten die Piraten wütend an.

„Wer war das?“ fragte sie mit vor Zorn heiserer Stimme. „Wer hat diese Araukanerin heimtückisch und von hinten niedergeschlagen?“ fragte sie.

Einer der Männer wich zurück, angstvoll starrte er seine Anführerin an.

„Black Queen, ich … ich wollte doch nur … ich …“

Das war das letzte, was er in seinem Leben über die Lippen brachte.

Blitzschnell hatte sich die herkulische Schwarze gebückt, ihr Entermesser aus dem Sand emporgerissen und es ihm in die Brust gestoßen.

Dann starrte sie auf den am Boden Liegenden.

„So ergeht es jedem“, sagte sie drohend, „der sich ohne meine Erlaubnis in einen Kampf einmischt, den ich mit einem Gegner austrage. Glaubt ihr vielleicht, sie hätte mich besiegen können? Aber jetzt wird sie das glauben! Niemand besiegt die Black Queen, niemand!“ brüllte sie die Männer an, die nun allesamt vor ihr zurückwichen. „Und wenn auch nur einer von euch der Meinung ist, stärker zu sein als ich, die Black Queen, die künftige Beherrscherin der Karibik, dann soll er vortreten, und ich schicke ihn augenblicklich zur Hölle!“

Caligula, der einzige, der nicht vor ihr zurückgewichen war, sah die Black Queen aus schmalen Augen an. Er wußte genau, was in ihr vorging, denn er kannte sie besser als jeder andere der Männer. Zum erstenmal war die Black Queen an eine Gegnerin geraten, die ihr nicht nur gewachsen, sondern die ihr möglicherweise sogar überlegen war. Das irritierte sie und machte sie wütend. Sie fürchtete jetzt, den Respekt bei den Männern zu verlieren. Die Black Queen war klug genug, um zu wissen, daß die erste Schwäche, die sie zeigte, ihr leicht zum Verhängnis werden konnte. Nein, sie konnte sich weder eine Niederlage noch eine Schwäche leisten, darauf lauerten einige dieser Halsabschneider schon lange. Aber er, Caligula, würde auf diese Kerle ein Auge haben, denn die Black Queen war seine Geliebte, auch wenn er sich ihr bedingungslos unterordnete. Und mehr noch – sie war eine Frau nach seinem Herzen, und sie war die einzige, die er kannte, mit der er die Herrschaft über die Karibik erringen konnte. Das aber wollte er, Caligula, unbedingt. So, wie Caligu, sein Vater, sie dereinst besessen hatte …

Er wandte sich der bewußtlosen Arkana zu, dann sah er die Black Queen an.

„Das da, Queen, ist ihre Unterführerin“, sagte er und deutete auf Tatona, die ebenfalls bewußtlos im Sand der Bucht lag. An Händen und Füßen gebunden wie die anderen auch. „Du solltest diese Kriegerinnen dort hinten an die Palmen binden, aber laß diese beiden nebeneinander binden. Ich habe da einen Plan …“

Die Black Queen sah ihn aufmerksam an, während sie sich wieder und wieder das Blut aus dem Gesicht wischte, das aus ihrer Stirnwunde lief.

„Was soll das, was führst du im Schilde, Caligula?“ fragte sie dumpf. „Ich will wissen, wer diese Araukaner sind, ich bin solchen Kriegerinnen noch nie zuvor begegnet. Da – sieh dich um: Neun Tote bei uns, aber nur Verletzte bei ihnen – wie erklärst du dir das? Sind unsere Männer denn plötzlich Memmen geworden? Haben sie verlernt, zu kämpfen?“

Caligula schüttelte den Kopf.

„Nein, Queen, das nicht. Aber die Sache verhält sich, wie ich fürchte, völlig anders. Erinnerst du dich an diesen geschwätzigen Kreolen, der in der Schildkröte und vor allem unten am Hafen so idiotische Geschichten von braunhäutigen riesengroßen Kriegern erzählte, die es auf einer Insel irgendwo in der Karibik gäbe? Sie würden jene Insel auf schreckliche Weise bewachen, und ihre Augen würden Feuer sprühen. Er selbst sei auf jener Insel gewesen, an deren Klippen sein Schiff gestrandet sei, vom Satan persönlich in die Felsen geschleudert. Und dann – nach seiner wunderbaren Errettung – habe er gesehen, wie unheimliche Schiffe durch einen Felsendom gesegelt seien. Durch ein wahres Höllentor, das kein normaler Mensch lebend zu passieren vermöchte. Nur er, er sei später von dieser Hölleninsel, auf der in graue Felle gehüllte Männer, die merkwürdige Helme trügen, nächtelang wilde Feste feierten und auf der nackte, braunhäutige Mädchen mit Schlangen an den Armen tanzten und den schrecklichen Kriegern zu Willen seien, mit einem Boot geflohen. Der Teufel selber habe ihn durch diesen Felsendom gezogen …“

Caligula unterbrach sich, dann bückte er sich und streifte einer der Schlangenkriegerinnen, die sich selbst in ihren Fesseln noch aufbäumte und sich wütend gegen ihn wehrte, einen der Schlangenreifen ab und hielt ihn der Black Queen hin. Sie nahm ihn und sah ihn sich an, und dann begriff sie.

„Caligula, du glaubst, daß diese Kriegerinnen dort, daß sie …“

„Sie sind jene, die dieser Narr gesehen hat. Schade, daß ich ihm schließlich eins aufs Maul geschlagen habe, als mir sein Gefasel zu dumm wurde. Ich hätte den Kerl reden lassen sollen, denn weißt du, wovon er geredet hat? Von der geheimnisvollen Schlangeninsel, von jener Insel, auf der der Seewolf und auf der diese Rote Korsarin und der Wikinger hausen.“

Der Black Queen verschlug es für einen Moment den Atem. Das war ja geradezu ungeheuerlich, was Caligula da behauptete. Das war …

Sie dachte diesen Gedanken gar nicht zu Ende, sondern starrte ihren Unterführer und Geliebten an.

„Caligula“, sagte sie leise. „Wenn es uns gelänge, diese Insel in unsere Gewalt zu bringen! Ich habe gehört, daß dort unvorstellbare Schätze gehortet werden und daß sie so gut wie uneinnehmbar ist …“

Caligula nickte.

„Das stimmt, viele haben es bereits versucht, aber alle sind an dieser Insel und jenen, die auf ihr hausen, gescheitert. Aber wir, wir werden das anders anfangen. Wir haben durch diesen Fang dort, den wir rein zufällig gemacht haben, bessere Chancen als jemals einer vor uns …“

Die Black Queen unterbrach Caligula.

„Halt, nicht so rasch. Ich bin nicht so närrisch und so dumm wie die anderen, diesen Teufeln in die Falle zu gehen. Das alles will gut überdacht und noch besser eingefädelt sein. Aber diese Mädchen und vor allem jene dort, diese Hohepriesterin der Araukaner, wie sie sich nannte, wer sind sie, und was haben sie mit jener Schlangeninsel zu tun?“

Caligula hob die Schultern.

„Noch weiß ich es nicht, aber wir werden es erfahren. Wir werden sie befragen, ich kenne da einige Methoden, sage ich dir. Du wirst sehen. Und wenn das nicht hilft, dann habe ich noch einen Plan. Hör zu, ich denke mir das so …“ und er sandte verstohlene Blicke zu Arkana und Tatona hinüber, die man nebeneinander an zwei Palmen gefesselt hatte.

Die Black Queen hörte ihm aufmerksam zu. Dann sah sie ihn an.

„Vor dir sollte man sich hüten, Caligula“, sagte sie leise, aber nicht ohne Zärtlichkeit, und sie fuhr ihm durch das krause, schwarze Haar. „Aber du hast recht, wenn wir durch unsere Befragungen nichts erfahren, dann werden wir tun, wie du vorgeschlagen hast. Und das wird klappen, ich spüre es. Danach werden wir wissen, was dran ist an diesen Legenden um die Schätze jener Insel …“

Seewölfe Paket 18

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