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Bericht des Dr. Philipp Bechtold

Ich habe für meinen Winteraufenthalt ein kleines eigenes Haus in der Schari el Muntazah mit netter Aussicht auf den palmenbepflanzten Platz gemietet. Wir, meine Frau und ich, führen da eigene Wirtschaft mit unserem Berliner Faktotum Emil Krause, einem Hausknecht aus Nubierland und einer alten koptischen Köchin. In den grossen Hotels raubt mir das Fremdentreiben jede Stimmung. Es geht einem auf die Nerven: — dies Getümmel von Schiffsladungen und Schnellzugspackungen von Reisekarawanen aus Old England und U.S., die Cook und Sohn täglich mit einem neuen Schub nilaufwärts und -abwärts verfrachtet — das Gehupe der Mietautos und das Geschrei der Reitesel, die Aufdringlichkeit der Dragomane, der indischen Silberschmiede, der persischen Teppichverkäufer, der eingeborenen Strassenhändler und bettelnden Greise und Kinder, und am Abend noch Smoking, Flirt und Foxtrott.

Ich sass an diesem sonnigen Nachmittag am offenen Fenster an meinem Schreibtisch und grübelte über einer dunklen Stelle in dem altägyptischen Totenbuch. Kein Wunder, dass sie dunkel ist. Denn sie stammt aus dem vierten Jahrtausend vor Christi Geburt. Ich hörte hinter mir ein Geräusch, als sei die Tür aufgegangen. Ich drehte mich um: Ein mir unbekannter Gentleman war eingetreten. Ich hatte wohl bei dem langgezogenen Eselgejammer, dumpfen Kamelgebrüll und heiseren Hundegekläff draussen sein Klopfen überhört.

Die kleine stämmige Gestalt des Fremden stak in einer weissen Leinenjacke und Knickerbockers. Er hatte den Tropenhelm von dem zeitlosen Napoleonkopf genommen. Immerhin schien er der Schätzung nach schon in den Fünfzig.

„Morgen, Professor!“ sagte er leutselig in fliessendem Deutsch mit dem leicht näselnden amerikanischen Anklang. „Ich sah Sie an dem Fenster sitzen und trat ein.“

„Ja, das sehe ich.“

Mein Besucher nahm einen Stuhl und setzte sich. Er hatte das verbindliche Yankeelächeln um die dünnen, glattrasierten Lippen. Er nickte mir bedeutungsvoll zu.

„Ich bin Nothomb!“

Da er an meinem Gesicht merkte, dass mir das nicht viel sagte, wiederholte er:

„Nothomb. Wo leben Sie, Professor, dass Sie nichts von mir gehört haben? Ich bin einer der prominentesten Zeitungsmänner der Welt. Ich versorge mehr als hundert Blätter in den Vereinigten Staaten, in Europa, Asien und Australien mit meinen Berichten!“

„Und was verschafft mir . . . .“

„Ich bekam in Bagdad vorgestern einen Funkspruch aus New York, dass hier in Theben ein gutes Ding für die Weltpresse sei. Ich flog hierher. Ich erkundigte mich nach der Landung auf dem Flugplatz nach dem nächsten Professor, der mit den Pharaonen Bescheid weiss . . . .“

„Ich bin nicht Professor!“

„Well, Professor!“ Mein Gast liess sich nicht stören. „Ich bekam Ihre Adresse. Ich kam hier vorbei. Sah Sie. Da bin ich.“ Er legte sich einen Notizblock auf die Knie, bereit zum Stenographieren. „Es handelt sich, scheint es, um eine grosse wissenschaftliche Entdeckung, die die Aufmerksamkeit des Erdballs erregt?“

„Vorläufig nur um die Möglichkeit einer Entdeckung“, sagte ich. „Die Auffindung des Grabes des Pharao Scheschonk des Ersten.“

,,Scheschonk des Ersten“, verzeichnete gewissenhaft Mr. Nothomb. „Ich bin siebenmal um die Erde gefahren. Aber niemals hörte ich diesen Namen.“

„Es ist der Sesostris, den Sie jedenfalls aus der Bibel kennen“, erklärte ich, unwillkürlich vom Eifer des Fachmanns ergriffen. „Dass dieses Grab existiert, dass es existieren musste, das wussten wir längst. Denn im Berliner Alten Museum steht der kunstvoll geschnitzte Kasten, der in vier zusammenhängenden Erzkrügen die einbalsamierten Eingeweide dieses lybischen Pharao aus der Zeit um 1000 vor Christus barg. Aber wo die Königsmumie selber, mit all dem Prunk, der sicher ihren Sarg umgab, ihren Ruheplatz gefunden hat, das war völlig unbekannt.“

„Unbekannt . . .“ stellte Dr. Nothomb stirnrunzelnd mit seinem Stift fest.

„Es gab Kundige“, fuhr ich fort, „die die These aufstellten, die Lybier hätten den Totenschrein des Pharao weit hinaus gen Westen in die Wüste, nach dem berühmten Ammonstempel der Oase Siwa, verschleppt. Andere vermuteten die Reste des einstigen Bezwingers Jerusalems im Nildelta, in den Trümmern von Bubastis, seiner eigentlichen Residenz. Da durcheilt jetzt eben die wissenschaftlichen Kreise eine verblüffende Kunde: In dem Institut d’Égypte in Kairo hatte man einen anscheinend unwichtigen Papyrus aufgewickelt, der auf der Brust der Mumie des königlichen Wedelträgers Kenamun in Theben gefunden worden war. Eine Stelle des kaum mehr leserlichen Streifens zeigte den eiförmigen Königsring — die Umrahmung der Herrschernamen der Pharaonen — und in der Kartusche die Hieroglyphenzeichen des Pharao Scheschonk. Aus dem begleitenden Text geht klar hervor, dass auch dieser Herrscher Ägyptens im Tal der Könige beigesetzt worden ist!“

„Ah — sehr interessant“, murmelte der Napoleon in Knickerbockers.

„Es gibt also auch heute noch dort ein unentdecktes Königsgrab“, schloss ich, „reicher vielleicht, prunkvoller noch als das des Tutanchamen, dessen Aufdeckung vor zehn Jahren ein Ereignis von Weltbedeutung war. Denn dieser Scheschonk war nicht ein jugendlicher, von den Priestern gegängelter Schwächling wie der jung verstorbene Tutanchamen. Dieser Scherchonk hatte ein Menschenalter hindurch mit starker Faust regiert. Er hatte den Tempel Salomos in Juda zerstört und seine Siegestaten durch mächtige, heute noch sichtbare Wandbilder in den Säulenhallen von Karnak verewigt, auf denen er als brauner Riese mit einer gewaltigen Keule ganze Bündel gefangener Hebräer an den Schöpfen packt und erschlägt, und die Namen von genau hundert eroberten Städten aufgezählt. Sein Grab wäre eine wissenschaftliche Fundgrube von unermesslicher, über die ganze Erde hallender Bedeutung. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen!“

„Danke!“ Der Napoleon der Presse vertauschte seinen Notizblock mit einem Scheckbuch. „Wieviel Dollar darf ich Ihnen für Ihre Auskunft gutschreiben?“

„Das kostet nichts und hilft auch nichts!“ sagte ich. „Denn das Grab ist noch nicht entdeckt, und Ihr Landsmann Sanders . . . .“

„Oh nein! Herr Sanders ist Deutscher!“

„Nun — dann hat er eben diese steinreiche Lady, Ihre Landsmännin, geheiratet. Also Herr Sanders, der dieser Tage mit seinem Reisetross eines regierenden Fürsten hier angekommen ist . . .“

„. . . und viele Hunderte von Neugierigen hinter ihm her! Man findet kaum mehr einen Platz in den Hotels!“

„Herr Sanders kann es sich noch so fest vornehmen, koste es, was es wolle, das Grab des Scheschonk zu entdecken — es wird ihm mit all seinen Reichtümern oder denen seiner Gattin nicht gelingen, dies verschleierte Bild von Sais zu enthüllen. Sein Vorhaben ist nichts als die Donquichotterie eines viel zu reichen und, wie es scheint, gelangweilten Mannes, der eine neue Sensation sucht. Er ist ja volkommen Laie!“

„Ich auch!“ sprach Mr. Nothomb offenherzig, „und soll doch vier Erdteile darüber aufklären, was hier in dem fünften vorgeht. Nun — derlei ist mir schon öfters passiert. Ich habe mir ein Telegramm kabeln lassen und daraus heute morgen in Kairo, ehe ich nach dem Frühstück weiterflog, einen vorläufigen Bericht zusammengestellt“.

Er kramte ein paar Blätter hervor.

„Sehen Sie doch das einmal durch, Professor!“ bat er, „und beachten Sie dabei, dass es für Leser über dem Grossen Wasser geschrieben ist, die starke Kost lieben! Vor dem Dinner hole ich mir das Ding bei Ihnen wieder!“

„Ich danke Ihnen!“ Er wartete meine Einwilligung nicht erst ab, sondern schüttelte mir kräftig die Hand. „Leben Sie wohl! Es wäre schön, wenn Herr Sanders diesem Pharao ins Antlitz leuchten könnte!“

Der Fluch des Pharao

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