Читать книгу Als Stichling unter Haien - Ruth Broucq - Страница 7
4.) guter Hoffnung
ОглавлениеNachdem ich das erste Mal aus einer Trotzreaktion heraus, mit Franco geschlafen hatte, wollte ich es eigentlich auch dabei belassen. Er hatte sich jedoch die Sache anders vorgestellt. Also spielte er den sentimentalen, verliebten Romantiker. Obwohl es die immer gleichbleibende Ausrede aller verheirateten Männer war, glaubte ich ihm den unglücklichen Ehemann. Geschickt wickelte er mich ein, indem er mir erklärte, er fühle sich hin und her gerissen zwischen der Liebe zu mir und der Verantwortung seiner Familie gegenüber. Hauptsächlich seiner sechsjährigen Tochter könne er doch nicht im Stich lassen. Seine Frau sei ihm schon lange gleichgültig. Er habe sie nur deshalb sehr jung geheiratet, weil er in einer üblen Bande am Abrutschen war. Damit es nicht soweit komme, habe er lieber eine Familie gegründet. Zum damaligen Zeitpunkt habe er drei Freundinnen gehabt, zwischen denen er sich hätte nicht entscheiden können. Nachdem er dann beschlossen hatte den rechten Weg zu gehen, hätte er seine Ehefrau ausgewählt, indem er ‚Pinnchen’ gezogen
hätte. Das Kleinste, der verschieden langen, Hölzchen hätte die Entscheidung auf seine jetzige Frau gefällt. Prompt fiel ich auf das italienisch-sentimentale Schauspiel herein.
In den ersten sechs Wochen war ich trotzdem etwas wankelmütig. Mal fühlte ich mich angezogen, mal abgestoßen. Ich wusste selbst nicht, was ich wollte. Als er dann jedoch, mit seinem Gepäck in der Hand, vor meiner Tür stehend erklärte, nur ich wäre für ihn die Frau fürs Leben, glaubte ich es tatsächlich.
Da meine Schwester seit Jahren mit einem Italiener verheiratet und dabei sehr glücklich war, mein Schwager ein Bilderbuch-Ehemann und Familienvater war, glaubte ich, dies sei vielleicht Mentalitätsbedingt bei dieser Nation. Welch ein Irrtum !
Nach meiner Scheidung hatte ich ein unruhiges, unstetes Leben mit Udo geführt, deshalb sehnte ich mich mit reifen 36 Jahren nun nach einem ruhigen Familienleben. Und genau das bot Franco mir.
Er malte unsere Zukunft in den rosigsten Farben aus. Erst wollte er einige Jahre hart arbeiten und sparen (natürlich in meiner Branche, auf die er schon so lange scharf war) und danach ein solides Geschäfts-und Familienleben aufbauen. Er überschüttete mich mit sexuellen Zärtlichkeiten, um seine Lügen zu unterstützen. Dadurch glaubte ich nun zu wissen, warum meine Schwester so glücklich und zufrieden war. Weil Italiener eben alle nur an Heim und Familie denken. Endlich, so glaubte ich, hatte auch ich einen Mann gefunden, der mir ein ruhiges, familiäres Leben bieten würde. Warum meine Angehörigen, ja sogar mein Schwager, Franco gegenüber so skeptisch waren, verstand ich nicht. Selbst mein Schwager, Francos Landsmann? Von meinen Eltern war ich diese Art Ablehnung nicht anders gewohnt. Weder Robert noch Udo waren von meinen Eltern akzeptiert worden. Aber wieso waren sie auch gegen Franco? In meiner frohen, erwartungsvollen Stimmung ließ ich mich nicht beeindrucken. Ich schwebte auf einer Wolke. Bis ich nach ein paar Wochen plötzlich das Gefühl hatte, dass er irgendetwas vermisste. Er war so brummig. Sorgenvoll zerbrach ich mir den Kopf, was wohl mit ihm los sei? Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Das war es. Jedes Mal, wenn seine Frau die gemeinsame Tochter als Köder benutzte, um mit ihm in Kontakt zu kommen, war er anschließend nicht ansprechbar. Das Kind fehlte ihm also! Aber das konnte ich ihm auch geben. Wenn es sonst nichts war. Plötzlich fühlte ich mich wieder jung genug, noch ein Kind zu bekommen. Obwohl ich nach der Geburt meines Sohnes vor 13 Jahren keine weiteren Kinder mehr wollte, änderte ich jetzt spontan meine Meinung. Schließlich hatte ich immer ein Kind haben wollen, das mir glich. Mit dunklen Haaren und braunen Augen. Das meine beiden Großen blonde Typen waren, hatte mich immer ein wenig frustriert.
Bei dem fast schwarzhaarigen Franco und mir konnte doch nur ein Wunschkind rauskommen. Ich ging also zu meinem Arzt und ließ mich beraten, wie ich in meinem Alter den Nachwuchs planen konnte. Als ich drei Monate später schwanger war, bemerkte ich erst nicht. Inzwischen hatte ich mit meinem Chef, hauptsächlich wegen meiner Beziehung zu Franco, einige grobe Differenzen gehabt, da ich Klaus Versuche wieder bei mir zu landen, konsequent abgelehnt hatte. Mehrmals hatte er mittags vor meiner Wohnungstür gestanden und ich hatte ihm den Einlass verwehrt. Auch alle anderen Kollegen waren wegen der aggressiven, ausfallenden Art unseres Chefs sehr unzufrieden. Franco war dann der Initiator unseres Ausstieges.
Er überredete mich, wegen des voll eingerichteten, kleinen Casinos keine 200 Meter von Klaus Laden entfernt, den Besitzer auf Verpachtung anzusprechen. Dieses Lädchen hatten Udo und ich an den jetzigen Inhaber verkauft. Da eben dieser an der Betreibung des Casinos im Moment kein Interesse hatte, stimmte er der Verpachtung sofort zu.
Zu viert, 2 Croupiers und 2 Portiers, kündigten wir gleichzeitig unseren Job. Damit stand Klaus ohne Personal in seinem Geschäft uns spuckte Gift und Galle. Er schimpfte uns asoziale Strolche!
Zwei Tage später eröffneten wir unser neues Casino und versuchten unserem ehemaligen Chef Konkurrenz zu machen. Jedoch lief der Betrieb wochenlang nur mühselig. Gegen Klaus hatten wir kaum Chancen. Er war finanziell zu stark, machte uns absichtlich das Überleben schwer, indem er den Gästen Geschenke machte, die wir uns nicht erlauben konnten. Folglich hatte er den Löwenanteil an Zockern, wir den kläglichen Best, der unsere Kosten nicht einmal brachte. Die Finanzdecke wurde bei uns täglich dünner. Klaus lachte über uns ‚tote Filzläuse’!
Dann stiegen unsere beiden Teilhaber aus, sodass Franco und ich mit dem Laden alleine blieben. Nach weiteren 14 Tagen sahen auch wir ein, dass wir so nicht weiterkamen.
Doch so schnell wollte ich nicht das Handtuch werfen. Zornig zerbrach ich mir den Kopf, was ich tun könnte. Mir kam eine blendende Idee. Gleich neben dem Casino von Klaus war ein freies Ladenlokal. Ich wusste, dass Klaus dem Hausbesitzer eine monatliche Summe zahlte, damit der nicht an einen Konkurrenten vermietete. Da ich auch über die Höhe der Summe Bescheid wusste, rief ich den Vermieter an, und bot diesem das Doppelte. Als er zögerte, erklärte ich mich bereit, drei Monatsmieten im Voraus zu zahlen. Damit war dieser schnell einverstanden. Nun musste Klaus hilflos zusehen, wie wir uns neben ihm breit machten. Doch da unsere Finanzen mager waren, die gewaltige Mietvorauszahlung hatte Franco von dem Gastwirt leihen müssen, bei dem er noch als Saalordner tätig war), brauchten wir für den Spielbetrieb einen betuchten Partner.
Ich verhandelte mit 2 bekannten Veranstaltern von auswärts. Der, für den wir uns entschieden hatten, brachte nicht den gewünschten Erfolg. Obwohl wir nun direkt Wand an Wand mit Klaus unser Casino betrieben, war der Besuch bei uns im Gegensatz zu dem strammen Betrieb nebenan nur mäßig. Klaus war und blieb das bessere Zugpferd für unser Publikum. Doch ich gab den Kampf nicht auf!
Also trennten wir uns in gutem Einvernehmen nach 4 Wochen wieder von den falschen Partnern.
Bei meiner erneuten Suche fand ich 2 Herren, welche in unserer Stadt einen sehr guten und bekannten Namen unter den Zockern hatten. Dies erwies sich als ein kluger geschäftlicher Schachzug. Die neuen Mitinhaber wirkten wie ein Magnet! Das Blatt wendete sich. Die Situation war genau umgekehrt. Unser Laden war voll, bei Klaus war es leer. Nun war Klaus endgültig sauer auf mich. Erst nahm ich ihm mit einem üblen Trick den Laden aus der Hand, den er sich mit monatelanger Mietzahlung reserviert hatte, dann holte ich noch Leute in unser Geschäft, gegen die er nicht konkurrieren konnte. Wütend schloss er sein Casino! Er gab auf! Ich hatte gewonnen.
Mein Sieg hatte einen bitteren Beigeschmack, denn Francos Ehefrau versuchte mit allerlei Mitteln, unseren Erfolg und unsere Zufriedenheit zu stören. Oft stand sie, wenn wir Feierabend hatten, vor der Ladentür und schimpfte uns auf Italienisch aus. Sie verfolgte uns sogar, womit sie allerdings wenig Erfolg hatte, da ich nicht nur die bessere Autofahrerin, sondern auch ortskundiger war.
Mir war das unangenehm. Am peinlichsten jedoch war, dass sie nicht davor zurückschreckte, vor meiner Haustür lauthals schreiend zu protestieren. Franco störte sich einfach nicht daran, steckte den Kopf in den Sand. Auf meine Bitte, seine Frau zu veranlassen diese Belästigungen zu unterlassen, reagierte er zornig. Ich solle mich einfach nicht mit ihr befassen, sie ignorieren. Als die Schreierei vor unserem Haus wieder mal nicht aufhörte versuchte ich mit ihr zu reden. Es war sinnlos. Sie schrie nur hysterisch sie wolle ihren Mann wiederhaben. Mein Versuch, ihr klarzumachen, dass ihr Verhalten und auch ich an seiner Einstellung doch nichts ändern könne, scheiterte kläglich. Also betrieb auch ich die Vogel-Strauß-Politik.
Obwohl unser Geschäft gut florierte und es uns gut ging, war Franco unzufrieden. Da ich auf einer rosaroten Wolke schwebte (ich war inzwischen ganz in seinem Bann) hatte ich nicht die leiseste Ahnung warum das so war. Ich schlug ihm vor in Urlaub zu fahren. Der Gedanke gefiel ihm so gut, dass wir diesen schnell in die Tat umsetzten.
Aber auch in der kanarischen Sonne war er oft missgestimmt. Von Launen hin und hergerissen. Dies schob ich auf seine täglichen Anrufe in unserem Laden, bei denen er sich von seinem Bruder Rino Auskünfte über den geschäftlichen Erfolg einholte. (Sagte er.)
Nach unserer Rückkehr ging ich sofort zum Arzt, weil mir seit Tagen ständig übel war. Ich erfuhr, dass ich in der siebten Woche schwanger war. Jetzt konnte ich mir auch die eigenartigen Schmerzen in der Brust erklären. Ich war selig. Es war die Krönung unserer Liebe. (Dabei verwechselte ich dummerweise Liebe mit Sex.)
Freudestrahlend wollte ich zu Hause diese Neuigkeit an Franco weitergeben. Als ich jedoch seinen betrübten Gesichtsausdruck sah, wartete ich damit erst noch. Ich fragte ihn, was denn mit ihm los sei. Kurz angebunden bekam ich die Antwort, er gehe zu seiner Frau zurück, Ich fiel aus allen Wolken!
Leise und vorwurfsvoll fragte ich ihn: ob das jetzt, da ich schwanger wäre, nicht der falsche Zeitpunkt für eine solche Entscheidung sei? Das schien ihn überhaupt nicht zu beeindrucken. Er nahm es nicht einmal wahr. Fassungslos schweigend hörte ich mir die üblichen Sprüche und dummen Entschuldigungen an.
Er habe sich eben geirrt. Leider könne er sich der Verantwortung für seine Familie nicht entziehen. (Aber für das Ungeborene fehlte ihm jedes Verantwortungsgefühl, dabei hatte er es doch auch haben wollen.) Bei mir könne er nicht leben. (Auf einmal? Bis dato hatte er sich, besonders in meinem Bett, doch sehr wohl gefühlt.)
Wir kämen aus verschiedenen Welten, hätten gegensätzliche Einstellungen und Ansichten. (Davon war mir bisher nichts aufgefallen. Wann oder wie er es wollte, hatte ich keine andere Meinung gehabt.) Ich solle ihm nicht böse sein. Besser eine Trennung jetzt am Anfang als später. Entschlossen holte ich seinen Koffer und begann seine Kleidung einzupacken. Hocherhobenen Hauptes und mit zusammengebissenen Zähnen, fuhr ich ihn mit seinem gesamten Gepäck noch bis zum nächsten Taxistand.
An diesem Abend kam er nicht ins Geschäft. Feierte er die Versöhnung? Auch am nächsten und übernächsten Abend ließ er sich entschuldigen. Kurz entschlossen ging ich am dritten Tag zum Friseur und ließ mein schönes, schulterlanges Haar zu einer modernen, kurzen Igelfrisur schneiden. Danach kleidete ich mich neu ein, und ging mich fröhlich und locker gebend ein Eis essen. Der Besitzer des Cafés, ein intimer Freund von Franco, staunte nicht schlecht. Hatte er erwartet eine trauernde, verlassene Frau zu sehen? Dann hatte er sich aber getäuscht! Ich bewahrte Haltung, ja ich bewies das genaue Gegenteil! Als Franco am vierten Tag wieder zum Dienst kam, saß ich gut gelaunt, total verändert am Tableau.
Ihm würde ich schon zeigen, dass ich nicht auf ihn angewiesen war. Was bildete der sich denn ein? Ich konnte tausend Bessere haben! Drei Tage lang flirtete ich mit jedem Gast, der darauf einging. (Dabei interessierte mich keiner). Francos düsterem Gesichtsausdruck war anzusehen, dass ihm das nicht passte.
Dann kam mir der Gedanke, wie ich ihn noch mehr ärgern konnte. Nachdem ich mich mit meiner Freundin Marion, (welche bei uns den Service machte), abgesprochen hatte, rief ich vom Geschäft aus einen Bekannten an der Schweizer Grenze an und verabredete ein Treffen am nächsten Wochenende. Ich vereinbarte telefonisch mit Adalbert, dass er Marion und mich in Zürich am Flughafen abholen solle.
Ärgerlich hörte Franco meinem betont lauten Telefonat zu. Wie schwer mir dieses ganze Schauspiel fiel, bemerkte er nicht. Schon am nächsten Tag stand er vor meiner Wohnungstür. Er weinte und bettelte, ich solle ihm verzeihen, er liebe nur mich. Er wäre nur aus finanziellen Gründen zu seiner Frau zurückgekehrt. Seine ganzen jahrelangen Ersparnisse wären auf ihrem Sparbuch. Da er das Geld dringend für den Bau seines Hauses auf Sizilien brauchte, sie das Geld jedoch nicht herausgeben wollte, hätte er keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als scheinbar zu ihr zurückzukehren. Sobald er das ihm zustehende Geld hätte, würde er seine Frau endgültig verlassen
und die Scheidung einreichen. Ich sollte an ihn glauben und auf ihn warten. Außerdem solle ich an das Kind unserer Liebe denken. Wieder fiel ich auf sein italienisches Drama rein. In einem wahren Liebestaumel küsste er jede Stelle meines Körpers und liebte mich stundenlang bis zur Erschöpfung. Die Versöhnungszeremonie war ein Wahnsinn. Wer konnte bei so vielen Streicheleinheiten widerstehen? Er war zu jedem Kompromiss bereit. Ja, er schlug mir sogar vor, den bevorstehenden Wochenend-Ausflug nach Zürich nicht fallen zu lassen. Es würde mir sicher gut tun, mal ein paar Tage in anderer Umgebung zu sein. (Schließlich nahm ich ja eine Anstands-Dame mit).Nun gingen auch noch Heimlichkeiten los. Oftmals stand seine Frau mit ihrem Wagen an der nächsten Straßenecke, wenn wir nach Feierabend das Casino verließen. Sobald sie ihn hatte bei mir einsteigen sehen, verfolgte sie uns. Da ich mich, als ehemalige Taxifahrerin in unserer Stadt bestens auskannte, erreichte ich auf Schleichwegen mein Ziel wesentlich schneller als sie. Sie abzuhängen war für mich ein Leichtes. Trotzdem deprimierte es mich. Dann kam es des Öfteren vor, dass sie am nächsten Morgen in aller Frühe vor der Türe stand und mit Klingeln, Schreien und Schimpfen die ganze Nachbarschaft rebellisch machte.
Franco dieser Feigling traute sich dann nicht vor die Tür. Ins Casino kam sie jedoch nicht. Aber sie versuchte immer wieder mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich fand es sinnlos. Durch Anrufe, bei denen ich kommentarlos den Hörer auflegte, sowie durch irgendwelche Leute teilte sie mir mit, dass sie dringend mit mir sprechen müsse. Das lehnte ich konsequent ab. Als sie dann jedoch erfuhr, dass ich schwanger war, stand sie eines Tages plötzlich vor meinem offenen Küchenfenster. Um ihr peinliches Geschrei zu beenden, welches die am Nebenhaus tätigen Handwerker mithörten, ging ich ans Fenster. Ich bat sie, ihre Lautstärke zu mäßigen und fragte, was sie von mir wolle. Sie erklärte mich für verrückt, von einem Mann ein Kind zur Welt bringen zu wollen, der sich schon um sein erstes Kind nicht kümmern würde. Außerdem müsse ich doch schon bemerkt haben, dass er an mir nur geschäftliches Interesse habe. Nur sein finanzieller Vorteil wäre der Grund für das Zusammensein mit mir. Da ich sie für hysterisch hielt, maß ich ihren Worten keine Bedeutung bei. Außerdem glaubte ich seinen Zärtlichkeiten. Franco verstand es immer wieder, mit seiner sentimentalen Schau, abwechselnd zu lachen, weinen, betteln oder küssen, mich vom liebenden Mann zu überzeugen. Monatelang ging dieses Theater so hin und her. Mal wohnte er bei mir, mal ging er zurück. In dieser Zeit dachte ich oft daran abzutreiben, ließ mich jedoch von Franco davon abbringen.
Als meine Mutter das Ganze nicht mehr mit ansehen konnte, weil sie an Franco zweifelte, stellte sie mir ein Ultimatum. Entweder ich würde mich von diesem Lügner trennen oder ihre Türe bleibe so lange für mich verschlossen, bis ich zur Vernunft gekommen wäre. Sie könne nicht begreifen, dass eine erwachsene Frau in meinem Alter auch noch ein Kind von so einem Heuchler bekommen wolle. Trotzig erwiderte ich, dies sei meine persönliche Sache, eine Einmischung ihrerseits verbäte ich mir, ich sei alt genug, dies alleine entscheiden zu können. Wenn es ihr nicht gefalle, müsse ich eben den Kontakt zu ihr abbrechen. Nein, niemals gäbe ich, ausgerechnet ihr gegenüber, zu, dass ich unter schwerem Druck stand, dem Zusammenbruch manchmal sehr nahe war. Dunkel ahnte, dass sie recht hatte, und dass mir noch schweres bevorstand. Ich in manch einsamer ängstlicher Stunde düstere Zukunftsbilder vor Augen hatte. Behielt meine Zweifel, an Franco und der Richtigkeit meines Handelns, für mich. Verschloss mich vor meiner Mutter, wie ich es von ihr, der vorbildlichen starken Kämpferin, gelernt hatte. Wie sie es von mir, ihrer Tochter, erwartete.
Nun hatte ich mich wegen Franco auch noch mit meiner geliebten Mutter verkracht. Das machte mich zwar traurig, aber ihre ernsthafte Sorge und ihren Durchblick sah ich nicht!
Im Sommer, er wohnte gerade wieder bei mir, erklärte er mir plötzlich, dass er dringend in seine Heimat müsse. Ein wichtiger Termin mit den Handwerkern wegen seines Hausbaues erfordere seine Anwesenheit. Zu Schade, dass ich nicht mitkommen könne. Aber leider hätte ich ja den wichtigen Gerichtstermin! Nachdem er gefahren war, erfuhr ich, dass er mit Frau und Kind in den Urlaub gefahren sei. Völlig deprimiert über diese Enttäuschung beschloss ich abtreiben zu lassen. Dies war nun der dritte Anlauf zur Abtreibung. Von einer holländischen Klinik bekam ich die telefonische Auskunft, dass eine so weit fortgeschrittene Schwangerschaft nur noch in England unterbrochen werde. Sie lehnten den Eingriff ab. Noch während ich mich seelisch und moralisch hin-und hergerissen fühlte, rief er plötzlich an. Wieder log er das Blaue vom Himmel herunter. Seine Frau wäre nicht mit ihm, sondern ihm hinterher gereist. Er habe sie jedoch weggeschickt. Nun hätte sie bestimmt endgültig eingesehen, dass er sie nicht mehr wolle. Ich solle mich in das nächste Flugzeug setzen und zu ihm kommen. Seine ganze Familie würde sich auf meinen Besuch freuen. Als Reisebegleitung solle ich meine Tochter Ramona mitnehmen. Er würde uns einen schönen Urlaub gestalten. Ich war unsicher, wollte nicht dorthin fahren, langsam zweifelte ich immer mehr an seiner Ehrlichkeit. Im Unterbewusstsein ahnte ich, dass er mich lediglich davon abhalten wollte, die Verbindung zu ihm zu beenden, indem ich abtreiben ließ.
Die leise Vermutung, dass er mich mit dem Kind an sich binden wollte, beschlich mich. In der Vorfreude auf eine schöne Urlaubsreise redete Ramona mir die Fahrt nach England aus, zu der ich mich sowieso nicht entschließen konnte. Ich war erleichtert. Sie schaffte es, mich davon zu überzeugen, mit ihr nach Sizilien zu fliegen.
Also reiste ich mit gemischten Gefühlen, mittlerweile im fünften Monat schwanger, mit meiner Großen nach Sizilien. Dort erwartete mich eitel Glück und Sonnenschein. Wieder einmal glaubte ich Francos Darstellung. Es war ein schöner Urlaub. Jedoch kaum waren wir drei Wochen später zu Hause, ging das Elend von vorne los. Meine Freundinnen Hilda und Marion warnten mich häufig vor Francos Machenschaften. Es gab sogar Leute, die behaupteten, dass er mich in meiner Abwesenheit im Geschäft bestehle und das geklaute Geld seiner Frau bringen würde. Möglich wäre es, weil er nicht wollte, dass ich in meinem Zustand noch im Casino mitarbeitete. Dann hätte er ja leichtes Spiel. Zweifel beschlichen mich. Da ich sehr viel Zeit hatte, mir in den folgenden Wochen einige Kleinigkeiten unangenehm auffielen, entschloss ich mich, einen Detektiv zu beauftragen. Käme von dem die Bestätigung meines Verdachtes, würde ich sofort die Konsequenzen ziehen. Dieser beobachtete Franco eine Woche lang, konnte dabei jedoch nur feststellen, dass er nach Feierabend mit Freunden in die Nachbarstadt zu einer Würfel-Bude fuhr. Dann zog ich den Auftrag zurück. Da er jedoch dumme Ausreden dafür vorgab, dass er immer weniger Zeit für mich hatte, blieb meine Vermutung, dass er vielleicht zu seiner Frau ging, bestehen. Schließlich, als ich bereits im siebten Monat schwanger war, passierte ihm ein Missgeschick. In Belgien fand ein Fußballspiel mit seiner italienischen Lieblings- Mannschaft statt. Dort wollte er mit Freunden hinfahren. Aus Langeweile ging ich an diesem Abend meine Freundin Annette auf ihrer Arbeitsstelle besuchen. Sie war in einem Würfel-Casino als Bedienung tätig. Mit Erstaunen konnte ich dann feststellen, dass alle Fußball-Fans schon aus Belgien zurück waren. Nur von Franco war nichts zu sehen. Auch keiner der zurückgekehrten Leute hatten ihn gesehen. Ich tauschte mit meinem Freund das Auto, weil ich auf Erkundungsfahrt gehen wollte. Die eheliche Wohnung lag jedoch im Dunkeln, auch stand das Auto nicht vor dem Haus. Nachdem ich eine Weile hin- und hergefahren war, stand der gesuchte Wagen plötzlich auf seinem üblichen Parkplatz. In der Wohnung war jedoch kein Lichtschein zu sehen. Ich benachrichtigte meine Freundin telefonisch, dann parkte ich so, dass ich den Hauseingang im Auge behalten konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Das wollte ich doch jetzt endlich wissen, ob Franco sich bei seiner Frau aufhielt. Irgendwann würde er ja rauskommen müssen. Ich hatte viel Zeit und Geduld. Wie ein Detektiv saß ich in Lauerstellung und fror! Kurz vor sieben Uhr in der Frühe gesellte sich Annette zu mir. Auch sie war neugierig, ob meine Vermutung richtig war. Noch keine halbe Stunde war vergangen, als Francos Frau das Haus verließ und in ihr Fahrzeug stieg. Annette stellte erleichtert fest, dass ich mich geirrt hätte. Schließlich wäre von Franco nichts zu sehen. Sie hatte kaum zu Ende gesprochen, als er das Haus verließ und sich nach allen Seiten umsehend, auf das Auto zulief. Nie zuvor war ich so schnell gestartet, vorgefahren, hatte den PKW in dem die beiden saßen, zugesetzt, so dass sie nicht abfahren konnten. Die Handbremse anziehen, aus dem Wagen springen, war Sekunden-Sache. Dann lief ich um das andere Fahrzeug herum zur Beifahrerseite und wollte diese öffnen. Die Tür war verschlossen. Die Angst stand dem Feigling ins Gesicht geschrieben. Ich schrie ihn an: er solle sofort die Türe öffnen und mir meine Wohnungsschlüssel geben, seine Sachen könne er abholen lassen. Nie wieder in meinem Leben wolle ich ihn sehen! Er reagierte nicht. Erst nachdem er von seiner Frau dazu gedrängt wurde, öffnete er vorsichtig das Fenster und reichte mir widerwillig das Gewünschte.
Nach zwei Tagen hatte ich mich soweit gefangen, dass ich ihn anrief. Ich erklärte ihm, dass ich eine Vertrauensperson schicken würde, welche mich vertreten und die Aufsicht über meine Geschäftsanteile übernehmen werde. Kurz darauf erschien er bei mir. Und wieder spielte er mir sein ganzes Repertoire vor. Er weinte, auf Knien vor mir liegend, wie ein kleines Kind. Ich müsse seine Situation verstehen. In mühsamer Arbeit habe er in vielen Jahren sechzigtausend Mark gespart. Er könnte es sich einfach nicht erlauben auf diese Ersparnisse zu verzichten. Für den Bau seines Hauses müsse er diese Summe dringend haben. Jedoch wolle seine Frau das Geld nur dann rausgeben, wenn er bei ihr bliebe. Um unseres Kindes Willen solle ich Verständnis und Geduld haben. Schließlich baue er das Haus um eines Tages mit mir darin zu leben. Diesmal wurde ich nicht weich. Ich erklärte ihm: dass er erst einmal seine Familien- Angelegenheiten bereinigen solle. So lange wolle ich nicht den geringsten Kontakt zu ihm haben. Dummerweise ließ ich mich aber dazu überreden, dass er weiterhin über meine Anteile verfügen könne. Auf die Einstellung einer Vertrauensperson verzichtete ich. Einige Tage später hatte sich dies von alleine geregelt. Die Polizei machte das Casino dicht.
Nun wollte ich von Franco mein restliches Geld haben. Jedoch ließ ich mich von ihm zu einer neuen Investition überreden. Er hatte die günstige Gelegenheit, Anteile an einem Würfel-Casino in der Nachbarstadt zu kaufen. Obwohl ich eigentlich von dieser Art Geschäfte gar nichts hielt, schaffte er es trotzdem, meine Gelder mit einzubauen. Schließlich müsse er doch mich und später auch das Kind von irgendeiner Einnahme ernähren. Dieses Argument sah ich dummerweise ein.