Читать книгу Aufschieben, Verzögern, Vermeiden - Ruth Rustemeyer - Страница 16

2. Instrumente und Methoden zur Erfassung von Prokrastination

Оглавление

Prokrastination ist ein theoretisches Konstrukt, das zum Zweck der Theoriebildung und empirischen Erforschung auf geeignete Art und Weise operationalisiert und gemessen werden muss. Dabei wirken sich Unterschiede in der Begriffsbildung und den zugrunde liegenden, teilweise laien- oder alltagspsychologischen Erklärungsansätzen auf die Operationalisierung und die Wahl der verwendeten Forschungsinstrumente aus. Dieser Aspekt wird noch einmal ausführlicher unter Kapitel 6 (Theoretische Ansätze zur Erklärung des Aufschiebeverhaltens) dargelegt.

Wie bei vielen psychologischen Konstrukten besteht auch bei Prokrastination eine oft genutzte Möglichkeit der Messung darin, Personen zu befragen. Zu diesem Zweck sind inzwischen eine Reihe von Fragebögen konstruiert worden, in denen Personen ihre Neigung zum Aufschieben einschätzen. Studien zeigen, dass eine wichtige Ursache für divergierende Ergebnisse darin liegen kann, mit welcher Methode Prokrastination erfasst wird: ob als Selbstbericht oder als beobachtbares Verhalten (vgl. Steel, Brothen & Wambach, 2001, p. 101).

Prokrastination kann auch experimentell untersucht werden, indem ein bestimmtes Verhalten der Probanden als Aufschiebeverhalten definiert wird. So wird beispielsweise im Experiment von Sigall, Kruglanki und Fyock (2000) die Zeitverzögerung der Probanden, bevor sie mit einer Aufgabe beginnen, als Aufschiebeverhalten festgelegt.

Da sich die Wahl des methodischen Zugangs auf die Ergebnisse auswirken kann, ist es für die theoretische Analyse wichtig, die Erfassungsmethode zu berücksichtigen und methodisch vergleichbare Studien in statistische Analysen einzubeziehen. Besonders Metaanalysen (u.a. van Eerde [2003a] und Steel [2007, 2010]), die eine Vielzahl von Einzelstudien und unterschiedliche methodische Zugänge berücksichtigen, sind unter dem Aspekt der Prüfung bestimmter inhaltlicher Fragestellungen sinnvoll und aussagekräftig. Metaanalysen verwenden zur Strukturierung und Interpretation der Daten einen bestimmten methodisch-theoretischen Zugang, der bei den Autoren unterschiedlich sein kann (vgl. etwa Steel, 2007, der das Modell der Nützlichkeitserwägung konzipiert). Die Entscheidung eines Autors darüber, ob neben quantitativen auch qualitative Studien einbezogen werden, kann sich signifikant auf die Ergebnisse auswirken.

Bedeutung von Metaanalysen

Metaanalysen stellen – neben den früher gebräuchlichen längeren systematischen Übersichtsartikeln – ein statistisch-methodisches Verfahren dar, um die Ergebnisse vieler Einzelstudien zusammenzufassen. Nachteile von Übersichtsartikeln sollen mit Metaanalysen verringert werden: die teilweise subjektive Auswahl und methodische Bewertung der Studien, die überwiegend rein qualitative Integration der Arbeiten und die subjektiven, oftmals nur schwer kritisierbaren, allgemeinen Schlussfolgerungen. In der Metaanalyse können sowohl qualitative als auch quantitative Verfahren genutzt werden, und es wird versucht, einen integrativen Überblick über ein bestimmtes Gebiet bzw. eine bestimmte Fragestellung zu liefern und zugleich die Aussagekraft der Ergebnisse in einem Gebiet zu erhöhen. Während zunächst überwiegend die Vorteile von Metaanalysen hervorgehoben wurden, wurden später auch eine Reihe von Nachteilen dieses statischen Verfahrens bekannt, die heute in der Fachliteratur diskutiert werden. Ein zentraler Kritikpunkt ist die Nichtbeachtung der methodischen Qualität der in die Metaanalyse eingehenden Untersuchungen, was dazu führt, dass „Äpfel und Birnen miteinander verglichen werden“. Das sogenannte „Äpfel-und-Birnen-Argument“ bezieht sich darauf, dass häufig die Homogenität der Untersuchungen „in bezug auf die unabhängige und in bezug auf die abhängige Variable“ nicht genügend berücksichtigt wird (Bortz & Döring, 1995, S. 591).

Aufschieben, Verzögern, Vermeiden

Подняться наверх