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Der Umschwung in einem explosiven Haufen Liebe kann man nicht befehlen. Doch ich kann den Punkt erkennen, an dem sie sich durchsetzt. Dann strahlt sie aus.

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Ruth Zenkert

Bald ist es ein Jahr, dass wir in unser Haus Ilie in Hosman eingezogen sind. Wir – das waren Kathy, die erste Volontärin, und ich. Es gab viel Arbeit mit den zahlreichen Kindern und armen Familien im Dorf. Wir suchten Mitarbeiter und nahmen, ohne lange zu fragen, jeden, der sich meldete. Praktikanten für zwei Wochen, eine frustrierte Frau auf der Flucht vor sich selbst, einen Studienabbrecher, einen arbeitslosen Handwerker. Es gab immer wieder Konflikte wegen der Hausordnung und wegen vieler Kleinigkeiten, die nicht der Rede wert sind. Ziemlich lähmend, auch für unsere Arbeit. Doch bald kamen Rumänen in die Gemeinschaft, die sich leicht in die Lebensbedingungen einfügten und sprachlich keine Probleme hatten. Das Kinderprogramm gewann an Qualität und Disziplin. Immer mehr Kinder gingen in Casa Ilie aus und ein, sie kamen auch außerhalb des Programms. Die Familien begannen, in Haus und Hof mitzuarbeiten. Ein lettischer Student machte Musik mit uns, jeden Abend lernten wir im Hof Roma-Lieder. Neugierige Nachbarn schauten herein und sangen mit. Wir feierten ein »Sommernachtsfest« mit unseren Freunden, einer brachte ein altes Saxophon, ein anderer sein Akkordeon, wieder ein anderer den Speck vom frisch geschlachteten Schwein. Aus dem auseinanderstrebenden Haufen wurde eine Gemeinschaft. Wir hatten große Ziele.

Letzte Woche nahm Genica uns mit ins Nachbardorf Tichindeal, wo sie aufgewachsen ist. Sie zeigte uns am Ende des Dorfes eine Siedlung mit Roma-Familien. Arm und verwahrlost, in jeder Hütte verzweifelte Mütter und viele Kinder. Als wir am nächsten Tag wiederkamen, lief uns ein junger Bursche entgegen. Nicolae, stellte er sich vor. Er hatte sich aus Lehm und Zweigen ein Häuschen gebaut, in das genau ein Bett und ein Regal passten, für sich und seine schwangere 15-jährige Freundin. Nicolae zeigte uns, wo die Ärmsten lebten, sagte, wie viele Kinder sie hätten. So war es für uns Fremde leicht, die mitgebrachten Lebensmittel gut einzuteilen, damit alle genug bekamen. Wir fragten Nicolae, ob er uns helfen wolle. Damit wir uns besser kennenlernen könnten, solle er mitkommen und bei uns wohnen.

Zwei Tage später ging die Tür auf – Nicolae war da. Ein großes Haus, mit fließendem Wasser und Heizung, viele neue Gesichter – das war für ihn eine fremde Welt. Iulian gab ihm Seife und ein Paar Jeans. Sie redeten in ihrem Zimmer die halbe Nacht, jeder hatte eine schwere und spannende Lebensgeschichte. Schon am nächsten Tag merkte ich gar nicht mehr, dass ein Neuer unter uns war, er arbeitete fleißig mit und fühlte sich wohl in der Gemeinschaft. Am Freitag ging er nach Hause. Ich fragte ihn, ob er am Sonntag wiederkommen würde. Selbstverständlich, strahlte er.

Heute waren wir wieder in Tichindeal. Aurel, der Nachbar von Nicolae, hat der Familie im letzten Haus einen Ofen gesetzt. Und wir haben noch einen Mitarbeiter gefunden. Ovidiu will die Häuser renovieren. Einer steckt den anderen an. Einer bringt den anderen mit.

Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.

JOHANNES 13,35

Mit Feuer vom Himmel

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