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Tiere lassen uns vom Frieden träumen Was wäre Weihnachten ohne Ochs und Esel? Leben wir in einer messianischen Zeit?

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Georg Sporschill

Ochs und Esel gehören wie die Hirten und die Schafe in den Stall von Bethlehem, in dem Josef und Maria Unterschlupf fanden, als das Kind geboren werden sollte. Und doch werden weder Esel noch Ochse im Weihnachtsevangelium genannt. Erst die fromme Phantasie späterer Jahrhunderte hat sie in die Szene eingefügt. Dort wirken die Tiere mit, bis zum modernen Witz über die Jesuiten: Als das Jesuskind die Augen öffnete, schaute es nach links und sah den Esel, schaute nach rechts und sah den Ochsen. Da dachte es sich: Das ist die Gesellschaft Jesu, die Jesuiten.

Beim Propheten Jesaja heißt es: »Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber Israel kennt es nicht und mein Volk versteht es nicht.« (Jesaja 1,3) Der Ochse wurde in der christlichen Tradition als Bild für die Heiden gedeutet. Das soll heißen: Das sind jene, die treu und ergeben arbeiten und Leistungen erbringen. So sind sie von Gott angenommen. Der Esel galt bei den Kirchenvätern als Bild für Israel. Was bei uns als dummes oder störrisches Tier angesehen wird, ist in Wahrheit und nach der Bibel das Tier für die Friedensarbeit, das den König Gottes trägt, im Gegensatz zum Pferd, das für den Krieg gezüchtet werden kann. Der Esel hat in den Karawanen die Fähigkeit, die Kamele durch die Wüste zu führen. Der Esel findet in die Heimat zurück wie die Zugvögel am Himmel. Ein Kind braucht beide: Menschen, die arbeiten, und Menschen, die Orientierung geben.

Der Phantasie, die das Jesuskind mit Tieren umgab, sind biblische Wurzeln zuzugestehen. Der Prophet Jesaja träumt im Exil, als er und sein Volk die Belastungen nicht mehr tragen können, von besseren Zeiten, von der messianischen Zeit: »Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie. Kuh und Bärin nähren sich zusammen, ihre Jungen liegen beieinander … und zur Höhle der Schlange streckt das Kind seine Hand aus.« (Jesaja 11,6-8)

Der Frieden unter den Tieren ist ein uraltes Bild für das, was Jesus mit seiner Geburt den Menschen bringt. Es wird nicht so sein, dass der Löwe nicht mehr Löwe ist, nicht mehr frisst und nicht mehr mächtig ist. Es wird auch nicht so sein, dass das Lamm plötzlich stark und aggressiv ist. Beide werden mit ihren Stärken die anderen nicht zerstören, sondern sie in ihren Gefährdungen schützen. Miteinander werden Löwe und Kalb eine unschlagbare Einheit bilden. Eine Einheit, die die bösen Mächte überwindet und Frieden verbreitet. Das Fressen und Gefressenwerden ist zu Ende.

In dunklen Zeiten bringen die Tiere uns – wie den Propheten Jesaja – zum Träumen von der messianischen Zeit. Das Bild vom Tierfrieden lässt uns das Absurde versuchen: Trotz allem ist Friede möglich. Mit welchem Tier möchte ich mich vergleichen? Welchem bin ich nahe in meinen Stärken und in meinen Schwächen? Beide Pole sind in uns vereint – der Löwe und das Kalb, der Wolf und das Lamm, der Ochs und der Esel. Der Friede kommt nicht, wenn einer von beiden verleugnet wird, sondern nur, wenn ich beide in mir und den anderen wahrnehme.

Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.

JESAJA 11,6b

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