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Prolog

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15.06.2013, 22.35 Uhr

»Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zu diesen Tagesthemen: Gewaltsame Räumung: Polizei stürmt Protestlager in Istanbul; überraschende …«

Marie fiel fast der Becher aus der Hand. »Was ist da los, Manfred?« Sie spurtete ins Wohnzimmer.

»Psst, hörst du doch …«

»… nach Tagen der Eskalation und dann wieder der Deeskalation unterstrich Erdoğan heute, wie ernst er seine letzte Drohung meinte, und ließ den Park am Abend dann doch mit Gewalt räumen. Aus Istanbul …«

Marie hechtete neben ihren Mann aufs Sofa. Entsetzt starrte sie auf den Bildschirm.

»Heute Abend, acht Uhr, Sicherheitskräfte gehen mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Protestierende vor und räumen den Gezi-Park. Fast zwei Wochen lang war der kleine Stadtpark im Zentrum Istanbuls ein Ort der Demonstration. Der Demonstration für den Erhalt dieses Parks und zunehmend gegen die als autoritär empfundene Politik der islamisch-konservativen Regierung. Tausende hatten den Park in ein Zeltlager verwandelt. Zur Stunde bauen Polizisten die Zelte ab …«

»Abbauen nennt der das? Die reißen brutal ab, schlagen alles kurz und klein und …«

»Pssst, bitte!«, fuhr Manfred sie an. Marie klappte aufgebracht den Mund zu. Die Kamera fokussierte auf einzelne Szenen, im Laufschritt trugen Männer eine junge Frau auf einer Trage durch das Chaos, ein Mädchen hockte zwischen zwei Helfern und schrie.

»Hast du gehört, das Mädchen da, was hat sie gerufen?«

Manfred rollte mit den Augen. »Ist vermutlich verletzt wie die anderen auch. Jetzt sei doch mal still und hör zu!«

Marie war still, auch wenn es in ihr brodelte. Die Kleine könnte ihre Studentin sein. Oder die Tochter, die sie nie bekommen hatte. Sie schluckte.

*

»Es soll zahlreiche Verletzte gegeben haben, Zeugen sprechen von Szenen wie im Krieg …«

»Oh Gott!« Imke schlug entsetzt die Hände vors Gesicht. Dieter griff nach der Fernbedienung, ein Knopfdruck und der Bildschirm war schwarz. »Wir sollten längst im Bett sein«, grummelte er. »Kurz vor dem Schlafengehen solche Brutalitäten, das muss doch nicht sein!«

Als der Tumult auf dem Bildschirm abrupt verstummte, ließ Imke die Hände in den Schoß sinken. Mit feuchten Augen blickte sie zu Dieter auf.

»Hast du das schreiende Mädchen gesehen?«

»Da sind viele verletzt, haben sie doch gesagt.«

»Wenn das unsere Tochter wäre …«

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