Читать книгу Mein Mann, der Engländer und ich - Sabine Anny Renneberg - Страница 10
Mein erster Flug nach London
ОглавлениеAufstehen um fünf Uhr, nach fast schlafloser Nacht, heute sehen wir uns wieder. Kleines Obstfrühstück, eine Tasse Kaffee, duschen, sorgfältig Schminken und die Haare machen. Mittags hatte ich keine Zeit mehr dafür. Das Zeitfenster zwischen nach Hause kommen von der Arbeit und wegfahren zum Flugplatz war zu kurz. Früh um sieben zur Arbeit. Zweihundert Meter Laufweg. An diesem Tag beendete ich bereits um ein Uhr meine Arbeit. Als ich nach Hause kam, war das Auto weg. Es stand nicht in der Garage, nicht in der Einfahrt. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Mein Mann ist einfach mit dem Auto weggefahren. War das seine Art, mir zu zeigen, dass er nicht möchte, dass ich nach England fliege? Wenn ich kein Auto habe, komme ich nicht zum Flughafen? Ich kriegte die Panik, hatte noch etwa noch eine halbe Stunde Zeit. Ich habe meinen Mann auf seinem Handy angerufen, es klingelte im Flur, das Handy hatte er nicht mit. Was sollte ich denn jetzt nur machen? Ich war kurz vor einem Heulkrampf und rief Maritta an. Sie sagte mir, «beruhige dich erst mal, mach dich frisch, zieh dich um, pack die Reste zusammen, er wird schon kommen». Sie hatte leicht reden. Ich machte es aber so, machte mich ein bisschen frisch, zog mich um, letzte Sachen in den Koffer, auch die drei CDs mit Kuschelrock-Oldies, die ich Rob schenken wollte, Handtasche gescheckt, die Schachtel mit dem Kuchen ist auch drin, hoffentlich bringe ich den durch die Kontrolle, die Boardingpässe, Geld, 150,00 Pfund, hatte ich auch getauscht, Pass. Ja alles da. Immer wieder ging mein Blick zur Uhr und in die Einfahrt. Ich dachte, noch zehn Minuten, bis ich weg musste. Ich war kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Als ich alles gepackt hatte, stellte ich die Sachen vor die Tür und dachte, eine Zigarette und er wird schon kommen. Dann fuhr das Auto in die Einfahrt, mein Mann stieg aus und entschuldigte sich, dass er sich etwas vertrödelt hatte, war beim Arbeitskollegen zum Geburtstag gewesen, man hatte sich etwas verquatscht und die Zeit vergessen. Ich war froh, alles noch im Zeitfenster. Mein Mann stand in der Haustür und weinte, als ich meine Sachen ins Auto packte. Ich drückte ihn, sagte, «bin in wenigen Tagen wieder da». Ich kämpfte ebenfalls mit den Tränen. Er fragte, «wenn du wieder kommst, bleibst du dann für immer?» Ich stieg ins Auto, fuhr los, Richtung Flughafen Nürnberg, hundertzwanzig Kilometer. Ich hatte einen Parkplatz bei einem privaten Anbieter gebucht. Der war mein Ziel. Dann Shuttle-Bus zum Flughafen. Bis zur Autobahn nach Nürnberg fährt man zwanzig Kilometer Landstraße. Auf dieser Strecke ging mir mein weinend an der Tür stehender Mann nicht mehr aus dem Kopf. Bei jeder Möglichkeit, wo ich hätte wenden können, zog ich das in Betracht, dreh rum und vergiss den ganzen Scheiß. Fahr wieder heim. Die Kilometer bis zur Autobahn wurden immer weniger, die Umdrehmöglichkeiten auch. Dann dachte ich, wenn ich auf dem Sterbebett liege, werde ich mich immer fragen, was wäre geworden, wenn du damals nach London geflogen wärst. Ich wollte nicht die Sachen bereuen, die ich gemacht habe, sondern die, die ich nicht gemacht hatte.
Dann war ich auf der Autobahn.
Ohne besondere Vorkommnisse kam ich pünktlich am Parkplatz in Nürnberg an und wurde zum Flughafen gefahren. Keine zehn Minuten später am Ziel. Ich schicke Rob eine Nachricht mit Bild von den Fluginformationen, Abflug nach London London-Stansted 17:20 Uhr. Ich hatte noch viel Zeit. Setzte mich in das Kaffee am Flughafen, in den Außenbereich. Kaffee und Zigarette. Telefonklingeln, Rob «Honey, ich freue mich so, bald bist du hier. Stehe dann in der Ankunftshalle in London-Stansted und hole dich ab. Guten Flug, bis bald».
Eine Stunde und fünfzig Minuten später, Landeanflug. Ich war aufgeregt. Bevor ich den sehr langen Weg zum Ausgang nahm, war ich noch mal auf Toilette und habe mein Äußeres überprüft. Rob wird schön schauen, wenn er mich sieht. Ich hatte seit unserem gemeinsamen Urlaub fünfzehn Kilogramm abgenommen. Ich habe keine Diät oder so was gemacht, ich hatte einfach keinen Hunger und wenig Zeit zum Essen, hatte andere Dinge im Kopf und zu tun. Ich fand, dass ich einfach toll aussah. Fand mein Mann übrigens auch.