Читать книгу Mein Mann, der Engländer und ich - Sabine Anny Renneberg - Страница 13
Unser erstes gemeinsames Wochenende
ОглавлениеMittlerweile war es fast Mitternacht, mein Bauch knurrte ohne Ende, hatte früh nur Obst und Kaffee, weiter nichts, hätte auch nichts essen können, die Aufregung. Rob machte uns Sandwiches. Ich stand in der Küche und beobachtete ihn. Er lächelte aus blauen Augen, das Fremdeln verschwunden. Er arrangierte Hähnchen, Käse, quietsch-gelben englischen Senf, Meerrettich-scharf, Sandwichgurkenscheiben aus dem Glas mit viel Liebe zu Sandwiches. Es war toll, ihm dabei zu zuschauen, wie seine schönen und sehr gepflegten Hände die Arbeit verrichteten. Die Sandwiches wurden auf die Teller gelegt, die Teller auf Tabletts gestellt. In England isst man wahrscheinlich nicht am Tisch, sondern auf dem Bett oder Sessel sitzend mit dem Tablett auf dem Schoss. Ungewöhnlich. Es waren die besten Sandwiches, die ich je gegessen habe. Während des Essens sagte mir Rob seine Pläne für unser Wochenende. «Freitag fahren wir nach Southend-on-Sea, wollen den Pier mit über 2000 m anschauen. Dieser Pier ist die längste Seebrücke der Welt. Auf diesem fährt auch ein Zug. Wir werden Fisch und Chips essen gehen, am Samstag bleiben wir hier, machen einen entspannten Tag, bestellen und was beim Inder oder beim Chinesen nach Hause, am Sonntag fahren wir ein bisschen über Land nach Blackmore, Kaffee trinken und für den Abend habe er für uns einen Tisch bestellt in einen sehr alten Pub, „The Old Dog Inn“, mit sehr gutem Essen, vom Grill. Der Pub liegt auch etwas ländlich und abseits.» Das klang alles sehr gut und ich war neugierig auf alles. Rob sagte, «Honey du kannst jetzt duschen gehen, ich putze schnell die Küche». Sehr gute Idee, Vorbereitung fürs Bett. Er gab mir meinen kuschelweichen Bademantel und die neuen Badehandtücher. Ich dachte noch, wenn die Handtücher neu sind, trocknen diese nicht, was soll es, wird schon gehen. Mitten hinein in meine Gedanken sagte Rob mir, er habe die Handtücher bereits gewaschen, neue Handtücher trocknen nicht.
Ich ging duschen, viel mehr stieg in die riesige Badewanne, mit Duschvorhang, hatte Probleme, mit der englischen Mischbatterie, aber alles gut. Rasur hatte ich bereits zu Hause erledigt, war bestens vorbereitet, nach dem Duschen noch eine ordentliche Mundpflege, zum Schluss noch Mundwasser.
Als Rob duschte und ich bereits im Bett war, hatte ich Zeit, aus dieser Perspektive mir alles anzuschauen. Die Kerzen brannten noch, leise Musik spielte aus einer sehr teuren Anlage, sehr guter Sound. Alles sehr ordentlich, besser als ich erwartet hatte. Er hatte sehr viele Bücher in seinem Regal, die meisten hatte ich auch, bis auf die geschichtsträchtigen Bücher und Biographien von irgendwelchen Leuten. Ich freute mich auf unsere erste richtige Nacht. Rob kam im Bademantel ins Zimmer und fragte mich, ob ich einen Drink wollte. Drink ist nicht schlecht. Ja, wollte ich. Wir tranken einen sehr guten alten Malt Whiskey. Ich glaube wir brauchten beide eine kleine Alkoholdosis, Aufregung auf beiden Seiten. Kleines Licht, als Nachtlicht gab dem Zimmer eine herrliche Kombination aus hell und dunkel. Man sah alles, aber nicht zu viel. Rob nahm mich in die Arme und sagte mir, wie sehr er mich vermisst hätte, dass er sehr starke Gefühle für mich hat. Er küsste mich wieder mit dieser mir vorher unbekannten Zärtlichkeit. Seine schönen Hände streichelten über meinen Körper, fanden erogene Zonen, die ich vorher selbst nicht kannte, mein Körper war Wachs in seinen Händen. Ich hatte komplett die Kontrolle verloren. So was habe ich noch nie erlebt. Abrupter Abbruch, Rob gab mir einen Kuss und sagte, «Honey, dein Tag war so lang, es ist fast zwei Uhr, schlaf schön. Morgen ist auch noch ein Tag und wir gehen eher ins Bett, haben mehr Zeit und machen es ganz schön». Ja, spinnt der komplett? Erst bringt der mich auf Hochtouren und dann das. Das ist ja wie beim Autofahren, 200 Stundenkilometer und dann Bremse und Handbremse gleichzeitig. Ich war aber richtig sauer. Bevor ich mich darüber aufregen konnte, hörte ich leichtes Schnarchen aus der anderen Betthälfte.
Am anderen Morgen stand ich um neun frisch geduscht und geschminkt in der Küche und machte uns ein ordentliches Frühstück. Ich ließ mir Zeit, wollte ein perfektes Frühstück machen, hatte auch noch das eine oder andere zu suchen, ist so in einer fremden Küche. Aber die Küche war sehr gut ausgestattet. Für einen reinen Männerhaushalt, sehr gut. Rob schlief noch, wusste ich. Ist noch nicht seine Zeit, wenn er immer nachts arbeitet, ist sein Körper um diese Zeit nicht an das Aufstehen gewöhnt. Habe ihm einen Kaffee gemacht, das Radio leise eingeschaltet und ihn ganz lieb geweckt. Hat gut geklappt. Erst hat er mich etwas verdutzt angeschaut, wieso ihn jemand weckt, aber wahrscheinlich ist das so, wenn man zehn Jahre allein gelebt hat, muss man sich auch daran erst gewöhnen. Er hatte den Kaffee in seinem Raucherraum, brauchte etwa eine halbe Stunde, ein Kaffee, mehrere Zigaretten, um munter zu werden. Dass Rob sehr viel raucht, ist mir auch schon im Urlaub aufgefallen. Schimpfen nützt da nichts, rauche ja selber, allerdings nicht so viel.
Deutsches schönes Frühstück, Toastbrot mit Marmelade, selbst gemacht, habe ich mitgebracht, und Buttertoast, Omelett mit Champignons, Käse und Tomate. Dazu Kaffee. Teller und Tasse, nebst Serviette auf die Tabletts und serviert. Rob im Bademantel - Engländer lieben Bademantel oder Hausmäntel, können Tage, Nächte und Wochen darin verbringen – genoss das Frühstück, sparte nicht mit Lob für Marmelade und Omelett. Nach dem Frühstück gingen wir Rauchen, ich eine Rob gleich noch eine, danach saß er wieder in seinem Sessel, musste er noch schnell die News im Tablett checken, was ist mit West Ham United, seiner Lieblingsfußballmannschaft, noch mal schnell Rauchen und dann duschen. Rob kann sehr lange duschen, mindestens zwanzig Minuten, mit Selbstgesprächen, anschließend ausgiebige Zahnpflege, ist ihm auch sehr wichtig und das Prozedere mit seinen Haaren, orange Dose mit Haargel oder Haarcreme, Finger rein, dann verreiben und in den Haaren verteilen, eine Mittelscheitel zupfen und die Haare aus der Stirn nach beiden Seiten. Das dauerte auch immer ewig. Ich räumte die Küche auf, machte die Betten und Ordnung und freute mich auf Southend-on-Sea.
Zwei Stunden später saßen wir endlich im Auto, erst fuhren wir nach Bentfield auf den großen Parkplatz, Rob wollte noch schnell etwas erledigen. Wir gingen vom Parkplatz aus über die Straße, am großen Poundland vorbei, dort kostete alles nur 1,00 Pfund. Gingen durch eine schmale schmuddelige Gasse, in einem Hauseingang lebten Obdachlose, und dann standen wir mitten auf der High Street. Von dieser Straße hat er mir schon viel erzählt. Dort gibt es auch viele Charity Shops, die mit ihren Erlösen Projekte unterstützen. Wenn man etwas nicht mehr brauchte, konnte man es in diesen Läden abgeben und es wurde verkauft, jeder Carity Shop unterstützt ein Projekt. Rob hat mir erzählt, dass er da immer nach CDs schaut und auch schon viel dort gekauft hatte. Wir überquerten die Straße und nach einhundert Metern bogen wir links ab. Dort war ein kleiner Platz. Rob steuerte einen Laden an, hielt mir die Tür auf und wir standen in einem Wettbüro. An den Wänden lauter Fernseher, die Pferderennen und andere Sachen live übertrugen. «Was machen wir hier», fragte ich ihn. «Ich spiele jede Woche einige Tipps für ungefähr 20,00 Pfund, Fußballwetten, Pferderennen und Windhunderennen» teilte er mir mit. Ich fragte ihn, ob er schon mal was gewonnen hat. «Ja Honey, der größte Gewinn waren 1.500,00 Pfund. Ansonsten auch mal kleinere Gewinne, hält sich so die Waage mit dem, was ich wöchentlich ausgebe.» Rob suchte sich seine Spielscheine zusammen und begann diese auszufüllen. Ich dachte, bevor wir jetzt weiter fahren, gehst du hier noch auf die Toilette. Ich fragte an dem Tresen, der Mann deutete nach links. Ich versuchte die Toilettentür zu öffnen, ging nicht, der Mann kam etwas genervt um den Tresen und machte mir die Tür auf. Ich ging rein und verriegelte von innen. Als ich fertig war, bekam ich die Tür nicht mehr auf und rüttelte wie eine Irre an der Klinke. Der Mann von dem Tresen öffnete die Tür von außen und lachte. Rob war in der Zwischenzeit fertig und bezahlte seine Tippscheine. Ich gebe für so etwas kein Geld aus, ist mir zu schade. Eine halbe Stunde später waren wir wieder auf dem Parkplatz und fuhren dann endlich Richtung Autobahn. Rob hat im Auto eine stattliche Anzahl an CDs. Wir hatten Musik im Auto, kleine Wasserflaschen und herrliches Wetter für März. Mein Rob, es war so herrlich mit ihm Auto zu fahren, bald würden wir am Meer sein. Einen schönen Tag haben. Vorfreude, meine Hand in seinem Genick, die Finger wieder in seinen ganz weichen Haaren vergraben. Er legte seinen Kopf nach hinten, genoss die Berührung. Seine Hand lag auf meinem Bein und wenn er schalten musste, lag meine Hand auf seiner. Wir suchten die Nähe und Kontakt zum Anderen. Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, wurde sehr ländlich. Die typischen Häuser für England, mit den eigenartigen Schornsteinen. Tolle grüne Landschaft schon um diese Zeit. So weit ist die Natur bei uns hier erst Anfang Mai.
Großer Parkplatz, Rob geht und zieht einen Parkschein am Automaten. Bleibe beim Auto und warte. Sehe und rieche das Meer, Möwen kreischen. Rob kommt mit dem Parkticket wieder und legt es sichtbar ins Auto, ich nehme meine Tasche vom Rücksitz. Rob bietet mir eine Zigarette an, wir rauchen und er fragt mich, ob wir erst Essen gehen wollen. Ja, wollte ich, danach zum Strand und zum Pier. Das Fisch und Chips Lokal, mehr ein Imbiss mit dem Namen „Ye Olde Chippy“ lag nur durch eine Straße getrennt vom Strand und Meer. Wir saßen auf einfachen Plastestühlen an Plastetischen. Rob fragte mich, was ich mag. Ich nehme dasselbe wie du. Gut. Wir hatten panierten und frittierten Fisch, sehr schönes und hohen Stück Fisch, bester Qualität und tolle riesige Pommes. Dazu püriertes Erbsenmus. Rob machte mir Essig auf die Fritten. Ich war entsetzt. Aber es war gut und hat absolut gepasst. Wir tranken dazu Wasser. Beim Rausgehen hat Rob uns noch einen Tee bestellt, den wir dann draußen getrunken haben, in der Frühlingssonne. Rob sagte mir, dass es zwei Möglichkeiten gäbe, entweder wir laufen den Pier entlang und nehmen rückwärts den kleinen Zug, oder wir fahren mit dem kleinen Zug hin und laufen zurück. Eine Strecke sollten wir laufen, es wäre herrlich. Ich entschied, hinlaufen und zurück fahren. Wir liefen am Strand lang in Richtung Pier. Dort waren auch öffentliche Toiletten. Eine ganz lange Reihe ähnlich unseren Dixi Klos. In den Restaurants gibt es sehr selten Toiletten und du musst wirklich suchen, um eine zu finden. Wasser und Tee, ich dachte ehe wir den langen Pier langlaufen, gehst lieber noch mal. Die Toiletten waren sehr sauber, alles aus Edelstahl. Lässt sich auch gut reinigen, Hochdruckreiniger reingehalten und fertig. Toilettenpapier da, Seife und auch Papierhandtücher. Die Schließtechnik der englischen Toilettentüren ist etwas anders, das kannte ich bereits. Ich hatte zweimal Besuch, zuerst eine Frau, dann als ich beim Händewaschen war, riss ein junger Mann die Tür auf. Rob stand abseits, hat nichts von allem mitbekommen, Blick auf das Meer, brennende Zigarette. Die Frau kam noch mal zu mir und entschuldigte sich bei mir. Wir haben darüber gelacht. Sie war schon hundert Meter weiter, drehte sich um, winkte und lachte. Die Engländer sind alle sehr höflich und freundlich.
Am Pier kaufte Rob die Zugfahrkarten für zwei Personen und eine Fahrt. Wir liefen los. Je weiter wir auf das Meer hinaus liefen, desto kühler und windiger wurde es. Ich blieb stehen, schloss Robs Jacke und stellte seinen Kragen auf. Danach nahm ich seine kalte Hand und wir gingen den über zwei 2000 Meter langen Pier in Richtung der Gasstätte, die am Ende des Piers war. Ab und zu blieben wir stehen um uns zu küssen. Am Anfang blickte Rob sich um, dass uns niemand beobachtet, doch dann fand auch er Gefallen daran mich in der Öffentlichkeit zu küssen. Es waren wenige Menschen auf dem Pier. Der Zug fuhr zweimal an uns vorbei.
Am Ende des Piers hatte man einen tollen Ausblick. Man hatte das Gefühl, direkt auf dem Meer zu stehen. Wir saßen im Außenbereich des Restaurants und haben noch einen Cappuccino bekommen, obwohl die gerade schließen wollten. Wenige Schritte vom Ende des Piers wieder zurück zu dem Zug. Wir hatten den letzten dieses Tages erwischt. Wir saßen allein im Wagon, Rob hielt meine Hand, wir schauten auf das Meer und den immer näher kommenden Strand. Dem Ziel des Zuges.
Auf dem Weg zurück zum Parkplatz, machte mich Rob auf einen sehr alten Pub aufmerksam. Das Haus war sehr schmal, die Tür und ein Fenster. Er sagte mir, dass es der schmalste Pub von…… , ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls fragte mich Rob, ob ich den von innen sehen will und ein Guinness Bier kosten will. Vom Fass wäre es wesentlich besser als aus der Büchse oder einer Flasche. Ja, ich wollte. Der Pub war wirklich toll, lange Theke von vorne bis hinten und an der Theke Barhocker. Hinter den Barhockern wenig Platz bis zur langen Wand. Der Pub war sehr dunkel und gut besucht. Ich trank mein erstes Guinness, kleines Glas, rabenschwarzes Bier. Ich mag dunkle Biere. Es war sehr lecker. Ich hatte Durst und habe es auf einmal ausgetrunken. Da guckten nicht nur Rob komisch, sondern auch die anderen männlichen Besucher. Ich wollte noch eins. Hinterher sagte Rob zu mir, dass es sich nicht schickt, als Frau, innerhalb von wenigen Minuten zwei Bier zu trinken. Mir doch egal. Bis wir zum Parkplatz kamen, waren wir in noch zwei verschiedenen Pubs. Wieder Guinness, aber jeweils nur eins pro Pub. Man weiß ja, was sich als Frau schickt.
Zurück auf dem Parkplatz, am Auto, letzter Blick zum Meer, bei einer Zigarette und Möwengekreisch. Dann fuhren wir zurück. Es war ein toller Tag und ich freute mich auf den Abend. Zu Hause habe ich dann nur eine Kleinigkeit zu Essen gemacht, wir hatten ein wie ich finde ausreichendes Mittagessen, äh Lunch. Rob checkte in der Zwischenzeit seine Wettscheine, hatte nichts gewonnen, zerknüllte die Scheine und warf sie weg. 20,00 Pfund aus dem Fenster geschmissen. Die Essenszeit war Rob zu zeitig. Er sagte mir, er hat seinen Lunch erst am frühen Abend, das Abendessen (Dinner) erst in der Nacht, meistens so gegen Mitternacht. Ich habe meine letzte Mahlzeit spätestens um sechs Uhr, da ist es in England um fünf. Abends esse ich normalerweise nur was Leichtes, Salat, oder ein vegetarisches Gericht, kaum Fleisch. So spätes Essen vertrage ich nicht. Ich sagte Rob, wir essen jetzt und wenn Du später Hunger hast, ich mache dir gern noch was, oder wir können was naschen, Rob hatte eine große Auswahl an Süßigkeiten gekauft. Das sind eben unsere unterschiedlichen Tagesabläufe, die auch verschiedene Essgewohnheiten und Essenszeiten nach sich ziehen.
Es war ein herrlich entspannter Abend fortgeschrittener Zeit, kurz nach Mitternacht, wir waren bereits beide geduscht und im Bademantel, und wir hatten Rotwein. Rob hat von seinem Bruder einen Geschenkkarton mit lauter kleinen Rotweinflaschen verschiedener Herkunftsländer erhalten. Wir tranken uns durch verschiedene Länder und Kontinente und unterhielten uns, welcher Wein der beste war. Wir fanden sie alle gut. Rob sagte, wir trinken jetzt noch einen kleinen Whiskey und dann gehen wir zu Bett. Es klopfte an der Tür. Es war Dave. Er kam von einem mehrtägigen Ausflug zurück und wollte mich begrüßen. Wir haben uns beide sehr gefreut, uns wieder zu sehen. Wir haben uns auch umarmt. Rob sagte, «wir haben gerade einen Whiskey, willst du auch einen?» Dave wollte. Ich überlies Dave meinen Sessel, setzte mich auf das Bett. Wir stießen an. Der Whiskey war sehr gut. Ich ging in die Küche und holte die Schachtel mit dem Kuchen, den ich noch zu Hause gebacken hatte, und bot den Beiden Kuchen an. Apfeltorte mit Streuseln. Sie wollten beide Kuchen und verdrehten beim Essen genüsslich die Augen. Dave sagte, dass er mich für diesen Kuchen heiraten würde, wenn Rob es nicht tut. Tolles Kompliment. Dave fragte mich, wie alt ich sei. Ich sagte ihm wesentlich älter als du, nein, das glaubte er nicht. Ich fragte ihn nach seinem Alter. «58 Jahre.» «Nein, dass ich nicht möglich.» Er lachte, «wieso nicht?», «meine Mutter und ich haben dich auf Ende 30 bis Anfang 40 geschätzt.» Dave machte eine Verbeugung im Sessel und machte eine Bewegung, als wenn er den Hut zieht. Er bedankte sich unter Lachen. Er ist sehr dick, hat keine Falten. Er sieht wirklich viel jünger aus. Ich sagte ihm, ich sei 54 Jahre alt. Er meinte, oh, hätte er auch nicht gedacht, ich würde wirklich auch viel jünger aussehen. Wir mussten darüber so lachen. Rob sagte, «ach so, der einzige, der hier so alt aussieht, wie er ist, bin dann wohl ich». Der Abend war gelaufen, die Stimmung im Eimer. Dave verabschiedete sich und wünschte uns noch einen schönen Abend. Wir tranken aus, gingen zu Bett. Rob der Stimmungskiller. Ich wollte mich an ihn kuscheln, ihn küssen. Er wehrte mich ab, wollte nicht. «Was ist denn los?» «War es denn notwendig, Dave solche Komplimente zu machen? Der bildet sich doch jetzt sonst was ein. Und ich bin hier der Blöde. Sehe so alt aus wie ich bin.» Er ließ sich nicht beruhigen oder beschwichtigen. Seine Stimme wurde immer lauter, sein Ton schärfer. Ich sagte ihm, er mache aus nichts ein großes Ding. Er wurde immer wütender. Ich legte mich auf meine Bettseite drehte mich wegwärts und versuchte zu schlafen. Er gab keine Ruhe, immer wieder fragte er mich, «warum hast du das getan?» Ich sagte «Rob, es ist gut». Er steigerte sich immer mehr rein, «wenn dir Dave besser gefällt, dann kannst du ja gleich verschwinden». Er machte mich echt wütend. Gab keine Ruhe und hörte nicht auf. Ich sagte ihm, wenn er nicht aufhört, packe im meine Sachen und verschwinde. «Ja, hau ruhig ab, wenn dir andere Männer besser gefallen». Das war der Gipfel. Ich sprang aus dem Bett, zog mich an, warf meinen Koffer auf das Bett und packte. Lief ins Bad, holte meine Kosmetiksachen, die Schuhe aus dem Regal im Flur. Alles packte ich zusammen. Rob fragte mich «wo willst du hin, mitten in der Nacht?» «Ich suche mir ein Hotel», antwortete ich. «Aber du kannst doch bis morgen früh bleiben, dann fahre ich dich zu einem Hotel». Morgen früh oder heute Nacht, was macht das für einen Unterschied, wenn er mich nicht mehr hier haben wollte. «Nein, ich gehe gleich», in Mantel, Schuhen und Koffer ging ich zur Tür. Als hätte jemand in seinem Kopf einen Schalter umgelegt, hielt er mich fest, und sagte «bitte Honey gehe nicht, ich habe es nicht so gemeint. Ich war so eifersüchtig, dachte, dass dir Dave etwas bedeutet». Er nahm mich in den Arm und weinte wie ein Kind, er sagte mir «ich möchte nicht dass du gehst, bleibe bitte hier», Rob gab mir ewig viele Entschuldigungen und sagte, manchmal wäre er so dumm und gedankenlos und tut und sagt Dinge, die er gar nicht will. «Bitte verzeih mir Honey». Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich stand einfach nur da und sagte nichts. Wir kommen aus verschiedenen Nationalitäten, haben eine andere Auffassung von Humor, vielleicht sind das auch Probleme die jede Partnerschaft am Anfang hat, weil man den anderen noch nicht so richtig kennt? Ich blieb und packte meine Sachen wieder aus. Ich legte mich ins Bett und dachte, wenn er das noch einmal macht, bin ich weg. Rob kuschelte sich im Bett an mich und schaffte es mein Stimmungsbarometer von Null auf einhundert zu bringen. Er wuselte ein Kondom aus der Verpackung, ich sagte «ich will nicht mit Kondom». Wir ließen es weg, Rob war das nicht so recht, er hätte lieber mit. Ich hatte in dieser Nacht den besten und längsten Sex meines bisherigen Lebens, Rob verstand es mich in Sphären zu katapultieren, die ich nie zuvor kannte. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Sex wirklich genossen und konnte mich unglaublich fallen lassen. Und das nach dieser Aktion. Rob sagte mir, «Honey, du bist die erste Frau nach meiner Exfrau, mit der ich ohne Kondom Liebe gemacht habe».
Nächster Morgen, ich war völlig entspannt, Rob schlief noch, ich machte mir einen Kaffee, trank diesen im Abstellraum neben der Wohnung und konnte da auch rauchen. Ich wollte ihm ein tolles Frühstück machen, der Streit war vergessen.
Ich inspizierte den Kühlschrankinhalt. Fand geräucherten Lachs. Den sollte es geben. Ich wollte einen Dip dazu machen, schaute, woraus kann ich das machen, fand Naturjogurt, Zitronensaft, Zucker, getrocknete Kräuter, Pfeffer und Salz und schnitt süß-saure Sandwichgurken dazu. Dill wäre noch schöner gewesen. Ich kochte einen Kaffee für Rob und weckte ihn. Er nahm seinen Kaffee mit in seinen Raucherraum, brauchte den und einige Zigaretten zum Wachwerden. Ich machte in der Zwischenzeit das tolle Frühstück. Rob war begeistert. Heute war unser Entspannungstag, zu Hause zu bleiben, Fernsehen, Mittagsschlaf, das Dinner bestellen wir uns nach Hause. Der Fernseher lief den ganzen Tag, ein Sender, der nur alte schwarz-weiße Cowboy-Filme. Wir lagen im Bett, Rob und schaute abwechseln Film und News in seinem Tablett. Beides war mir langweilig. Ich versuchte etwas zu schlafen und schlief dann den ganzen Nachmittag.
Gegen acht Uhr am Abend fragte ich dann Rob, wann er denn das Essen bestellen wollte. Er fragte mich, was ich wollte, ist egal, ich mag beides. «Dann nehmen wir indisch». Er müsse erst mal den Flyer vom Inder suchen. Doch das tat er erst eine Stunde später, mit der Begründung: «Honey, es ist zu früh, das Essen zu bestellen». Ich sagte ihm «die Lieferzeit musst du auch noch rechnen», «ja» sagte er, «vom Anruf bis zur Lieferung eine halbe Stunde». Kurz vor elf Uhr hat er dann telefonisch das Essen bestellt. In Deutschland war es kurz vor Mitternacht.
Das Essen war sehr gut, reichlich, scharf und vor allem fettig. Die Knuspertaschen waren gefüllt und frittiert. Die mitgelieferten Dips mit Sahne. Wir hatten zwei verschiedene Sorten Hähnchen bestellt und Rob hat alles so auf die Teller verteilt, dass jeder von jedem etwas bekam, wobei ich natürlich die kleinere Portion wollte. Das Essen kostete 25,00 Pfund. Lieferservice war gratis. Trotzdem ziemlich teuer.
Wir hatten wieder tollen langen, leidenschaftlichen und wunderbar zärtlichen Sex, die Zigarette danach und einen Whiskey. Es war diffuses Licht im Schlafzimmer von einer kleinen Lampe. Ich lag in seinen Armen und wir unterhielten uns leise. Es war so schön, warm und kuschelig. «Rob?» «Yes Honey?» Ich sagte ihm zum ersten Mal, dass ich ihn liebe. So schliefen wir ein.
Diesen Dialog mit «Rob?» und «Yes Honey?» hatten wir hunderttausend Mal, haben immer wieder darüber gelacht und fanden es einfach nur schön.
Sonntag. Gegen Mittag fuhren wir wieder aufs Land. Rob sagt «das ist schöner als Autobahn, man sieht mehr», das stimmt. Sehr schöne Landschaften, alles in frischem Grün. Viele herrschaftliche Anwesen, große Grundstücke mit Häusern, die wie Schlösser anmuten, sogenannte Manor. Toll. Farmen, die an der Straße Schilder aufgestellt hatten und den Verkauf von allen möglichen Produkten anboten. Und immer wieder die typisch englischen Schornsteine auf den Dächern. Wir fuhren nach Blackmore. Kleines altes Dorf, schöne alte Straßenlampen, wie aus dem letzten Jahrhundert, eine typisch englische, rote Telefonzelle. Ein toller und sehr Pub „Blackmore Tea Rooms“. Wir hatten nur Kaffee. Das Kuchenangebot in der Theke sah großartig aus, aber wir hatten gut gefrühstückt. Wir saßen lange im Pub und genossen die Atmosphäre bei einem weiteren Kaffee. Rob sagte mir «wir fahren jetzt noch etwas einkaufen. Du bekommst morgen früh ein original englisches Frühstück, mit Bratwurst, Toastbrot mit Spiegelei, gebratenem Speck und weiße Bohnen in Tomatensoße. Baked beans, sehr traditionell».
Weiterhin erzählte mir Rob, dass er für heute Abend einen Zweiertisch für uns bestellt hat, im besten Pub der Gegend. Dort gibt es das beste Beef und das beste Essen überhaupt.
Am späten Nachmittag lagen wir auf dem Bett. Rob checkte wieder seine News und ob er etwas auf seine Spieltipps gewonnen hat und ich sah ihm dabei zu. Er schaute laufend zu mir und fragte mich, ob alles in Ordnung wäre. War es. Dann legte er sein Tablett neben das Bett, zog seine Hose aus und kuschelte sich an mich, küsste mich so voller Zärtlichkeit und sein Körper reagierte wieder sofort. Wir hatten das erste Mal Sex, ohne vorher geduscht zu haben. Wow. Als ich aufstand, sah ich, dass im Bett drei Geldstücke lagen, sie waren aus Robs Hosentasche gefallen, er hat da immer Unmengen Kleingeld drin. Ich legte mir das Geld flach auf die Hand und fragte ihn, ob das mein Lohn für den Sex ist. Rob sagte «nein», nahm mir das Geld aus der Hand und legte mir eins wieder drauf, dazu sagte er, «das ist für das schöne Frühstück, dass du heute Morgen gemacht hast», als er mir das zweite drauf legte, sagte er «das ist dafür, dass du die Küche aufgeräumt hast», das letzte gab er mir mit der Bemerkung «und das ist für den Sex, aber da ist das Trinkgeld schon mit dabei». Ich habe mich halb kaputt gelacht, was der Mann für Einfälle hat, das glaubt kein Mensch. Es gibt mir aber doch etwas zu denken, ist der Sex mit mir so Scheiße? Oder war es wieder der englische Humor, knochentrocken?
Der Pub „The Old Dog Inn“ in der Nähe von Bentfield war wirklich toll. Altes Gebäude, niedrige Decken innen, alte dunkle Holzbalken, offenes Feuer im Kamin, gemütlich ohne Ende. Wir hatten einen tollen Tisch, Rob bestellte für uns eine Art Radler, aber aus Bitterbier und Limonade. War sehr gut. Er bestellte auch das Essen und sagte, «Honey, vertrau mir». Das Essen war der Hammer. So viele verschiedene Komponenten auf dem Teller, Kartoffelspalten, verschiedene Gemüse, das Fleisch, zwei Soßen und ein trockenes Gepäckstück, ähnlich wie Brandteig oben drauf. Geschmacklich war das alles der Hammer. Auf der Angebotstafel an der Wand wurden noch verschiedene Desserts angeboten. Wir bestellten zwei unterschiedliche und jeder bekam vom anderen die Hälfte. Rob hat hervorragende Essmanieren. Das ist mir auch sehr wichtig. Das Dinner und die Getränke kosteten 45,00 Pfund, Rob gab 50,00. Er sagte, man gibt in England immer ungefähr zehn Prozent Trinkgeld, Tipp. Rob ist da ganz der Gentlemen. In Deutschland sind die Leute nicht so großzügig, obwohl ich auch immer gutes Trinkgeld gebe.
Ich sagte zu Rob, «in den nächsten Zeiten, in denen wir uns wieder sehen, werden wir mehr selber kochen auch zusammen», weil ich weiß, dass er auch gern kocht. «Es ist auf Dauer zu teuer, immer nur Essen zu gehen». Er versprach mir, darüber nachzudenken.
Wir hatten noch eine letzte schöne Nacht. Wir saßen nackt im Bett und schauten im Internet nach Möbeln für Robs Zimmer, nach einem kleinem Esstisch und Stühlen. Wir diskutierten über Wandfarben, warme Farben und kalte Farben. Rob hatte davon noch nie gehört und fragte mal eben schnell bei Google. «Honey, du hast recht», wir einigten uns auf eine gelbe Wand, der Rest weiß und graue Rollos für die Fenster. Wir hatten einen Spaß ohne Ende und aßen jede Menge Pralinen. Rob hielt mir einen Schokoriegel hin und beim Abbeißen splitterte die Schokolade, ich hatte kleine Schokokrümel auf der Brust. Er sagte, «oh Honey du hast dich vollgekrümelt» und küsste mir die Schokolade vom Körper. Wir haben das ganze Bett vollgekrümelten und das Schokoladenpapier lag auch noch mit dazwischen und dann liebten wir uns ein letztes Mal für diesen Monat.
Letzter Morgen. Wehmut, in wenigen Stunden würde mich Rob wieder zum Flughafen fahren. Ich war sehr traurig. Rob sagte, «Honey zur Aufmunterung bekommst du noch das schöne original englische Frühstück, was ich dir versprochen habe» und stellte sich in die Küche. Riesiger Aufwand für das Frühstück. Ich packte meine Sachen, Rob rief aus der Küche «Honey, was möchtest Du auf Dein Sandwich für die Reise?», «Butter und Corned Beef», rief ich zurück. Die Zeit verging, die Vorbereitung des Frühstücks dauerte immer noch an, alles noch in den Ofen, die Spiegeleier noch braten, die baked beans waren auch noch nicht fertig. Rob machte Frühstück für drei, eins davon für Dave. Es wurde immer später, wir hatten ungefähr noch eine Stunde bis zum Aufbruch. Ich drängelte ein bisschen, Rob war im Stress. Mit Stress kann er nicht umgehen. Sein Zeitmanagement war auch eine Katastrophe und organisiert war er auch nicht. Diese Eigenschaften hat er immer sehr an mir gewundert, dass ich organisiert war und meine Zeit gut einteilen konnte.
Endlich Frühstück fertig. Dave freute sich sehr, dass er auch Frühstück bekam und verabschiedete sich gleich von mir, ehe er das Frühstück in seinem Zimmer genießen wollte. Er drückte mich und gab mir seine Visitenkarte, «du kannst dich immer bei mir melden, wenn was ist, E-Mail-Adresse steht auch drauf, ich bin dein Freund». Als Dave mit seinem Teller in seinem Zimmer verschwand, nahm mir Rob die Visitenkarte aus den Händen und zerriss diese, «was der sich einbildet, du brauchst seine Visitenkarte nicht», ich stand da und mir fehlten die Worte.
Das Frühstück war sehr üppig und so kalorienbeladen, aber saulecker. Ich konnte gar nicht alles aufessen. Rob aß meinen Rest auch noch. Ich drängelte, wir müssen los. Mein Flieger ging um 14:10 ab London-Stansted und um 11:45 waren wir immer noch zu Hause. Die Autofahrt zum Flughafen dauert ungefähr vierzig Minuten, wenn alles frei ist. Rob musste sich noch die Haare machen, hatte zu viel Gel erwischt, schimpfte wie ein Rohrspatz, ging noch mal ins Bad und wusch sich über der Badewanne noch einmal die Haare, nach dem Abtrocknen wieder das Gel. Ich hoffte, dass er diesmal mit dem Ergebnis zufrieden war und nicht noch mal Haare waschen ging. Ich habe fast die Krise gekriegt, eine Ruhe hatte der weg, das war unglaublich. Viertel nach zwölf fuhren wir los. Rob sagte immer wieder, «wir schaffen das schon rechtzeitig».
Unsere letzte gemeinsame Fahrt zum Flughafen, ich war sehr traurig, dass unsere paar schönen gemeinsamen Tage schon wieder vorbei waren. Rob legte mir die Hand auf das Knie und sagte, «Honey, sei nicht traurig, wir sehen uns im nächsten Monat wieder, es sind nur vier Wochen bis dahin». Schwacher Trost, ich weinte trotzdem. Der Abschied am Flughafen sollte schnell gehen, weil selbst nur kurz anhalten, und dann weiterfahren auch Geld kostet. Parken am Flughafen ist in London sehr teuer. Als Rob mich am Ankunftstag abgeholt hat, und wir noch das Auto suchen mussten, kostete ihn das 17,00 Pfund.
Rob hielt, stieg aus, ging nach hinten, lud meinen Koffer aus drückte mich und küsste mich ein letztes Mal sehr lange und zärtlich und sagte mir, dass er mich jetzt schon vermisst und wir uns bald wieder sehen werden. Stieg wieder ins Auto, winkte noch einmal und war weg. Ich überquerte die Straße und ging auf das Flughafengebäude zu. Ich hatte etwa noch eine Stunde Zeit, musste ja nicht mehr einchecken. Zeit für eine letzte Zigarette in England und dann nur Pass- und Gepäckkontrolle. Der Weg zum Gate war sehr lang und man war fast fünfzehn Minuten unterwegs. Nochmals Pass- und Ticketkontrolle, dann saß ich im Flugzeug. Start war pünktlich. Die Sicht gut, ich konnte die Autobahn sehen, die kleinen Autos, die wie Spielzeug aussahen und links fuhren. Meine Augen suchten ein schwarzes Auto. Dann kam eine Wolke und wir stiegen in den Himmel auf.