Читать книгу Medienpsychologie - Sabine Trepte - Страница 32
Definition
ОглавлениеDie automatisierte Inhaltsanalyse ist ein Oberbegriff für Verfahren zur systematischen Erhebung und Auswertung digital vorliegender Datensätze. Die Messung, also der Codiervorgang, basiert auf einem Algorithmus, der entweder (a) explorativ Kategorien identifiziert oder (b) die Daten hypothesengeleitet nach vorgegebenen Kategorien durchsucht.
Computational Social Science und auch die automatisierte Inhaltsanalyse wird in psychologischen Studien angewendet. Beispielsweise analysierten Youyou et al. (2015) inwiefern die Likes von Internetnutzer:innen einen Rückschluss auf ihre Persönlichkeit zulassen. In einem ersten Schritt wurden Persönlichkeitstests mit den Likes der User:innen abgeglichen und nach Mustern gesucht. Dazu griffen die Autor:innen auf kurze Persönlichkeitsfragebogen, die 70 000 Facebook-Nutzer:innen auf Facebook ausgefüllt hatten, und auf die Likes dieser Personen zurück. Beides wurde den Autor:innen von Facebook zur Verfügung gestellt. Die Autor:innen entwickelten einen Algorithmus zur Identifikation von Zusammenhängen zwischen spezifischen Persönlichkeitsmerkmalen und Likes. Im nächsten Schritt sagten die Autor:innen die Persönlichkeit der User allein anhand der Likes vorher. Diese Vorhersage fiel ähnlich gut, teilweise sogar besser aus als eine Vorhersage der Persönlichkeit durch Freunde oder Bekannte. Dieses Vorgehen wird in ganz ähnlicher Weise in der Markt- und Meinungsforschung und zur Aussteuerung von Werbung in Form von Behavioral Targeting verwendet.
Für die medienpsychologische Forschung sind Inhaltsanalysen von großer Bedeutung. Sie ermöglichen uns, Medien, deren Inhalte und Beschaffenheit, als »Stimuli« des menschlichen Erlebens und Verhaltens besser zu verstehen. Ein tiefgehendes Verständnis der Medienangebote ist erforderlich, um Rückschlüsse auf das Erleben und Verhalten zu ziehen. Darüber hinaus liefern vor allem automatisierte Inhaltsanalysen den Vorteil, dass sie auch die Kommunikation der Nutzenden erfassen. Ethisch bringen die Computational Methods viele offene Fragen mit sich. Können wir öffentlich verfügbare Daten zur Kommunikation der Nutzenden ohne Abstimmung und ohne ihr Einverständnis verwenden? Öffentliche Verfügbarkeit von Daten ist nicht gleichbedeutend mit dem Einverständnis der Verwendung für die Forschung. Eine ethische Debatte wird dazu zunehmend geführt (Breuer, et al., 2020; Collmann & Matei, 2016; Zimmer & Kinder-Kurlanda, 2017).