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Jack kam früh nach Hause. Die Mädchen waren noch bei ihren Freundinnen oder in der Mall, oder wo immer sonst sie sich die freien Spätsommernachmittage vertrieben. Er stellte das Radio in seinem Schlafzimmer so laut, dass er es bei geöffneter Badezimmertür unter der Dusche hören konnte, und sang aus voller Kehle mit, schließlich hörte ihn niemand. Er entdeckte einen Schnitt an seiner Hand, der ihm vorher nicht aufgefallen war, und säuberte ihn. Handwerkerhände waren immer dreckig, eine Entzündung konnte er nicht gebrauchen.

Nach dem Duschen zog er sich an und ging nach hinten in den Garten, zupfte eine halbe Stunde lang Unkraut und warf die Pflanzen in eine alte, verrostete Schubkarre, die früher knallorange gewesen war. Dann schob er die Karre vor das Haus und machte dort weiter. Am Wochenende würde er den Rasenmäher herausholen und das Gras richtig schneiden.

Irgendwie kam ihm die Schubkarre schwerer vor, als er sie wieder nach hinten rollte, was nicht an den welkenden Pflanzen lag, sondern an seiner plötzlich düsteren Stimmung. Er leerte den Inhalt der Karre in die Mülltonne und stellte sie in die Garage zurück.

Im Haus war es sehr still. Jack stellte sich vor, wie es sein würde, wenn Marina und Lidia ausgezogen wären, was seine trüben Gedanken nur verstärkte.

Wenn die Schule wieder anfing, würde Marina in ein Community College gehen, irgendwo in der Nähe. Sie würde zu Hause wohnen und in ihrem Bett schlafen, und Jack würde für sie sorgen, wie er es immer getan hatte. Das Gleiche galt für Lidia. Er hatte es ihnen nie gesagt, aber sie wussten, so lange er lebte, waren sie bei ihm immer zu Hause. Das hatte er Vilma versprochen, und er würde sich daran halten.

»Bier«, sagte er laut. Er holte eine Flasche und ließ sie schwitzen, bevor er sie öffnete. Dann setzte er sich auf den alten La-Z-Boy-Sessel im Wohnzimmer und starrte die dunkle Mattscheibe des Fernsehers an. Er konnte das Parfüm riechen, das Lidia neuerdings trug. Das Sofa war wie ihre Kommandozentrale, sie legte die Füße hoch und lebte per Handy.

Er hörte Marinas Wagen in der Auffahrt und wartete. Die Schlüssel klimperten. Sie kam herein und sah ihn.

»Du trinkst alleine?«, fragte sie.

»Nur eins«, sagte er.

»Ich hab die Flaschen im Kühlschrank gezählt, ich weiß also, wenn du lügst«, erwiderte sie und hängte ihre Tasche an den Haken neben der Tür.

»Hast du nicht«, sagte er.

»Vielleicht nicht, vielleicht doch. Wer weiß.«

»Das ist das erste und einzige Bier«, wiederholte Jack.

»Ich glaube dir.«

Marina kam ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa. Jack sah, dass sie eine neue Bluse und frische Jeans und Pumps anstelle von Turnschuhen trug. »Hübsch siehst du aus«, sagte er.

»Ach, das? Ich bin bei dem Ohrringladen vorbeigegangen, von dem ich dir erzählt hatte, und habe mit der Managerin gesprochen. Ich wollte professionell wirken, weißt du?«

»Klar, verstehe ich.«

»Sie hat gesagt, ich kann nächsten Dienstag zu einem Vorstellungsgespräch kommen. Sie meinte, das ist bloß eine Formalität, aber so sind die Regeln.«

Jack nickte. Es war nur noch ein Schluck Bier in der Flasche, er hob sie an den Mund.

»Es werden nur ein paar Stunden sein, vielleicht zehn pro Woche. Aber das ist für den Anfang gut, stimmt’s?«

»Stimmt.«

»Ginny sagt, eins von den anderen Mädchen kündigt vielleicht bald, dann könnte ich auch ihre Stunden übernehmen. Dann kommt was zusammen.«

»Mhm«, stimmte Jack zu. »Weißt du, wo deine Schwester ist?«

»Mit Saundra unterwegs, glaube ich. Sie wollten ins Kino gehen.«

»Solange sie zum Abendessen zu Hause ist.«

»Keiner verpasst das Abendessen, Jack«, sagte Marina und stand auf. »Soll ich dir noch ein Bier holen?«

»Wenn du mir vertraust.«

»Wie gesagt: Ich hab sie abgezählt.«

»Okay, ich nehme noch ein Bier.«

»Kommt sofort.«

Vermisst

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