Читать книгу Gift - Sandra Schaffer - Страница 19
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Mark hatte darüber nachgedacht, bei Abigail Roberts vorbeizufahren, ihr von seinem Gespräch mit dem Barkeeper zu erzählen, entschied sich dann aber doch dagegen. Vielleicht war es besser, wenn sie noch nicht erfuhr, dass seine Neugier doch gesiegt hatte. Stattdessen fuhr er nach Hause.
Mark hatte sich gerade hingelegt und wollte noch ein paar Stunden Schlaf finden. Immer wenn er einen Fall hatte, egal ob er nur einen untreuen Ehemann entlarven oder einen Mord aufdecken sollte, ging ihm so viel durch den Kopf, dass er nachts nicht richtig zur Ruhe kam. Sobald er sich hinlegte, fing sein Kopf an, auf Hochtouren zu arbeiten. Gerade als er doch endlich einschlief, klingelte sein Handy.
„Hallo?“, fragte er.
„Mr. Fallon? Hier Creek, der Barmann.“
Mark setzte sich auf und blickte auf seinen Radiowecker. Zwei Uhr fünfundvierzig. Oh Mann!
„Mr. Creek, es ist mitten in der Nacht! Was kann so wichtig sein, dass es nicht bis zum Morgen warten kann?“
„Verzeihung, Mr. Fallon, aber mir ist noch etwas eingefallen.“
Mark holte tief Luft und mahnte sich zur Ruhe. „Und was?“
„Der Tag, an dem der Mann starb, da fragte ich ihn, ob er auf irgendwen wartete. Ich war neugierig, wissen Sie?“
„Mr. Creek, bitte, kommen Sie zur Sache!“
„’tschuldigung. Er sagte, er wartete auf eine Frau.“
„Auf eine Frau? Das hat er tatsächlich geantwortet?“ Plötzlich war Mark wieder hellwach.
„Ja, Sir, hat er.“
„War diese Frau dort?“
„Wenn ja, dann ist sie mir nicht aufgefallen. Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann, aber ich dachte, das könnte wichtig sein.“
Das könnte es tatsächlich! „Danke, Mr. Creek.“ Mark legte auf, ehe der Mann am anderen Ende der Leitung noch etwas sagen konnte.
* * *
Mark saß in seinem Büro und grübelte. War es vielleicht doch eine Affäre? Wenn nicht, aus welchem Grund sollte ein Mann sonst abends in einer Bar auf eine Frau warten? Eine schwarze Witwe? Oder doch nur eine verschmähte Geliebte?
Mark klappte das Notebook auf und gab Giftmord, New Orleans und Bar in die Suchmaschine ein. Mehr als eine Million Treffer erschienen auf dem Bildschirm. Zeitungsausschnitte, die von Frauen erzählten, die ihre Männer mit einem Tablettencocktail vergifteten oder auch andere Frauen, ihre Konkurrentinnen. Selbst wie man einen Giftmord beging ohne erwischt zu werden, fand sich in den Suchergebnissen. Doch nur ein Artikel weckte tatsächlich Marks Interesse. Rund um New Orleans waren Männer durch das Gift des Oleanders gestorben, genau wie Mrs. Roberts’ Ehemann, wie sie ihm erzählt hatte. Nur ein Detail passte nicht. Diese Männer waren alle in Motelzimmern gestorben, während Mr. Roberts in einer Bar den Tod fand. Trotzdem war es das wert, der Sache auf den Grund zu gehen.
Mark druckte sich den Artikel aus und ging dann zu seinem Wagen. Den Artikel mit den fünf Städten, Kenner, Lafayette, Baton Rouge, Hammond und Slidell, legte er auf den Beifahrersitz, dann machte er sich auf den Weg.
Er wollte in Kenner anfangen, die Stadt lag am nächsten zu New Orleans und war über die Interstate 10 schnell zu erreichen.
Mark spürte, wie das Adrenalin in ihm hoch kochte und mit ihm ein Gefühl, das er zuletzt vor zwei Jahren gespürt hatte. Ein Gefühl, von dem er geglaubt hatte, es mit dem Verlassen des Polizeidienstes verloren zu haben! Ein Gefühl, dass es richtig war, dass er genau hierher gehörte, zu diesem Fall! Das Schicksal wollte, dass er wieder ermittelte! Deshalb hatte es Abigail Roberts geschickt, um ihm zu zeigen, wozu er berufen war, nämlich Verbrechen aufzuklären! Er musste damals New York verlassen, um nun hier sein zu können. Hier in New Orleans! Um eine Männer mordende Frau zu jagen!
Seit Langem schon hatte er sich nicht mehr so gut gefühlt, so voller Energie und Tatendrang! Er wusste, dass es ihm bestimmt war, diesen Fall zu lösen. Er wusste es einfach!
* * *
„Sie haben also keine Ahnung, wer den Mann ermordet hat?“ Mark war sauer. Der leitende Detective schien Spaß daran zu haben, Mark an der Nase herum zu führen. Er sagte zwar, dass er Mark nicht helfen konnte, doch Mark kam es eher so vor, als ob dieser Cop ihm gar nicht helfen wollte! Sobald er gehört hatte, dass Mark Privatdetektiv war, fing er an zu mauern.
„Hören Sie mal, Kumpel! Diese verfluchte Tussi ist wie ein Geist! Sie ist wie vom Erdboden verschluckt. So, als hätte es sie nie gegeben. Also, nein, ich habe keine Ahnung! Und mir wäre es lieber, wenn Sie jetzt gehen.“ Damit ließ der Detective Mark stehen und verschwand in einem anderen Raum.
Wutentbrannt verließ Mark das Dezernat. Wenn es bei den anderen vier Dienststellen genauso lief, war seine Fahrt völlig umsonst gewesen!
Und tatsächlich, in den nächsten drei Städten, waren die Beamten ebenso unkooperativ wie der Kerl in Kenner. In Hammond befand es der Detective nicht einmal für notwendig, Mark gegenüber zu treten. Er schickte einen Officer, der ihm mitteilte, dass man Privatdetektiven keine Auskunft gab.
Marks euphorisches Gefühl vom Morgen war nun gänzlich verschwunden. Ohne große Hoffnung machte er sich auf nach Slidell. Er glaubte nicht, dass man dort netter mit ihm umgehen würde. Und wie vermutet, wollte ihm auch der Detective der letzten Stadt auf seiner Liste nicht weiterhelfen. Doch redete dieser nicht um den heißen Brei herum, sondern sagte klar heraus, was er von Privatdetektiven hielt.
„Ich werde sicher nicht mit einem Mann über eine laufende Ermittlung sprechen, der kein Cop ist, als Privatdetektiv aber denkt, Polizist spielen zu können. Ich sage Ihnen mal etwas, Mr. Fallon, mir ist egal, ob Sie mal ein Cop waren. Jetzt sind Sie jedenfalls keiner mehr. Also überlassen Sie die Ermittlungen den Profis!“
Niedergeschlagen ging Mark zu seinem Wagen zurück. Er hatte so sehr gehofft, Abby ein paar gute Nachrichten überbringen zu können. Aber das Einzige, was er auf seiner Fahrt erfahren hatte, war, dass Privatdetektive bei Cops nicht unbedingt einen guten Ruf genossen. Ganz im Gegenteil, sie erachteten Privatdetektive eher als Störfaktoren. Trotzdem, irgendwie bekam er schon, was er wollte. Er war sich sicher, dass die Cops mehr wussten, als sie preisgaben. Und egal wie sehr sie sich dagegen sperrten, ihm helfen zu wollen, an die notwendigen Informationen würde er auch auf andere Weise gelangen.
„Verzeihung.“
Mark schrak zusammen. Ein junger Mann stand vor dem Fahrerfenster und blickt zu Mark hinab. Er trug Polizeiuniform und wirkte ein wenig nervös.
„Kann ich Ihnen helfen, Kleiner?“, wollte Mark wissen. Er mochte es gar nicht, wenn andere sich anschlichen.
„Ich habe vorhin Ihr Gespräch mit Detective Olden mitbekommen“, begann er, doch dann stockte der Junge.
„Ja, und?“ Mark wurde langsam ungeduldig. Es war schon spät, die Sonne ging mittlerweile unter. Mark hatte den Großteil des Tages im Auto verbracht und war müde von der langen Fahrt. Er wollte nach Hause und dieser Junge hielt ihn davon ab.
„Na ja. Ich habe eine Information, die Ihnen vielleicht weiterhelfen könnte.“
„Dann raus damit, Junge! Ich habe nicht ewig Zeit.“ Mark war sich bewusst, dass er ein wenig zu schroff war, doch er konnte sich nicht mehr zügeln. Wenn dieser Junge nicht bald zum Punkt kam, fürchtete Mark, noch auszurasten.
Den jungen Polizist jedenfalls machte seine Reaktion nur noch nervöser, doch er sprach weiter. „Die Frau, die diesen Mann vergiftet haben soll, stammt irgendwo aus Osteuropa. Ein Zimmermädchen ging an dem Zimmer vorbei, kurz bevor der Mann starb. Dabei hörte sie, wie sich die beiden unterhielten.“
Das war interessant! „Und sie ist sich sicher, was den Akzent der Frau betrifft?“
Der junge Polizist nickte. Dann blickte er sich auf dem Parkplatz um. „Ich muss jetzt gehen“, sagte er.
„Danke“, rief Mark ihm noch hinterher, während der Junge zwischen den parkenden Autos verschwand.