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2.4.3 Rahmung

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Der dritte Aspekt literarischer Performativität, der für diese Arbeit von grosser Bedeutung ist, ist die Rahmung. Auch die Wirkmacht von Rahmungen ist in verschiedenen Theorien des Performativen bereits hervorgehoben worden. Sprachliche Handlungen können nur innerhalb bestimmter Rahmen bzw. Bedingungen funktionieren. Rahmungen sind sowohl Gelingens- wie auch Misslingensbedingungen für sprachliches Handeln. Ähnlich wie die Wiederholung können sie für allgemeine Gültigkeit sorgen, können aber auch performative Akte aktualisieren und in einen neuen Zusammenhang stellen: „[…] etwa wenn ‚eine bestimmte Tätigkeit, die bereits im Rahmen eines primären Rahmens sinnvoll ist, in etwas transformiert wird, das dieser Tätigkeit nachgebildet ist, von den Beteiligten aber als etwas ganz anderes gesehen wird“.1 In der Kunst, sei es z.B. im Theater oder eben in der Literatur sind derartige Übertragungen möglich und werden gleichzeitig auch als solche kenntlich. Herberichs/Kiening über den Unterschied von Rahmen alltäglicher Sprechakte und solchen in der Literatur:

In literarischen Texten ist dies [das Mitthematisieren des Rahmens] konstitutiv – schon Friedrich Schlegel notierte sich 1797: ‚Jedes Kunstwerk bringt den Rahm[en] mit auf die Welt‘. Es hat ja, wie angedeutet, seine Eigengeltung erst herzustellen, und es tut dies, indem es Rahmenbedingungen entwirft, unter denen jene Geltung sich zu ergeben hätte.2

Wieder rückt das Performative eine paradoxe Situation in den Blick: Texte sind nicht einfach das Innere, das von dem sie umgebenden Rahmenäusseren bestimmt wird. Das Verhältnis von Innen und Aussen ist komplexer: „[Die Texte] sind vielmehr ein „Inneres“, in dem das „Äussere“ seinerseits enthalten ist – aber eben nur im Modus des „Inneren“, hier also unter den Gegebenheiten von (literarischer Textualität).“3 Unter der Rahmung als Aspekt literarischer Performativität kann man so die komplexe Schnittstelle zwischen Innen und Aussen eines Textes sehen. Dabei muss man in einer Analyse unterscheiden zwischen dem, „was den Vollzug eines Textes allgemein kulturell und spezifisch situativ bestimmt, und dem, was der Text hinsichtlich seiner eigenen Wirkung und Verdauerung selbst zum Einsatz bringt – durchaus nicht nur in Übereinstimmung mit, sondern oft auch in Abweichung von kulturellen Mustern.“4

Zusätzlich zu den textuellen Rahmungen weisen vormoderne Handschriften (ebenso natürlich moderne Werke) auch aussertextuelle Rahmungen auf. Deshalb ist eine Lektüre von Texten, die in solchen Handschriften überliefert sind, nur umfassend, wenn sie auch derartige Rahmen beachtet: „Schon die jeweilige Ausstattung von Codices trägt zur Perspektivierung von Texten bei: Beigegebene Marginalien, Rubrizierungen und Überschriften sind Signale, die auf die Geltung der Texte rückwirken. Verschränkungen von Text und Bild sorgen für wechselseitige Rahmungen.“5 Derartige Verschränkungen finden sich mehrere im Codex Upsaliensis, sie führten unter anderem zu seiner Wahl als zentrales Werk dieser Arbeit. Ihre spezifischen Ausgestaltungen werden in Kapitel 3.2 untersucht. Durch eine vergleichende Untersuchung solcher Rahmen liesse sich auch Interessantes über die unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Edda-Versionen sagen, was aber hier nicht im Vordergrund steht. Aber auch andere, der Handschrift beigefügte Texte können die Wahrnehmung eines bestimmten Textes beeinflussen und seinen Deutungsrahmen verändern. Einen direkten Einfluss auf die Wirkung eines Texts haben natürlich auch rahmende Paratexte:

Pro- und Epiloge, Pro- und Epimythien gehören in verschiedenen Textgruppen konstitutiv zur literarischen Struktur. Sie lassen den Akt des Erzählens und die Aktualität des Erzählten aufscheinen; z.B. indem sie Situationen von Mündlichkeit fingieren, die Rezeptions- als eine Dialogssituation inszenieren und deiktische Verweise einsetzen. Sie pointieren derart die Ereignishaftigkeit und die Literarizität des Erzählens, ohne selbst ausserhalb des literarischen Textes verortet zu sein.6

Ein Rahmen kann einem Text Geltung verleihen, dient gleichzeitig aber als Markierung für die prekäre Situation dieser Art von Geltungsstiftung. Ein Rahmen kann immer auch als reflexives Moment eines Textes verstanden werden. Eine der bekanntesten und komplexesten Rahmensituationen im Zusammenhang mit der P-E ist sicherlich in Gylfaginning zu finden. Wie sich da ein rahmender gelehrter Lehrer-Schüler-Dialog mit dem Rahmen eines nordischen Wissenswettstreits verbindet und die verschiedenen literarischen Ebenen ihre Rahmungen ausstellen, ist Thema von Kapitel 3.3.2.

Handeln mit Dichtung

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