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Kapitel 8 - Kian

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Er konnte es nicht fassen. Dieses Mädchen war unglaublich. Fasziniert betrachtete er sie, während sie neben ihm herging und seit sie losgelaufen waren, unaufhörlich redete. Nicht ein Mal langweilte ihn das, was sie zu sagen hatte. Ihre Art zu sprechen, die Wärme und Herzlichkeit, die in ihrer Stimme lag, berührten ihn tief. Als sie schließlich vor dem Haus angekommen waren, in dem sie lebte - ein hübsches Mehrfamilienhaus aus roten Backsteinen, in dem sie, wie sie sagte, die Wohnung im ersten Stock bewohnte - ergriff er ihre Hände und blieb dicht vor ihr stehen. Sie lächelte kaum merklich, bevor er sie küsste. Ihre Lippen fühlten sich so weich und berauschend an, dass er am liebsten nie wieder etwas anderes getan hätte, als das hier. So musste es sich anfühlen, wenn man eine dieser Drogen nahm, die pures Glück verhießen. Sie war seine Droge und er konnte nicht genug von ihr bekommen. Er hob die Hände, vergrub sie in ihren dichten Locken und spürte ihre Finger, die auf seiner Brust lagen. Vorsichtig strich sie darüber und er keuchte leise. Überrascht löste er den Kuss. Ihre Augen waren ein wenig geweitet, doch sie schien nicht zu verstehen, was ihn seine Konzentration gekostet hatte.

»Tut... tut mir leid.«

»Was denn?« Sie klang verwirrt. Er strich über ihre blassen, weichen Wangen und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.

»Nichts... schon gut«, flüsterte er. Sie lächelte ihn an und schlang die Arme um seinen Hals.

»Ich möchte nicht, dass du gehst«, flüsterte sie dicht an seinem Ohr. Er schlang die Arme fest um sie und sagte sich, dass es nicht gut wäre, auf ihre Worte einzugehen. Viel zu früh! Auch wenn er sich schon jetzt nach ihr verzehrte.

»Sehen wir uns morgen?«, fragte er leise und strich ihr über den Hinterkopf.

»Unbedingt«, gab sie zurück und drängte sich näher an ihn. Er atmete hörbar aus. Nein... Warum nur konnte er sich so schlecht beherrschen? Er musste jetzt nach Hause gehen. Das war das Beste. Er gab ihr einen letzten Kuss und schob sie mit einem bedauernden Lächeln in Richtung Haustür. Er wartete und blieb an der Straße stehen, bis sie im Haus verschwunden war. Eine Minute später wurde im ersten Stock das Licht eingeschaltet. Er musste lächeln und wandte sich dann zum Gehen.

Chris und er hatten ein paar Straßen weiter eine Wohnung gemietet. Warum war er Khyra eigentlich nicht früher begegnet? Oder hatte er sie bloß nicht wahrgenommen? Er strich sich gedankenverloren über die Unterlippe und fragte sich, ob sie genauso glücklich war, wie er. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie einander besser kannten, doch er war zuversichtlich. Weshalb er sich so sicher war, konnte er sich nicht erklären. Vielleicht war es ihre Offenheit, ihre Herzlichkeit... und ihre Augen, die bis auf den Grund seiner Seele zu blicken schienen.

Chris war noch nicht zu Hause, als Kian die Wohnung betrat. Er schaltete das Licht ein und starrte einen Moment sein Spiegelbild an. Seine Augen leuchteten und er konnte nicht aufhören zu grinsen. Und dann stürmte er in sein Zimmer, warf seine Lederjacke auf das Bett und packte die Gitarre aus. Er setzte sich auf die Decke, nahm das Instrument auf den Schoß und ließ sich nach hinten in die Kissen sinken. Er konnte nicht anders. Auch wenn es drei Uhr morgens war und er den ganzen Abend nichts anderes getan hatte, er musste einfach singen. Die neuen Melodien, die ihm durch den Kopf gingen, die Worte, die aus seinem Mund drangen, sie waren für Khyra bestimmt. Sie war seine Muse. Der Gedanke ließ ihn grinsen.

»Hey, sag mal spinnst du?«

Er zuckte zusammen und hörte sofort auf zu spielen. Die Fingerkuppen seiner linken Hand brannten. Er hatte heute eindeutig zu viel Gitarre gespielt.

Chris stand in seiner Zimmertür.

»Mister White kam gerade aus seiner Wohnung, als ich nach Hause kam. Er hatte eigentlich geplant, heute Nacht zu schlafen und nicht dir beim Singen zuzuhören.«

Kian musste grinsen, legte aber seine Gitarre bei Seite.

»Sorry.«

Chris verdrehte die Augen.

»Geh pennen, du Idiot!«, sagte er und grinste ebenfalls.

»Ich glaub, ich kann nicht.«

Er warf sich zurück in das Kissen und Chris tat es ihm gleich. Beide lagen sie mit verschränkten Armen da und starrten an die Decke.

»Du bist komplett irre, oder?«

Kian lachte.

»Ich glaub schon.«

»Erzähl schon!«

»Was willst du wissen?«

»Na, du kannst kaum die Finger von ihr lassen.« Chris grinste.

»Penner!«, gab Kian zurück und schlug seinem Bruder gegen die Schulter.

»Nein, jetzt mal im Ernst. Liebst du sie?«

»Ich weiß nicht. Kann man das sagen, wenn man sich erst zwei Mal gesehen hat?«, fragte Kian und richtete sich auf. Er drehte einen Zipfel seiner Bettdecke zwischen den Fingern.

»Und die Hälfte der Zeit nur geknutscht hat?« Chris lachte wieder.

»Du bist unmöglich. Wir haben auch schon viel geredet... Naja... nicht allzu viel. Aber... ach egal. Du bist und bleibst ein Blödmann.«

Chris lachte ihn aus, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Kian stöhnte, ließ sich vorn über fallen und schrie in sein Kopfkissen. Dann fingen Chris und er gleichzeitig an zu lachen.

»Und was ist mit ihrer Schwester?«

Chris zuckte zusammen und sein Lachen wich einer nachdenklichen Miene. Er knetete die Finger und wich seinem Blick aus.

»Irgendwas stimmt nicht mit ihr«, sagte er leise.

»Wie meinst du das?« Kian musterte seinen Bruder. Das angespannte, nachdenkliche Gesicht kam ihm merkwürdig unvertraut vor. Chris machte sich normalerweise keine Sorgen um andere Menschen. Nicht um fast vollkommen Fremde, jedenfalls.

Er zögerte.

»Ich weiß nicht genau. Ich versuch‘s rauszufinden.«

»Heißt das, du triffst dich mit ihr?«, fragte Kian überrascht. Sein Bruder hatte sich ewig nicht mit Frauen getroffen.

»Ja, morgen.«

Kian grinste ihn an.

»Halt dich ran.«

Doch Chris ging nicht darauf ein.

»Sie hat einen Freund, Kian.« Er stand auf und verließ das Zimmer. Kian blickte ihm nach und schüttelte ungläubig den Kopf. Was war los mit seinem Bruder?

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