Читать книгу Dämonenstern - S.C. Keidner - Страница 11

8

Оглавление

Neben dem Aushorchen der Teammitglieder übermittelte Alocas Hubur einen Plan der Raumfähre, die die Größe eines Mittelstreckenflugzeugs der Gaianer hatte. Sie war elliptisch geformt und auf den Namen ‚Umhambi‘ getauft worden, was in einer der Sprachen der Gaianer ‚Reisender‘ bedeutete. Vorne befand sich das Cockpit, dahinter der Hauptraum, unterteilt in Passagier- und Frachtbereich. Die Treibstofftanks befanden sich im Unterboden und den Tragflächen. Der Passagierbereich war gleichzeitig der Hauptarbeitsbereich, von dem aus die Systeme kontrolliert und gewartet wurden. Jeder Passagier hatte eine schmale Koje. Die Toilette war abgetrennt und funktionierte mit Unterdruck. Duschen würde es erst auf Nyx geben. Bis dahin musste man sich mit Feuchttüchern und Seifenwasser aus Paketen behelfen.

Die Umhambi war als senkrecht startendes Fluggerät konzipiert, eine Lösung, um das Problem fehlender Startbahnen auf den Welten, die von ihr erforscht werden sollten, zu umgehen. Konventionelle senkrecht gestellte Triebwerke wurden ausschließlich für Start und Landung der Raumfähre genutzt. Sobald sie sich damit in das Wurmloch und den Weltraum manövriert hatte, wurden Ionentriebwerke eingeschaltet.

Er schickte auch Pläne der Anlage, die den Tunnel öffnete. Sie lag tief unter der Erde, was nicht überraschend war. Auf Nyx wurde es mit den Portalen genauso gehandhabt. Wurmlöcher überwanden Zeit und Raum und es war daher gleich, wo man sie öffnete. Außerdem bedeutete dies ein Höchstmaß an Sicherheit.

Die Anlage bestand aus einem Hangar, den Kontrollräumen und der Energiegewinnung. Im Hangar befand sich der riesige kreisförmige Generator, in dessen Mitte sich das Wurmloch öffnete. Davor stand auf einer Rampe die Umhambi, die mit einem der enormen Lastenaufzüge hinuntergebracht worden war.

Soweit war die Informationsbeschaffung einfach. Wo er nicht weiterkam, war, wie die Gaianer auf Nyx gestoßen waren. Es gab keinen Hinweis darauf, wo die Koordinaten herkamen. Keine elektronische Spur, keine Memos, keine Berichte über Tests möglicher Tunnel. Fast schien es, als seien die Koordinaten einfach ins System eingegeben worden. Der Gelehrte in ihm sagte, dass es solche Zufälle durchaus gab. Der Soldat, dass solche ‚Zufälle‘ seltsam waren.

Hubur nickte, als er ihm seine Gedanken darlegte. „Ich werde die Pläne an die Gelehrten weitergeben. Aber es sieht mehr und mehr danach aus, dass den Gaianern geholfen wurde. Versuche, den Verräter zu finden.“

Alocas hatte ihm über die Teammitglieder berichtet. Lissa, Rio und Mac konnte er inzwischen relativ sicher als Nyxaner ausschließen, die anderen musste er sich noch vorknöpfen. „Es kann auch jemand sein, der nicht an der Expedition teilnimmt“, warnte Hubur. „Solange wir nicht wissen, aus welchem Grund den Gaianern geholfen wurde, müssen wir in alle Richtungen denken.“

Alocas beendete die Kommunikation. Er hatte einen großen Erfahrungsschatz, was Erkundungen anging, und konnte es in den Knochen fühlen, dass er sich an dieser die Zähne ausbeißen würde. Es gab keinerlei Anhaltspunkte für ihn, kein Gesicht, keinen Namen, und nur eine vage Vorstellung, dass der Gelehrte wahrscheinlich eher ein Techniker, ein Physiker oder ein Ingenieur, war. Und ein Syd, da die Sicherheitvorkehrungen zu hoch waren, als dass man sie mit Geisteskräften lange täuschen konnte. Was die Zahl der Verdächtigen kaum vernünftig eingrenzte. Wie konnte er ihn also finden? An dem Projekt war eine unüberschaubare Zahl von Gaianern beteiligt. Viele der Forscher, die einmal an der Technologie gearbeitet hatten, befanden sich nicht mehr in der Anlage. Die Projekte der Gaianer funktionierten so. Man war eine bestimmte Zeit lang für die GSA tätig, meist zwei Jahre, dann folgte der nächste Wissenschaftler. Der Verräter konnte inzwischen überall sein.

Er knirschte frustriert mit den Zähnen. Er hatte noch nie auf einer Erkundung versagt, doch jetzt standen die Zeichen denkbar schlecht. Aber Scheitern war keine Option. Er würde sich weiterhin einen Wissenschaftler nach dem anderen vornehmen, angefangen mit dem Team und den direkt an der Umhambi und der Expeditionsvorbereitung Beteiligten.

Zu einer möglichen Sabotage hatte er sich erste Gedanken gemacht. Die Raumfähre zu manipulieren oder gar zu zerstören, war sinnlos. Es gab Ersatzfähren. Am nachhaltigsten konnte man das Projekt stören, wenn man die Energiegewinnung lahmlegte. Nur hatte er trotz seiner hohen Sicherheitsfreigabe keinen Zugang dazu.

Sicherlich konnte er seine Geisteskräfte nutzen. Kameras und Scanner konnte er ausschalten, Roboter in ein anderes Gebäude schicken, dem Personal die Gestalt eines für den Bereich autorisierten Mitarbeiters suggerieren. Nur würden reihenweise ausfallende Kameras und Scanner zu einem Alarm führen. Es bestand die Gefahr, eine versteckte Kamera oder einen Wachroboter zu übersehen. Und er würde jemanden mit den notwendigen Freigaben erst einmal identifizieren müssen. Den er dann zur Sabotage zwingen konnte. Das Vertrackte war allerdings, dass er demjenigen entweder eine fertige Bombe in die Hand drücken musste – die sich kaum unbemerkt auf das Gelände schmuggeln ließ – oder ihm genaue Anweisungen zur Lahmlegung der Technik geben musste. Dafür brauchte er die Konstruktionsplände der Energiegewinnung, die er bei seinen bisherigen Hackerangriffen auf das System nicht gefunden hatte. Beim Hacken musste er extrem vorsichtig vorgehen. Je sensibler das System, desto schwieriger war es, heimlich hineinzugelangen. Das bedeutete, dass sich seine Nachforschungen in dieser Hinsicht zogen.

Bevor er diesen mühseligen Weg weiter beschritt, vereinbarte er mit Hubur, etwas anderes zu versuchen.

Ihm war eine Idee gekommen, als die Demonstranten zurückgekehrt waren. In einem Bericht des lokalen Fernsehens wurden einige von ihnen interviewt. Zwei Männer taten geheimnisvoll, spielten darauf an, dass es in der Anlage Mitarbeiter gäbe, die der Portaltechnologie kritisch gegenüberstünden.

Alocas hatte sich die Gesichter und Namen der beiden Männer gemerkt. Er würde bei nächster Gelegenheit die Anlage verlassen, vorgeblich, um in Nowosibirsk Einkäufe zu tätigen. Dann würde er sich wandeln, die Männer suchen und herausfinden, wer in der Anlage den Zielen der Demonstranten nahestand. Wen er zum Zweck der Sabotage eventuell nutzen konnte. Oder ob es gar schon Sabotagepläne gab.

Aber das musste bis zum Wochenende warten, da er bis dahin einen vollen Terminkalender hatte. Die Arbeit von Anders Larsson, dem Wissenschaftler aus Schweden, wollte auch erledigt werden.

Mit dem Entschluss ging er in den Aufenthaltsraum, zog sich eine Cola. Kaum hatte er es sich gemütlich gemacht, kamen Rio, Lissa, Neo und Jian dazu und schalteten die Filmanlage an.

„Wir wollen uns Interstellar ansehen.“ Lissa ließ sich neben ihm auf das bequeme Sofa fallen.

„Klingt gut“, meinte er, ohne zu wissen, wovon sie sprach. Mit Filmen der Gaianer kannte er sich nicht aus.

„Ein Klassiker!“ Rio zog einen Sessel heran. „Kommt an unsere Reise zu Welt 001 natürlich nicht ran.“

„Wir werden zumindest nicht wie Cooper auf Astronauten treffen, die in fernen Welten gestrandet sind“, sagte Neo.

„Vielleicht sind wir diejenigen, die stranden werden“, frotzelte Rio.

„Mal den Teufel nicht an die Wand!“ Jian boxte Rio auf den Oberarm und warf sich in den Sessel neben ihm.

„Aua!“

„Stell dich nicht so an.“

Lissa grinste Alocas an und sagte: „Keine Sorge, die beiden lieben sich heiß und innig.“

Er zwinkerte ihr zu. „Wie viele Kinder sie wohl haben werden?“

„Hey! Ho!“ Rio hob warnend den Zeigefinger. „Ruhe jetzt!“

Alocas lehnte sich zurück und ließ sich von dem Film einlullen, der ihn ein wenig von seinen mühseligen Nachforschungen ablenkte. Die Faszination der Gaianer für Lichtbilder konnte er nicht nachvollziehen. Diese Art der Unterhaltung gab es auf Nyx nicht. Man sah sich Bühnenstücke an, die in altehrwürdigen Amphitheatern gezeigt wurden. Aber niemand hatte bisher bewegte Bilder zur Unterhaltung produziert.

Als der Reiz der Effekte, die er noch ein wenig interessant fand, zu schwinden begann, beobachtete er seine Mitstreiter.

Sein Blick blieb an Lissa hängen, die gebannt auf den Bildschirm sah. Er mochte sie. Seit ihrem gemeinsamen Abendessen war ihm klar, dass sie ihn ebenfalls sympathisch fand. Er lächelte leise. Ihre Augen hatten zornig aufgeblitzt, als sie ihm beim Billard vorgeworfen hatte, zu mogeln. Er hatte den Lauf der Kugel beeinflusst, das stimmte. Lissa spielte verdammt gut. Seinem Ego, schon angekratzt durch die schleppende Erkundung, wollte er keine Niederlage zumuten. Außerdem gab es bestimmt keine Spielregel, die den Einsatz von Geisteskräften verbat.

Seine Augen glitten über ihr Gesicht und ihre Figur. Die wechselnden Lichtbilder warfen Schatten auf die cremefarbene Haut ihres Dekolletés, das aus dem Ausschnitt eines weiten Hemds blitzte und dessen leichte Wölbung den Ansatz ihrer Brust erahnen ließ. Wie es wohl wäre, dieses Hemd Knopf für Knopf zu öffnen. Es langsam über ihre Schultern zu ziehen, deren nackte Haut im Licht des Flammenspiels eines Feuers weich schimmert ...

Er rief sich zur Ordnung. Er war wegen eines Auftrags hier und nicht, um mit Gaianerinnen anzubandeln. Trotzdem konnte er sich nicht helfen, beobachtete sie weiter verstohlen.

Sie war vollkommen in den Film vertieft, litt mit den Helden. Ganz besonders Murphy, die Tochter des Protagonisten, schien es ihr angetan zu haben. Lissa hatte als kleines Kind ihre Eltern verloren. Das wusste er aus ihrer Personalakte, in die er sich gehackt hatte. Es war nicht verwunderlich, wie nah ihr das Schicksal eines Mädchens ging, dessen Vater im Weltraum verschollen war.

Der Weltraum, Lissas großer Traum. Er war derjenige, der diesen Traum mit Sabotageplänen zerplatzen lassen würde.

Das versetzte ihm einen unerwarteten Stich. Aber was blieb ihm übrig? Auftrag war Auftrag.

Dennoch ließ sich sein schlechtes Gewissen nicht beruhigen. Er musste sich zwingen, seine Aufmerksamkeit wieder dem Film zuzuwenden, in dem Cooper sich gerade daranmachte, durch das Wurmloch zu fliegen.

Dämonenstern

Подняться наверх