Читать книгу Dämonenstern - S.C. Keidner - Страница 12
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ОглавлениеNeun Wochen nach dem ersten Briefing begannen die Expeditionsplanungen. Bis dahin hatten sie sich auf die Trainings konzentriert und mit der Raumfähre vertraut gemacht. Heute legten sie die Stellen fest, an denen sie das Iglu aufbauen und Proben entnehmen würden und die für das Bohrloch in Frage kamen.
Neben dem Expeditionsteam nahm eine ganze Reihe von Wissenschaftlern teil, Ingenieure genau wie Geologen, Physiker, Biologen und Chemiker. Sie hatten das Auditorium reserviert, in dem HDUs aufgebaut waren, die die Bilder des Rovers in 3D projizierten. Mit der Festlegung einer Stelle auf dem HDU erschien diese sofort auf der Karte des zu untersuchenden Gebiets. Ziel war die Erstellung eines Plans, der sämtliche Aktivitäten der Expedition zeigen würde, komplett mit Datum, Dauer und Verantwortlichkeiten.
Lissa war spät dran. Die E-Bahn hatte wegen einer Fehlfunktion im Tunnel festgesteckt. Sie eilte im Laufschritt den langen Gang zum Auditorium hinunter. Durch die Fenster konnte sie den tiefblauen Himmel, über den weiße fedrige Wolken segelten, sehen. Sie wünschte sich einen Moment hinaus in die Sonne und an die frische Luft. Sie hatte fast vergessen, wann sie das letzte Mal vor die Tür gegangen war, so beschäftigt war sie mit den Expeditionsvorbereitungen.
Wenigstens war sie nicht zu spät, die Türen des Auditoriums standen noch auf. An einem der Fenster des Gangs sah sie Anders mit dem Geochemiker Louis. Louis fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. Anders nickte, redete leise aber eindringlich auf ihn ein. Bevor Louis antworten konnte, bemerkte Anders Lissa und murmelte etwas, legte Louis kurz die Hand auf die Schulter. Der hörte mit dem Gefuchtel auf und verschwand eilig im Auditorium.
Lissa wunderte sich ein wenig über dieses konspirative Gehabe, doch da schoss Rio hinaus in den Gang und lenkte sie ab. „Lissa, wo bleibst du denn?“ Er grinste. „Aha! Chérie, betrügst du mich etwa mit Anders?“
„Rio, nur mit dir allein kann ich nicht glücklich sein.“
„Ach, ich bin entsetzt.“ Rio seufzte theatralisch, als sie mit einem breit grinsenden Anders im Schlepptau das Auditorium betraten. „Aber nicht überrascht. Man hat mich vor dir und deinem Männerverschleiß gewarnt.“
Anders beugte sich zu Lissa hinunter und flüsterte übertrieben laut: „Wieso hast du es ihm denn immer noch nicht gesagt?“
„Tut mir leid, ich hatte noch keine Zeit dafür. Ich musste erst mit Neo und Gennady Schluss machen.“
Anders Antwort wurde von Mac abgeschnitten, der sie begrüßte und kurz den Ablauf des Tages umriss, bevor sie sich an die Arbeit machten.
„Ich will die Nordwand da untersuchen“, sagte Rio. Vor ihnen drehte sich das Bild der Stelle, an sie landen und das Iglu aufbauen würden. Es war dieselbe Stelle, an der schon die kleine Raumfähre mit dem Rover gelandet war. Die Fähre stand dicht an einigen Felsblöcken. Sand hatte sich auf und unter ihr angesammelt. „Diese Staubstürme kommen hauptsächlich von Norden. Alles, was da wächst, ist relativ gut geschützt.“
Lissa zoomte an die Felswand. Der in Nord-Süd-Richtung verlaufende Canyon, der um die hundert Meter breit war, weitete sich an der Landestelle zu einem großen Kessel. Der Rover war, nachdem er den Kessel erkundet hatte, nach Norden gefahren. Dort wurden die Felsen allmählich niedriger und endeten nach einigen Kilometern in der Wüste, in der sich das Fahrzeug jetzt befand. Jeder Zentimeter dieses Wegs war fotografiert worden.
„Macht Sinn. Siehst du die Flechten da? Da könnten wir ansetzen.“ Sie markierte die Stelle. Ein grüner Punkt mit der Beschreibung ‚Probe/Flechten‘ und ihren und Rios Initialen tauchte auf dem 3D Bild auf.
Einige Stunden später waren alle Stellen für Probenentnahmen markiert. Sie hatten außerdem beschlossen, eines der Seitentäler, das vom nördlichen Canyon abging, zu untersuchen. Viel wussten sie nicht über das Tal, da die Drohne des Rovers es nur in großer Höhe überflogen hatte. Es war eng und Sonnenstrahlung gelangte nur wenig hinein. Sie hofften, dass es eine vielfältigere Pflanzen- und Tierwelt gab als in der Trockenheit der Felsen und der Wüste außerhalb des Tals.
Ihre Karte wurde von Mac und dem Team abgesegnet. Es war kurz vor dem Mittagessen und Rio schloss ihre Diskussion mit: „Nach dem Essen machen wir uns an die Aufwandschätzung. Alles okay, Lissa?“
Sie hatte auf zwei Bilder gestarrt, schaltete zwischen ihnen hin und her. „Hm.“
Eines der Bilder zeigte eine bröselige rötliche Felswand, deren scharfe Spitzen in einen grauen Himmel ragten, das andere das Ende der Wand, wie sie jäh aufhörte und nach einigem Geröll eine Düne aus rotem Sand begann. Die Bilder überschnitten sich, ein Teil der Wand wurde auf beiden gezeigt. „Das sind Aufnahmen der Stelle, an der der Canyon in die Wüste im Norden übergeht.
„Ja, und?“
Sie deutete auf die vor ihr schwebenden Aufnahmen. „Schau mal hier, wo sich die Bilder überschneiden. Auf diesem hier ist oben, zwischen diesen Felsspitzen, ein Schatten zu sehen, auf dem nächsten nicht mehr.“
„Vielleicht eine Staubwolke, vom Wind ausgelöst, die es auf dem nächsten Bild schon verweht hat?“
„Nein.“ Sie zoomte an den Schatten. Das Bild wurde körniger, nicht wegen der Qualität, sondern aufgrund des Staubs, der in der Luft lag. „Dazu ist der Schatten zu definiert. Das könnte ein Kopf sein.“
Tatsächlich war der Schatten geformt wie ein Kopf mit zwei dunklen Punkten dort, wo man die Augen vermuten würde. Er hatte etwas Reptilienartiges an sich.
Rio pfiff leise. „Stimmt. Als würde sich etwas hinter den Felsen verstecken. Und auf dem nächsten Bild ist der Schatten weg?“
„Ja.“ Lissa rief das Folgebild auf. Zwischen den Zinnen gab es nur Sonne.
„Geh noch mal zurück.“
„Was gibt’s?“ Mac, Anders und Teresa hatten sich zu ihnen gesellt.
„Seht selbst“, sagte Rio. „Man könnte fast meinen, dass das ein Kopf ist. Auf dem nächsten Bild ist der Schatten weg, als hätte sich da was aus dem Staub gemacht.“
Teresa kniff die Augen zusammen. „Könnte man meinen, ja. Aber kann es nicht nur einfach ein Schatten sein?“
Anders wies auf einen Felsvorsprung an der Zinne. „Je nach Sonneneinfall könnte der hier Schatten werfen.“
„Ja, aber so schnell ändert sich der Stand der Sonne nicht und der Himmel ist wolkenlos“, erwiderte Lissa. „Das nächste Bild ist nur Sekunden später aufgenommen worden. Es könnte ein größeres Exemplar dieser Echsen sein.“
„Könnte sein. Der Kopf ist fleckig, als wäre die Haut geschuppt.“ Mac starrte auf den Schatten. „Die, die der Rover fotografiert hat, waren klein. Es wäre nicht überraschend, wenn es die auch in größer gäbe.“
„Wenn man die Entfernung zwischen dem Rover und der Felsspitze zugrundelegt, wäre die Echse da ziemlich groß“, sagte Lissa mit einem unguten Gefühl. Sie kam wieder hoch, die Erinnerung an ihr traumatisches Kindheitserlebnis. Rote geschuppte Haut. Sie legte das Keypad des HDU mit einem unwillkürlichen Frösteln auf den Tisch. Anders musterte sie neugierig, doch sie wandte sich demonstrativ den Bildern zu. Die Erinnerung hatte hier nichts zu suchen.
„Wir müssen aufpassen“, sagte Rio ernst. „Wenn da irgendetwas rumläuft, das Ähnlichkeit mit Waranen oder Alligatoren hat, könnte es gefährlich werden.“
„Vor allen Dingen, wenn ihr dieses Seitental untersucht.“ Mac nickte. „Nehmt Waffen mit, wenn ihr da reingeht. Und Anders oder Gennady kommen mit. Wir schreiben das gleich in euren Plan.“