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Am Morgen nach dem Gespräch mit Hubur war Alocas nach Gaia gereist und hatte sich in einen hoch angesehenen Wissenschaftler verwandelt. Er nutzte eine von den Gelehrten in mühevoller Arbeit erschaffene Legende. Der erste Gelehrte, der mit ihr auf Gaia gewesen war, hatte studiert und einen hervorragenden Abschluss gemacht. Sein Nachfolger hatte die Forschungskarriere begonnen, sich einen guten Ruf erarbeitet und als Astronaut qualifiziert. So konnte Alocas eine perfekt geeignete Legende übernehmen. Eine Wandlung blieb ihm erspart, nicht nur, weil er ein Syd war, sondern weil er hinreichende Ähnlichkeit mit dem erfundenen Wissenschaftler hatte.

Mit der Unterstützung des Landes, aus dem der Wissenschaftler kam, hatte man ihn in das Projekt der Gaianer eingeschleust. Er fragte nicht, wie es Hubur gelungen war, die Entscheidungsträger des Landes dazu zu bringen, diesen Wissenschaftler auszuwählen, aber man konnte mit hoher Sicherheit annehmen, dass eine Manipulation durch Geisteskräfte erfolgt war.

Der erste Teil seiner Aufgabe, festzustellen, wo sich der Tunnel der Gaianer öffnete, war einfach gewesen. Als Expeditionsmitglied hatte er Zugang zu den Dateien des Rovers, der Welt 001, wie die Gaianer sie nannten, erforschte. Das kastenförmige Gefährt war mit einer Reihe von Messgeräten bestückt, darunter Kameras, Spektrometer, mit denen man die Zusammensetzung des Bodens analysieren konnte, und einer Drohne für Luftaufnahmen. Aus den Bildern und Daten hatten die Gaianer eine Karte der Gegend erstellt.

Die Karte und Aufnahmen des klaren Nachthimmels, die er Hubur schickte, bestätigten ihre schlimmsten Befürchtungen. Die Gaianer hatten Nyx entdeckt. Der Rover befand sich in der Zoelwüste, einem riesigen unbewohnten Gebiet im Norden Rydinias. Hubur stellte sofort eine Handvoll Soldaten aus den Schwadronen ab, die das Gefährt beobachten sollten.

„Wirst du den Hohen Rat informieren?“, fragte Alocas.

„Nein. Ich gehe jetzt erst recht davon aus, dass ein Nyxaner den Gaianern bei der Technologie geholfen hat. Solange wir nicht mehr Informationen über diesen Nyxaner haben, will ich den Kreis der Eingeweihten klein halten. Auch die Soldaten, die das Gefährt beobachten, sind auf Geheimhaltung eingeschworen worden. Deine Erkundung ist also immer noch geheim. Aber dein Auftrag hat sich erweitert: Finde eine Möglichkeit, um die Gaianer von der Erforschung von Nyx abzubringen. Erstatte mir Bericht, was die Optionen sind. Dann entscheiden wir, wie es weitergeht.“

Alocas neigte den Kopf. Also Sabotage. Er stellte sich an das Fenster seines Zimmers und sah hinaus in die Taiga.

Die KI hatte er ausgeschaltet, damit niemand Zeuge seiner Gespräche mit Hubur wurde. Anfangs hatte er befürchtet, dass ihn das verdächtig machen würde. Dann hatte er herausgefunden, dass viele der Wissenschaftler in der Anlage künstlicher Intelligenz kritisch gegenüberständen. Sie waren gegen die Totalüberwachung, die mit ihr einherging. Wenn man ein bequemes Leben wollte, in dem die KI alles Lästige und Mühsame erledigte, musste man viel von sich preisgeben. Was mit den Daten, die die KI sammelte, geschah, konnte man nicht sagen. Alocas befand sich also mit der Abschaltung der KI in guter Gesellschaft.

Er würde einen Weg finden, wie Hubur es beauftragt hatte. Aber ob Sabotage die Gaianer von der Erforschung der Sphären abhalten würde? Sie besaßen die notwendige Expertise. Wenn man die Anlage oder die Raumfähre zerstörte, wurde das Wissen dadurch nicht gelöscht. Sie konnten an anderer Stelle wieder neu anfangen. Aber das war Huburs Problem, nicht seins. Er lieferte Informationen und führte Befehle aus.

Mit dem Gedanken ging er zu dem Briefing, das der Anführer der Expedition einberufen hatte. Es fand in einem typischen Besprechungsraum, wie er ihn bei anderen Erkundungen auf Gaia kennengelernt hatte, statt. Geweißte Wände, ein großer Computerbildschirm, Videokonferenzequipment und, falls man 3D bevorzugte, ein HDU, der Konferenztisch mit Chromfüßen und grau beschichteter Spanplatte, schwarze Bürostühle. Hinter dem Kopf des Tisches, an dem der Leiter der Expedition, John MacAlastair, saß, hing ein Whiteboard an der Wand.

Nach der Vorstellungsrunde wollte Mac den Plan bis zur Abreise besprechen, kämpfte aber mit der Technik. Der Bildschirm blieb trotz all seiner Bemühungen schwarz.

Alocas nutzte die Zeit und beobachtete die Teammitglieder unauffällig. Er hatte sich mit ihren Lebensläufen befasst, die eindrucksvoll waren. Das Expeditionsteam war gut zusammengestellt worden.

Die Art und Weise, wie die Gaianer das Wissen über die Portaltechnologie erlangt hatten, ließ ihn nicht los. Versuchte ein Nyxaner, den Tunnel zu nutzen, um nach Nyx zu gelangen? Falls ja, dann musste einer seiner Teamgefährten von Nyx sein. Wahrscheinlich am ehesten ein Ingenieur. Oder war derjenige längst nach Nyx zurückgekehrt und verfolgte ganz andere Ziele? Welche konnten das sein?

Er musste sich die Teammitglieder einzeln vornehmen. Seine Geisteskräfte durfte er nicht einsetzen. Befand sich ein Nyxaner unter ihnen, würde er die Manipulation bemerken und sich zur Wehr setzen. Ein unschöner Showdown wäre die Folge, den einer von ihnen nicht überleben würde. Mit der Geheimhaltung war es dann definitiv vorbei und wenn er Pech hatte, wäre er auch noch der Verlierer. Seine Geisteskräfte waren stark, aber gegen einen älteren Nyxaner käme er nicht an. Nein, er musste es auf die altmodische Weise angehen.

Sein Blick blieb an Lissa hängen. Eine der beiden Jüngsten im Team, mit strahlenden grünen Augen, kurzen Haaren und einem sportlichen Körper. Sie spürte, dass er sie ansah, unterbrach ihr leises Gespräch mit dem anderen Biologen, Rio, und warf ihm ein Lächeln zu. Er lächelte leicht zurück. Mit ihr würde er anfangen.

„Na, also!“ Der Bildschirm hatte seinen Widerstand aufgegeben und Mac begann mit der Aufzählung der Aktivitäten für die nahe Zukunft. Es würde Trainingseinheiten geben, die auf die Mission zugeschnitten waren, darunter Übungsstunden in der Raumfähre. Aber hauptsächlich würden die Forscher ihren Einsatz auf der Parallelwelt planen, um die vier Wochen, die die Expedition dauern sollte, optimal zu nutzen. „... Fähre vorbereiten. Unsere Aufgabe für Welt 001 ist zweigeteilt. Wir werden zunächst das Basiscamp einrichten. Es soll permanent an der Landestelle verbleiben. Das heißt, wir werden sehr viel vom Frachtraum an das Iglu, Wasseraufbereitung, Solarzellen zur Energieversorgung, verlieren. Dazu kommt noch ein E-Mobil und die Drohne, das volle Programm halt. Nach der Ankunft müssen wir das Wetter beobachten. Es gibt dort fast jede Nacht heftige Stürme. Das Iglu hält die zwar aus, aber wir müssen zusehen, dass wir es innerhalb eines Tages aufbauen und sichern oder der Wind zerlegt es uns. Dann richten wir im Iglu das Labor ein, den Wohnbereich, und so weiter.“

Das Iglu war das Habitat der Forscher. Es war luftundurchlässig und bestand aus mehreren aneinandergesetzten Kuppeln, in denen sich die Kojen, Toiletten, Waschraum, Essensbereich und ein Arbeitsbereich, das Labor, befanden. Man betrat und verließ es durch eine Luftschleuse. „Und weil wir Zeit auf die Einrichtung des Camps verwenden, werden wir, was die Erforschung der Welt angeht, nur erste Schritte unternehmen können. Wir werden die Gegend um die Landestelle untersuchen.“

„Was ist mit der weiteren Umgebung?“, fragte die Ärztin, Brooklyn. „Ignorieren wir die einfach?“

„Ja und nein. Unsere Drohne hat eine größere Reichweite als die des Rovers. Wir werden mit ihr die weitere Umgebung kartografieren. Das ist ein Gebiet von knapp einhundert Quadratkilometern. Aber das wird erst von späteren Expeditionen genauer untersucht. Genau, wie spätere Expeditionen die weitere Vermessung des Planeten übernehmen werden.“

„Das Interessante an dieser Mission ist, dass wir im Blindflug unterwegs sind.“ Rio krauste nachdenklich die Stirn. „Die Marsexpeditionen wissen, wie der Mars aussieht. Welcher Krater wo liegt. Wie viele verdammte Krater es gibt. Alles, was wir wissen, ist, dass Welt 001 an der Landestelle eine Wüste hat. In der es Sandstürme, Moose, Flechten und ein paar Insekten und Echsen gibt.“

Brooklyn schüttelte den Kopf. „Das ist aber bedenklich, oder? Ich meine, wir können nicht sagen, ob es dort Wesen gibt, die uns feindlich gesonnen sind, seien sie jetzt hoch entwickelt oder nicht. Reicht der Umkreis, den wir erforschen, aus, damit wir genügend Zeit haben, uns auf feindliche Akte einzustellen?“

„Wir werden Waffen dabeihaben“, antwortete Mac. „Aber ihr kennt das Protokoll: Wir werden sie nur im äußersten Notfall und nur zur Verteidigung benutzen. Zu deiner Frage: Im Augenblick deutet zwar nichts darauf hin, aber es könnte feindliche Lebewesen auf Welt 001 geben. Wenn sie keine hohe Entwicklungsstufe haben, sollten wir sicher sein. Und wir würden ihnen aus dem Weg gehen können. Falls es hoch entwickelte Lebewesen sind, sieht das Protokoll vor, dass wir schnellstmöglich verschwinden, falls sie uns nicht bemerkt haben. Falls sie uns bemerken, haben wir den berühmten Erstkontakt.“

„Was ist ‚schnellstmöglich‘?, bohrte Brooklyn weiter. „Wie lange wird es brauchen, um das Wurmloch zu öffnen, damit wir zurückfliegen können?“

„Es kann nur von Nowosibirsk aus so weit geöffnet werden, dass wir es mit der Fähre durchqueren können. Ursprünglich war vorgesehen, dass wir eine Vorrichtung zum Öffnen des Wurmlochs in der Raumfähre haben, aber die ist dem Rotstift zum Opfer gefallen. Für die Dauer unseres Aufenthalts auf Welt 001, vier Wochen, wird das Wurmloch minimiert, da es sonst zuviel Energie benötigt. Wir können aber immer noch Nachrichten hindurchschicken oder das Notfallsignal. Sobald das Signal empfangen wird, vergrößern sie das Wurmloch für einen Rückflug. Wenn wir zeitgleich mit dem Countdown anfangen, dann dauert es etwa drei Stunden.“

„Heißt, dass es dort besser keine feindlich gesonnenen Wesen gibt“, meinte Rio. „Beziehungsweise, dass wir sie früh genug als feindlich erkennen.“

„Genau. Aber vergesst nicht: Bisher deutet nichts auf höher entwickeltes Leben hin. Soweit es uns betrifft, handelt es sich um eine Wüstenwelt mit tierischem und pflanzlichem Leben“, sagte Mac. „Gut. Weiter im Text. Da wir die Einrichtung des Basiscamps auf Welt 001 zurücklassen werden, haben wir für den Rückflug Platz. Die Vorgabe ist, dass wir sowohl Boden- und Pflanzenproben als auch Präparate von wirbellosen Tieren mitnehmen. Wirbeltiere oder alles, was dem nahekommt, nehmen wir nicht mit. Proben und Präparate werden in luftdichten Behältern verstaut und hier in Nowosibirsk nur in hermetisch abgeriegelten Laboren untersucht. Ansonsten werden wir Bilder, Daten und Videomaterial sammeln.“

Alle nickten.

„Ein weiterer Punkt: Auch wenn die Analysen des Rovers, was Atmosphäre und Strahlenwerte angeht, gut aussehen, werden wir während der ersten paar Tage außerhalb der Raumfähre und des Iglus Biosuits mit eigener Luftversorgung tragen. Wir werden daher einige Trainingseinheiten zum Anziehen, Bedienen und Reparieren der Anzüge machen. Ich gehe aber davon aus, dass wir die Analysen des Rovers bestätigen und uns ohne Anzüge bewegen können. Was es uns um einiges einfacher machen wird.“

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