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6. Der letzte Akt: Hinterziehungszinsbescheid
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Üblicherweise nach Bestandskraft der aufgrund der Selbstanzeige geänderten Steuerbescheide erlässt das Wohnsitzfinanzamt die sog. Hinterziehungszinsbescheide nach § 239 AO auf der Basis des § 235 AO unter Berücksichtigung der verkürzten Steuern und Solidaritätszuschläge. Die hinterzogene Steuer ergibt sich aus dem Vergleich der zuletzt ergangenen ursprünglichen Steuerbescheide (Ursprungsbescheide) mit den üblicherweise nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (z.T. auch nach §§ 164, 165, 172 Abs. 1 AO) geänderten Bescheiden. Gleiches gilt auch für die Differenz beim Solidaritätszuschlag. Wegen der Anrechnung nach § 235 Abs. 4 AO der im Rahmen der Vollverzinsung nach § 233a AO bereits mit den geänderten Steuerbescheiden nachbezahlten Zinsen ergeben sich regelmäßig nur geringfügige Hinterziehungszinsen auf die ESt. Der Löwenanteil des Hinterziehungszinsbescheides betrifft somit die im Einkommensteuer-Bescheid noch nicht erfolgte Abschöpfung der Zinsen auf den Solidaritätszuschlag. Regelmäßig bewegen sich die Hinterziehungszinsbescheide in reinen Einkommensteuer-Fällen in überschaubarem drei- bis vierstelligen Eurorahmen. Besonderheiten bestehen im Zusammenhang mit Hinterziehungszinsen bei Vorauszahlungen. Hierzu sei auf die Ausführungen im 6. Kap. Rn. 439 verwiesen.
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Hinweis
Bei Hinterziehung von Steuerarten, die nicht auf der Anrechnungsliste des § 235 Abs. 4 AO stehen, für die also Zinsen nach § 233a AO nicht erhoben werden,[3] stellen Hinterziehungszinsen dagegen einen nicht unerheblichen zusätzlichen wirtschaftlichen Faktor dar. Hierauf ist der Mandant hinzuweisen.
In erster Linie betrifft dies – neben dem oft großvolumigen Bereich der Grunderwerbsteuer – Erbschaft- oder Schenkungsteuerfälle, bei denen im Einzelfall Zusatzbelastungen an Hinterziehungszinsen mit in die Überlegungen einzubeziehen sind.
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Beispiel
Für zwei Anfang 1993 übertragene Auslandskonten zahlt der Beschenkte aufgrund seiner Nachmeldung in 2014 ca. 3 Mio. € Schenkungsteuer nach. Die nach Bestandskraft des Bescheides festgesetzten Hinterziehungszinsen belaufen sich auf mehr als 4 Mio. €.
Derart prägnante Fallkonstellationen auf die Spitze getrieben, etwa im jüngst diskutierten Fall der verstorbenen Witwe des früheren Schatzmeisters der CDU-Spendenaffäre aus den 80er-Jahren,[4] könnten Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Regelung u.a. wegen des Verbots konfiskatorischer Besteuerung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit aufwerfen. Auch wenn das BVerfG bisher die Hinterziehungszinsregelung für verfassungskonform gehalten hat, mag dies, besonders auch, wenn wirtschaftliche Not hinzukommt, nicht für die Ewigkeit so bleiben.[5]