Читать книгу Praxis der Selbstanzeige - Sebastian Burger - Страница 7

Оглавление

1. Kapitel Einleitung › I. Zahlen und Fakten

I. Zahlen und Fakten

2

Selbstanzeigen spielen in der steuerlichen und steuerstrafrechtlichen Praxis aktuell eine herausragende Rolle. Nach dem Rekordjahr 2010 mit mehr als 27.500 Selbstanzeigen[1] sank die Zahl der Selbstanzeigen zwar zunächst drastisch, um 2013 aber bereits wieder auf rund 26.000 anzusteigen.[2] Für 2014 ergab sich mit knapp 40.000 Selbstanzeigen nochmals eine Steigerung um ca. 60 %.[3]

Spitzenreiter sind durchgängig die Länder Baden Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern, während eher strukturschwache Länder wie Mecklenburg-Vorpommern kaum Selbstanzeigen verzeichnen.[4]

3

Neben den „emotionalen“ Sondereffekten, die im Gefolge der öffentlichkeitsträchtigen Verfahren Hoeneß und Schwarzer im ersten Halbjahr 2014 eine wahre Selbstanzeigenflut nach sich zogen, hat die bereits seit Mai 2014 kommunizierte geplante Gesetzesverschärfung im letzten Quartal 2014, wie Stimmen aus der Finanzamtspraxis berichten, zu einer regelrechten „Jahresendrallye“ geführt. Viele Steuerpflichtige haben noch in den letzten Tagen des alten Jahres die Finanzämter mit Selbstanzeigen regelrecht überschwemmt, um noch in den „Genuss“ der alten Rechtslage zu kommen.[5]

4

Insgesamt haben seit 2010 über 100.000 Personen eine Selbstanzeige abgegeben. Dies hat zu Mehreinnahmen des Fiskus von mehr als 4 Mrd. € geführt, so dass die Selbstanzeige unter fiskalischen Gesichtspunkten überwiegend als Erfolgsmodell gilt. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Topthema in der anwaltlichen und steuerlichen Beratung. Daran wird auch die Neuregelung der Selbstanzeige mittelfristig nichts ändern. Denn eine Selbstanzeige ist in der Praxis nicht nur im Zusammenhang mit Schwarzgeld oder im Ausland schlummernden Konten relevant. Die Bandbreite möglicher Sachverhalte, in denen nachträglich der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum steht, ist groß. Neben dem Unternehmensbereich sind insbesondere Erbschafts- und Schenkungsfälle betroffen. Damit wird die Thematik, auch wenn Selbstanzeigen quantitativ in den folgenden Jahren das Niveau der letzten Jahre und speziell 2014 nicht mehr erreichen werden,[6] qualitativ über mutmaßlich höhere Steuersubstrate in der Rechts- und Steuerberatung weiterhin eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen.

5

Vor allem auch Selbstanzeigen nach altem Recht dürften Berater in naher Zukunft noch in großem Umfang beschäftigen. Schließlich gilt es, den „Sondereffekt“, der in den letzten fünf Jahren über die Finanzämter hereingebrochen ist, auch von Beraterseite „aufzuarbeiten“. Nicht nur bei den in den Jahren 2013 und 2014 eingereichten Selbstanzeigen ist – nachvollziehbar – der Großteil weder steuerlich noch gar strafrechtlich abgeschlossen. Auch gibt es bei den „Altfällen“ der Selbstanzeigen 2012 und früher noch erheblichen Beratungsbedarf.

Dies betrifft etwa mangels vorliegenden Bankenmaterials oder aus Kapazitätsgründen nicht abgeschlossene Besteuerungsverfahren, aber auch schon Rechtsbehelfs- bzw. Finanzgerichtsverfahren. Parallel dazu ist das alte Recht in eingeleiteten und vor Bestandskraft der Besteuerungsverfahren üblicherweise nicht abgeschlossenen Steuerstrafverfahren sowie in aus Selbstanzeigen resultierenden Außen- bzw. Steuerfahndungsprüfungen von Bedeutung. Daneben spielt es aber auch eine Rolle bei der steuerstrafrechtlichen Klärung von Fällen der sogenannten „fehlgeschlagenen“ Selbstanzeigen.

Nicht zu vergessen ist auch die Vielzahl der im Gefolge von Steuerfahndungsmaßnahmen auf der Basis von angekauften Steuer-CDs laufenden Ermittlungsverfahren, bei denen vorrangig strafprozessuale Überlegungen, zunehmend aber auch gepaart mit steuerverfahrensrechtlichen Themen unter dem Oberbegriff der Verfahrenstaktik Bedeutung erlangen und eine solide Kenntnis des bisherigen „Selbstanzeigerechts“ erfordern. Hierauf ist noch im Einzelnen einzugehen (vgl. 3. Kap. Rn. 153 ff.). Auf die mit dem neuen Selbstanzeigerecht einhergehenden Veränderungen in Theorie und Praxis muss der Berater ohnehin für eine bestmögliche Unterrichtung und Vertretung des Mandanten vorbereitet sein.

Praxis der Selbstanzeige

Подняться наверх