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Die Gnade menschlicher Geburt und anderer Voraussetzungen Vers 2

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Für die einzelnen Seelen ist eine menschliche Geburt schwer zu erlangen. Noch schwerer zu erreichen ist eine mannhafte Natur. Schwieriger noch ist die Gabe der Weisheit. Noch schwieriger die Berufung für den Weg der vedischen Gesetze. Höher als dies ist das Verstehen dieser Gesetze. Unerreichbar ohne gute Werke in Hunderten von Millionen Geburten ist die Fähigkeit, zwischen dem Selbst und dem Nicht-Selbst zu unterscheiden, richtige Erkenntnis, das Verweilen im Wesen der Absoluten Wirklichkeit und endgültige Erlösung.

Diese inhaltsträchtige Strophe vermittelt fundamentale Lehrsätze der Geisteswissenschaft. Zunächst warnt sie den Gottsucher vor falschen Illusionen und unrealistischen Erwartungen. Der Weg zur Gotterfahrung erstreckt sich über viele Leben. Dem tapferen Arjuna, dem grossen Feldherrn der Pāṇḍavas in der Schlacht von Kurukṣetra, antwortet der Erhabene Kṛṣṇa mit folgenden Worten:

Am Ende vieler Wiedergeburten nimmt der Weise Zuflucht zu Mir und erkennt, dass Gott (Vāsudeva) alles ist … (Bh.G. 7,19)

Mit der Geburt als Menschenkind tritt die verkörperte Seele in eine entscheidende Entwicklungsphase ein. Das Eine ewig unveränderliche Selbst hat im Verlauf von Äonen, über unvorstellbar lange Zeiträume hinweg Myriaden von Formen angenommen. Es war als Amöbe verkleidet, als Insekt, als Fisch, als Reptil, als Vogel, als Säugetier. Mit einem komplexen Erbgut aus mannigfaltigen Erfahrungen wird ihm mit der menschlichen Geburt erstmals der freie Wille, der Drang nach Vollendung und das Bewusstsein moralisch-ethischer Werte auf den Weg gegeben. Durch freud- und leidvolle Erfahrungen erahnt es das unerbittliche karmische Gesetz von Ursache und Wirkung. Gute Werke bescheren der Seele Körperhüllen, die Freude spenden und den Sinn für geistige Werte wecken. Schlechte Taten suchen sie mit schmerzvollen Zwangsjacken heim. Dann kommt dereinst der Tag, an dem die Seele den Ruf für den Weg der vedischen Gesetze, den Vaidika-dharma-mārga vernimmt, mit dem Gebot der Entsagung von weltlichen Freuden (saṁnyāsa), der Leidenschaftslosigkeit (vairāgya) und der Läuterung des Herzens (citta-śuddhi). An diesem Punkt beginnt der Lehrpfad des Advaita-Vedānta.

Nicht in Worten und dennoch unüberhörbar wird dem Gottsucher schon im zweiten Vers zu verstehen gegeben, dass das Eine unveränderliche Selbst und die unzähligen Gestalten, die es bei den Geburten angenommen hat, zwei grundverschiedene Dinge sind. Entscheidendes verkündet der Autor auch in den folgenden Strophen:

Das Kronjuwel der Unterscheidung

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