Читать книгу Zwanzig Sekunden Ewigkeit - Siegfried Langer - Страница 11

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1 8. Kapitel

Erneut erwachte sie auf dem Edelstahltisch.

Sie war wütend.

Nein, so einfach ließ sie sich von dem Jungen nicht abspeisen.

Sie schaltete das Licht ein und sah umher.

Keine Veränderung.

Im Spiegel das Gesicht einer Dreiunddreißigjährigen.

Sie würde ihn zur Rede stellen!

Rasch öffnete sie den Spind und schlüpfte in die Jeans und das Sweatshirt.

Als sie den Raum verließ, kitzelte sie erneut der Geruch von Erdbeeren in der Nase. Sie achtete nicht darauf, wollte einfach nur hinauf.

Schrumpfte sie, während sie die Stufen nach oben eilte?

So wie Alice im Wunderland?

Alice hatte davor aus einem Fläschchen getrunken. Ein Fläschchen mit dem Etikett 'Trink mich'.

Sie glaubte, das Aroma von Kaffee auf ihrer Zunge wahrzunehmen, doch da war noch ein anderer Geschmack, den sie nicht identifizieren konnte.

Hatte sie etwas getrunken, an das sie sich nicht mehr erinnern konnte?

Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal etwas zu sich genommen?

Nein, Alex, Alice war durch den Trank gewachsen, nicht geschrumpft.

“Alice. Alex. Alice. Alex.”

Sie murmelte die Namen vor sich hin. Sie hörten sich ähnlich an.

Erstaunlich.

Oben, im Erdgeschoss, stand wieder der Junge am Aufgang in die erste Etage.

Jetzt wirkte sein Lächeln eher überheblich als freundlich.

Sie nahm allen Mut zusammen.

“Du machst das nicht nochmal!”

“Was denn?”

“Mich zurück in den Keller schicken.”

“Alex, Alex”, er schüttelte den Kopf. “Oder soll ich dich lieber 'Alice' nennen?”

Er konnte ihre Gedanken lesen?

Hier war wohl alles möglich. Genau wie im Wunderland.

Er fuhr fort: “Weißt du denn nicht mehr, dass ich immer mache, was ich will, und nicht das, was andere wollen?”

“Kennen wir uns?”

“Die Antwort liegt im Obergeschoss.”

“Also lässt du mich hoch?”

“Nein.”

Sie ballte ihre Fäuste.

“Ich kann Karate.”

“Ich weiß.”

“Also?”

“Es wird dir nicht helfen. Ich kann es genauso gut.”

Während er sprach, brachte er sich in Kampfstellung.

Sie führte einen Angriff aus und fand sich nur eine Sekunde später auf dem Boden liegend wieder.

Zu allem Überfluss lachte er sie aus, während sie aufstand.

Elender Mistkerl!

“Ich weiß bereits vorher, was du machst. Du hast keine Chance gegen mich.”

Wenn er wollte, konnte er sie einfach – wie immer er das auch machte – in den Keller zurückschicken.

Und mit kämpfen kam sie wohl auch nicht weiter.

Vielleicht sollte sie an sein Mitgefühl appellieren?

“Bitte. Ich weiß nicht, wer ich bin. Ich weiß nicht, wo ich bin. Wenn die Antworten da oben liegen, musst du mich durchlassen.”

“Ich muss gar nichts, Alice.”

Der Name fühlte sich wie ein Nadelstich in ihrem Herzen an.

Wie war damals eigentlich Alice zurück in die normale Welt gekommen? Hineingelangt war sie, weil sie diesem weißen Kaninchen mit der Taschenuhr gefolgt war. Doch wie war sie wieder nach Hause zurückgekehrt?

Hatte sie nicht die Hacken ihrer roten Schuhe drei Mal aneinander geschlagen? Der Schuhe, die zuvor der Bösen Hexe des Ostens gehört hatten? Und dazu gesagt: 'Es ist nirgendwo so schön wie daheim'?

Sie betrachtete ihre roten Hausschuhe.

Nein, das war Dorothy gewesen, in 'Der Zauberer von Oz'!

Wie hatte Alice die Rückkehr geschafft?

“Das wüsstest du gerne, was?”

“Geh aus meinem Kopf!”

“Nein.”

Er verschränkte die Arme und sah sie mit ernster Miene an.

“Das sieht alles sehr leer aus, da drinnen.”

Für Alex hörte es sich an, als mache er sich über sie lustig.

“Okay”, sagte er schließlich. “Ich werde dir einen Hinweis geben.”

“Danke”, antwortete Alex leise.

“Du bist im Keller im Leichenkühlraum aufgewacht.”

Das ist keine Hilfe, dachte sie, das ist mir zur Genüge bekannt.

“Aber was ist das Letzte, woran du dich davor erinnern kannst?”

Warum hatte sie sich selbst diese Frage bislang nicht gestellt?

“Ich weiß es nicht.”

“Siehst du”, sagte er arrogant. “Findest du die Antwort, dann lasse ich dich nach oben.”

Kaum hatte er ausgesprochen, erklang Klaviermusik hinter ihr.

Sie kannte die Melodie, die gespielt wurde.

Jeder auf der Welt kannte sie.

Es war der Hochzeitsmarsch von Mendelssohn-Bartholdy.

Zwanzig Sekunden Ewigkeit

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