Читать книгу Der Tartuffe - Sigrid Behrens - Страница 10

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Szene II

DORINE. ORGON. MARIANE.

ORGON Was macht Ihr denn hier? Eure Neugierde, meine Gute, scheint aber erstaunlich groß zu sein, wenn sie Euch bis hierher treibt!

DORINE Also ich weiß ja nicht, ob das ein Gerücht ist, das einer vagen Vermutung entspricht, oder ob es durch Zufall entstand, Fakt ist, ich habe bereits von dieser Heirat gehört, und ich habe sie für den reinsten Unsinn gehalten.

ORGON Wie das – klingt diese Sache denn so unglaubwürdig?

DORINE So unglaubwürdig, dass ich sie selbst Euch nicht abnehme.

ORGON Mir fällt schon ein Mittel ein, sie Euch glauben zu machen.

DORINE Ich weiß schon – indem Ihr uns wieder eine Eurer lustigen Geschichten zum Besten gebt.

ORGON

Indem ich genau das erzähle, was man in Kürze erleben wird!

DORINE So ein Witz!

ORGON Was ich da erzähle, meine Tochter, ist alles andere als ein Witz.

DORINE (zu MARIANE) Kommt schon, glaubt bloß nicht alles, was Euer Vater Euch da erzählt, er macht nur Spaß.

ORGON Wenn ich Euch doch sage –

DORINE Oh nein, da könnt Ihr Euch noch so viel Mühe geben, wir glauben Euch kein Wort.

ORGON Jetzt werde ich aber langsam zornig!

DORINE Also gut! Dann wollen wir Euch eben glauben, selber Schuld! Wie bitte? Ist es tatsächlich möglich, dass Ihr, Monsieur, der Ihr als so braver Mensch daherkommt und Euren breiten Schnurrbart mitten im Gesicht tragt, dass also aus­gerechnet Ihr verrückt genug wäret, um –

ORGON Hört mir mal gut zu, Freundin: Ihr nehmt Euch hier neuerdings ein paar Freiheiten heraus, die mir überhaupt nicht gefallen, das sei Euch aber gesagt!

DORINE Ich bitte Euch, Monsieur, sprechen wir doch in aller Ruhe miteinander. Wollt Ihr Euch über die Leute lustig machen, dass Ihr eine solche Verschwörung plant? Eure Tochter hat doch bei einem Frömmler nichts verloren – der muss sich um ganz andere Geschäfte kümmern. Und welchen Nutzen brächte Euch überhaupt eine solche Verbindung? Warum sollte ein wohlhabender Mensch wir Ihr einen Landstreicher zu seinem Schwiegersohn ernennen –

ORGON Haltet den Mund. Wenn er nichts besitzt, so wisset, dass man ihn aus genau diesem Grund verehren sollte. Seine Armut verdient ohne Zweifel, als besonders ehrliche Armut bezeichnet zu werden; sie hebt ihn über alles Irdische hinaus: Dem Vergänglichen hat er niemals großen Wert beigemessen, weil er sich ausschließlich an die ewigen Dinge binden wollte – nur deshalb hat er sich um sämtlichen Besitz bringen lassen! Meine Hilfe würde ihm helfen und ihm endlich wieder Mittel an die Hand geben, um sich von seinen Nöten zu befreien und seine Besitztümer zurück zu gewinnen: Es wären die Lehen, die auf dem Lande jedem Edelmanne zustehen, und da er, wie er sich uns zeigt, selbst einer ist –

DORINE Ja, das behauptet er – nur will diese Eitelkeit nicht recht zu seiner Frömmigkeit passen. Wer sich der Unschuld eines heiligen Lebens hingibt, der hat es nicht nötig, seinen Namen und seine Herkunft zu betonen, und der demütige Gang der Hingabe verträgt sich nur schlecht mit einer solchen Eitelkeit. Wozu dieser Dünkel? Doch scheint mein Reden Euch zu verletzen – sprechen wie also lieber von seiner Person und lassen wir seinen Adelsstand beiseite. Würdet Ihr einen Mann wie ihn bedenkenlos zum Besitzer eines solchen Mädchens ernennen? Müsst Ihr Euch nicht ein wenig um den Anstand sorgen und die möglichen Folgen einer solchen Verbindung in Betracht ziehen? Vergesst nicht, dass man, wenn man bei der Heirat den Geschmack eines Mädchens übergeht, ihre Tugenden aufs Spiel setzt, und dass die Absicht, das Leben einer ehrbaren Ehefrau zu leben, sehr von der Qualität ihres Ehemannes abhängt – all die Männer, auf welche man nur zu gerne mit dem Finger zeigt, sind doch genau jene, die ihre Frauen zu denen machen, als die man sie dann sieht! Es ist eben reichlich schwierig, einem Mann von gewissem Schlage treu zu sein, und wer seiner Tochter einen Gatten gibt, den sie hassen muss, der hat ihr Fehlverhalten vor dem Himmel zu verantworten. Bedenkt nur, welchen Gefahren Ihr Euch mit Eurem Vorhaben aussetzt!

ORGON Da soll ich tatsächlich von ihr lernen, wie das Leben läuft …

DORINE Ihr tätet nur gut daran, wenn Ihr meinen Ratschlägen folgtet.

ORGON Wir sollten, liebe Tochter, uns nicht mit solchen Plaudereien aufhalten: Ich weiß genau, was Euch gut tut, schließlich bin ich Euer Vater. Zwar hatte ich Euch Valère versprochen, nur scheint der Gute nicht allein dem Spiel zugeneigt, ich habe ihn obendrein im Verdacht, ein wenig zu freigeistig zu sein – dass er die Kirche freiwillig besucht, kann man nicht gerade behaupten …

DORINE Wollt Ihr etwa, dass er zu genau den Zeiten hinläuft, die auch die Euren sind – so wie alle, die nur in die Kirche gehen, um gesehen zu werden?

ORGON Ich habe Euch nicht nach Eurer Meinung gefragt. Fakt ist, der andere versteht sich mit dem Himmel aufs Beste, und dieser Reichtum lässt sich durch nichts aufwiegen. Diese Heirat wird Eure Hoffnungen bei weitem übertreffen, eine Ausgeburt an Zärtlichkeit und Freude! Wie zwei wahre Kinder werdet Ihr leben, wie zwei Turteltäubchen, in glühender Treue – zu unerfreulichem Streit wird es nie kommen, denn aus ihm könnt Ihr machen, was immer Ihr wollt …

DORINE Sie? Mehr als einen Trottel wird sie aus ihm nicht machen können, das sage ich Euch.

ORGON Hallo! Das wird ja immer bunter!

DORINE Alles, was ich sage, Monsieur, ist, dass er einfach verdammt danach aussieht – und dass seine Anlagen sämtliche Tugenden Eurer Tochter zunichte machen werden.

ORGON Jetzt hört aber mal auf, mich zu unterbrechen, und seht endlich zu, dass Ihr die Klappe haltet, ohne Eure Nase in Dinge zu stecken, die Euch nichts angehen!

DORINE Es ist nur zu Eurem Besten, wenn ich so mit Euch spreche (sie unterbricht ihn weiter, sobald er sich an seine Tochter wendet)

ORGON Das nenne ich verlorene Liebesmüh – lieber wäre es mir, wenn Ihr endlich den Rand hieltet.

DORINE Wenn man Euch nicht so gern hätte –

ORGON Ich will nicht, dass man mich gern hat!

DORINE – und ich will Euch gern haben, auch gegen Euren Willen –

ORGON Ach was.

DORINE – Eure Ehre ist mir teuer, und ich würde es nicht ertragen, wenn sie zum Spott der ganzen Welt würde.

ORGON Hört die denn nie auf?!

DORINE Es wäre nachgerade verantwortungslos, Euch eine solche Verbindung eingehen zu lassen.

ORGON Willst du endlich schweigen, du Schlange, deren unverschämte Art mich –

DORINE Ah! Da wollt Ihr so fromm sein und flucht doch wie –

ORGON Ganz genau, bei diesem ganzen Unsinn kommt mir die Galle hoch, und wenn ich eines will, dann das: Klappe!

DORINE Meinetwegen, wobei mein Schweigen mich nicht daran hindern wird, mir meinen Teil zu denken.

ORGON Dann denke, was du willst, aber reiß dich zusammen und erzähle es mir nicht, denn sonst: genug! (zu seiner Tochter) Weise, wie ich bin, habe ich das Ganze reiflich überdacht.

DORINE Es macht mich ganz rasend, dass ich nichts dazu sagen darf. (sobald ORGON den Kopf zu ihr wendet, hält sie wieder den Mund)

ORGON Tartuffe ist, ganz ohne geckenhafte Allüren, einer jener Menschen, die –

DORINE Ein hübsches Schnäuzchen, in der Tat.

ORGON – auch wenn du für seine anderen Tugenden keinerlei Sympathie empfinden kannst …

DORINE Nicht wahr, da hat sie es aber gut getroffen! Wäre ich an ihrer Stelle, mich würde bestimmt kein Mann ungestraft gegen meinen Willen heiraten – ich würde ihm gleich nach der Feier zu verstehen geben, dass es für die Rache einer Frau nie zu spät ist.

ORGON Was ich zu sagen habe, tut hier wohl nichts zur Sache?

DORINE Worüber beklagt Ihr Euch? Mit Euch rede ich doch gar nicht.

ORGON Was machst du dann?

DORINE Ich spreche zu mir selbst.

ORGON Wunderbar. Dann werde ich ihr wohl eine Ohrfeige geben müssen, um sie für ihre aberwitzige Unverschämtheit zu bestrafen. (Dorine hält, kaum dass er sie ansieht, augenblicklich den Mund). Meine Tochter, Ihr müsst meine Entscheidung gutheißen – daran glauben, dass dieser Ehemann, den für Euch zu erwählen mir gelungen ist … Warum sprichst du nicht mit dir?

DORINE Ich habe mir nichts zu sagen.

ORGON Noch ein klitzekleines Wort.

DORINE Ich mag aber nicht.

ORGON Von wegen, ich habe dich doch beobachtet.

DORINE Wer’s glaubt!

ORGON Jedenfalls musst du, meine Tochter, gehorsam sein und dich meiner Entscheidung völlig ergeben.

DORINE (indem sie die Flucht ergreift) Einen Teufel würde ich tun, einen solchen Mann zu heiraten. (ORGON will ihr eine Ohrfeige geben, verfehlt sie jedoch)

ORGON Ihr habt da, meine Tochter, eine wahre Pest bei Euch, mit der ich nicht leben könnte, ohne mich zu versündigen. Ich fühle mich außerstande, an dieser Stelle fortzufahren – ihre unverschämten Reden haben mich halb wahnsinnig gemacht! Ich werde ein wenig Luft schnappen, um mich wieder zu beruhigen.

Der Tartuffe

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