Читать книгу Österreichische Schriftstellerinnen 1800-2000 - Sigrid Schmid-Bortenschlager - Страница 10
Künstlerische Schaffenskraft
ОглавлениеDa der Anteil der schreibenden Frauen an der Literatur spätestens seit dem späten 18. Jahrhundert im deutschen Sprachraum ein beachtlicher war, wie die neueren Forschungen und ein Blick in die zeitgenössischen Quellen zeigen, ist das Ausmaß dieser Verdrängung aus den literaturgeschichtlichen Darstellungen und damit aus der Traditionsbildung mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen. Die Verschiebung der Bedeutung von Frauen auf den „empfangenden“ Bereich weist bereits auf sich anbietende Erklärungsmodelle hin. Begreift frau/man Literaturwissenschaft, wie jeden wissenschaftlichen Diskurs, als geprägt durch eine überindividuelle Perspektive der Subjekte, die sie hervorbringt, so erlaubt eine Psychoanalyse, als Sozialwissenschaft verstanden, interessante Hypothesen. Die für die Verdrängung der Schriftstellerinnen aufgewendete Energie und die Konsequenz, mit der diese Verdrängung und Verschiebung über fast zwei Jahrhunderte hinweg durchgeführt worden ist, kann nicht mehr als bloße Unterdrückung eines ohnehin „Schwachen“ gesehen werden. Sie weist vielmehr hin auf eine als Bedrohung der herrschenden Ordnung empfundene weibliche Macht, die bisher nur auf dem Gebiet der Individualpsychologie als Auseinandersetzung mit der Macht der Mutter gesehen worden ist. Sie hängt zusammen mit der Macht, Leben zu geben, zu schaffen.4 Der Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, den Tod durch ein Kind oder durch ein unsterbliches Werk zu überwinden, ist offensichtlich und im Englischen auch sprachlich deutlich ausgedrückt – in dem von Gilbert und Gubar so schön herausgearbeiteten Zusammenhang zwischen pen und penis5. Selbst das aktuelle keyboard bleibt mit der Schlüssel- und Schlossmetaphorik (key) im Bereich der Sexualität.