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Geniebegriff und Innovationspoetik

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Einen weiteren Grund für die Ausschließung von Frauen aus der deutschsprachigen Literatur bildet das in ihrem Bereich stärker als anderswo ausgeprägte Genie-Konzept. Dieses Konzept steht in allen Literaturen im Kampf mit dem „Künstler als Handwerker“- Topos, doch ist auffällig, dass in der Periodisierung der Literatur in Epochen – wie problematisch dieses Einteilungskriterium auch immer ist – in der deutschsprachigen Literatur die übliche Abfolge Klassik/Klassizismus und Romantik aufgespalten ist in Aufklärung – Sturm und Drang – Klassik – Romantik. Die Sturm-und-Drang-Periode wird mit ihren fiktionalen und realen Figuren wie Werther und Lenz9 prägend für die Vorstellung vom „Dichter“: ein „Übermensch“ avant la lettre, in direktem Kontakt mit einem Schöpfer-Gott. Man könnte dieses Phänomen in Analogie zum Penisneid als „Gebärneid“ bezeichnen. Der Künstler muss die Gott „entwendete“ Fähigkeit, wenn schon nicht Menschen „aus Fleisch und Blut“, so doch Kunstwerke zu kreieren und damit den Tod zu überwinden, mit Einsamkeit, Asozialität, oft auch Wahnsinn, ja frühem Tod bezahlen. Diese Vorstellung vom göttlich inspirierten Propheten erweist sich im Bereich der Literatur (im Gegensatz zur Musik und bildenden Kunst) am zähesten. Kunst- und Musikakademien sind schon im 19. Jahrhundert gang und gäbe, während die Lehr- und Lernbarkeit von Literatur im deutschsprachigen Bereich erst im 20. Jahrhundert, und da nur in der DDR, durch ihre Einbeziehung in den universitären Bereich10 akzeptiert wird.

Österreichische Schriftstellerinnen 1800-2000

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