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4 Der Ist-Zustand des Schienengüterverkehrs in der Fläche

Um herauszufinden, wie der SGV weiterentwickelt und verbessert werden kann, ist es zuerst notwendig, das heutige SGV-System zu kennen. Um sich ein erstes Bild davon machen zu können, geht es in diesem Kapitel zuerst darum, wie der heutige Güterverkehrsmarkt aussieht. Es wird aufgezeigt, wie viele Güter transportiert werden, wie deren Aufteilung auf die Verkehrsträger ist und wie sich dies in der Vergangenheit entwickelt hat. Auch werden die räumliche Verteilung der Güterverkehrsströme, die transportierten Warenarten, die Aufteilung auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) und zum Schluss die Kundenanforderungen beschrieben. In einem zweiten Teil wird erklärt, auf welche Arten und Weisen SGV durchgeführt wird. Zuletzt folgt ein kurzer Einblick in die heutige Güterverkehrspolitik.

4.1 Der Güterverkehrsmarkt

Stand 2018 betragen die Verkehrsleistungen4 im Schienen- und Strassengüterverkehr in der Schweiz 27,9 Milliarden Tonnenkilometer und haben seit 2000 um 19% zugenommen (vgl. Tabelle 1).5 Davon wird ein Modalsplit6-Anteil von 36,6% über die Schiene abgewickelt (1980: 53%). Als Vergleich: Der Anteil der Schiene an der Binnenverkehrsleistung in der EU lag 2014 bei 18%, dazu kamen noch 7% in der Binnenschifffahrt. In Deutschland liegen die Werte etwa im EU-Durchschnitt.7

Verkehrsleistung gesamt Inkl. Transit Modalsplit Gütermenge gesamt Inkl. Transit Modalsplit Verkehrsleistung Binnen- Im-/ Exportverkehr Modalsplit
2018 [Mia. tkm] 2018 [Mio. t] 2017 [Mia. tkm]
Schiene 10.2 36.6% 68.7 15.7% 4.3 22.8%
Strasse 17.5 62.7% 368.9 84.3% 14.6 77.2%
Total 27.9 100.0% 437.6 100.0% 18.9 100.0%

Tabelle 1: Übersicht über die Verkehrsleistungen und Gütermengen des Schweizer Güterverkehrs

Am Aufkommen, sprich den transportierten Gütermengen in Tonnen, hat der SGV mit 68,7 Mio. Tonnen einen Anteil von 15,7%. Dieser ist geringer als der Modalsplit bei der Verkehrsleistung, da die durchschnittlichen Distanzen im SGV mit 171km gegenüber 49km deutlich grösser sind. Auf der Strasse wurden 6,8 Mrd. Fahrzeugkilometer zurückgelegt, davon 33% durch schwere Fahrzeuge mit einem Gewicht über 3,5Tonnen, von denen es in der Schweiz 52`000 gibt.

Auf der Schiene in der Schweiz dominiert der Transitverkehr, der 63% der Verkehrsleistungen im SGV ausmacht. Auf den gesamten Güterverkehr bezogen macht der Transitverkehr hingegen nur 29% aus. Dies ist auf die systemspezifischen Vorteile der Schiene auf langen Distanzen und auf die verschiedenen Verlagerungsinstrumente im alpenquerenden Güterverkehr zurückzuführen. Der Anteil des Binnenverkehrs am gesamten SGV beträgt 25%, beim Importverkehr 8% und beim Exportverkehr 3%.

Neben den aktuellen Zahlen zur Verkehrsleistung und den Anteilen sind vor allem die vergangenen Entwicklungen interessant. In Abbildung 2 sind die Anzahl Tonnenkilometer pro Verkehrsträger in der Fläche und im Transit ersichtlich. Interessant ist, dass die Verkehrsleistung des SGVs in der Fläche seit Mitte der 2000er-Jahre sinkt, während sie im Strassengüterverkehr in der Fläche zunimmt. Auch erkennt man die starke Volatilität und Konjunkturabhängigkeit.

Abbildung 2: Anzahl Tonnenkilometer pro Verkehrsträger8

Im Binnen-, Import- und Exportverkehr betragen die gesamtmodalen Güterverkehrsleistungen (Stand 2017) 18.9 Mia. tkm9. Der Modalsplit der Schiene in der Fläche beträgt 22,9% (Transit: 78%). Im Jahr 2000 betrug der Anteil 29,0%, 1950 sogar 64.3%. Besonders seit den 1970er-Jahren ist er stark am Abnehmen. Trotzdem zeigt dies, wie wichtig der SGV für die Schweizer Wirtschaft immer noch ist.

Neben der Strasse und der Schiene nehmen im Import- und Exportverkehr auch die Rheinschifffahrt und Öl-Pipelines eine wichtige Rolle ein. Diese ist zwar in Bezug auf die Verkehrsleistung in der Schweiz sehr klein, sie machen aber 18% des Aufkommens aus.

In der Abbildung 3 ist die räumliche Verteilung des Güterverkehrs ersichtlich. Sie verdeutlicht, dass der alpenquerende Transitverkehr auf der Schiene den grössten Anteil ausmacht. In der Fläche dominiert hingegen die Strasse, wo sie von einem Strassennetz mit 71`555km Länge profitieren kann, davon 1`800km Nationalstrassen.10 Doch auch das Schienennetz ist mit 5`196km Länge für ein Land in der Grösse der Schweiz sehr dicht. Die Hauptachse des Binnen-SGVs verlauft dabei von der Genfersee-Region über Zürich bis in die Ostschweiz, entspricht also der West-Ost-Achse im Mittelland. In diesem Gebiet konzentrieren sich schwerpunktmässig die güterverkehrsintensiven Branchen wie auch die gesamte Wirtschaft.


Abbildung 3: Verkehrsströme im Schienengüterverkehr11

Als nächstes soll kurz ein Blick auf die Warengruppen geworfen werden (vgl. Abbildung 4). Links sind die Anteile am Aufkommen, rechts an der Verkehrsleistung zu sehen. Ein grosser Teil steht mit Bautätigkeiten in Verbindung. Die Stück- und Sammelgüter sind ein weiterer wichtiger Bereich. Dies sind nicht weiter spezifizierbare Bereiche, die jedoch oft dem Konsumgüterbereich (mit geringen Gewichten) zuzuordnen sind. Auch fällt auf, dass die Anteile des SGVs bei der Verkehrsleistung höher als beim Aufkommen sind, was auf die grösseren Transportdistanzen zurückzuführen ist. Für die Schiene sind Halb- und Fertigwaren, Stück- und Sammelgüter und Energieträger die wichtigsten Warengruppen.


Abbildung 4: Anteile der Warengruppen und der Modi im Binnenverkehr (2014)12

Die SBB Cargo ist mit einem Anteil von über 25% an der Güterverkehrsleistung13 das grösste Schweizer Güterverkehrsunternehmen.14 Im SGV in der Fläche ist sie mit einem Anteil von 83,6% Prozent der mit Abstand wichtigste Akteur. Bei einem Umsatz von über 700 Mio. CHF umfasst die Flotte etwa 5`000 Güterwagen und 380 Lokomotiven. Sie hat zudem 2`200 Mitarbeiter. Sie ist eine 65-prozentige Tochtergesellschaft der SBB AG, welche sich vollständig in Bundesbesitz befindet. Die restlichen 35% gehören seit 2020 der Swiss Combi, die aus vier Logistikdienstleistern15 besteht.

Neben der SBB Cargo gibt es im Güterverkehrsmarkt mehrere Nischenanbieter. Beispiele wären die BLS Cargo oder die Railcare. Diese sind aber meist im Transitverkehr aktiv und spielen in der Fläche nur eine geringe Rolle.

Zuletzt sollen noch die Anforderungen der Kunden an den Güterverkehr besprochen werden. Diese sind für die Weiterentwicklung des SGVs sehr wichtig, da letztlich die Kunden über die Verkehrsmittelwahl entscheiden. Abbildung 5 zeigt eine Umfrage unter Güterverkehrskunden betreffend deren Anforderungen. Dabei ist auffallend, dass neben dem Preis die Zuverlässigkeit und die Flexibilität zu den wichtigsten Kriterien der Verkehrsmittelwahl im Güterverkehr gehören. Schlussfolgerung: Es reicht bei der Weiterentwicklung des SGVs nicht, nur das Preisniveau zu senken, sondern die Qualität spielt eine wesentliche Rolle. Auch oft genannt werden Investitionssicherheit16, die Integration des Schienentransportes in die Logistikkette der Kunden und das Angebot von zusätzlichen Serviceleistungen (vgl. Kapitel 9.2).17


Abbildung 5: Kriterien der Verkehrsmittelwahl18

Schienengüterverkehr in der Schweiz

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