Читать книгу Neondunkel - Solveig Engel - Страница 3
Prolog
ОглавлениеNiemand hört das Kratzen des Skalpells, die Musik, die aus dem Fernseher dudelt, oder den Atem der einzig anwesenden Person. Das Rasseln der alten Luftabzugsanlage erstickt jedes Geräusch.
In dem engen Raum wirkt die wuchtige Anlage wie eine futuristische Küche, in deren Edelstahlfronten sich das Licht der Neonröhren bricht. Genau wie das Rasseln durchdringt auch das Licht jeden Winkel. Die grellen Strahlen prallen gegen die Wände, springen über die weißen Fliesen und winden sich gnadenlos bis in den hintersten Winkel. Nichts bleibt ihnen verborgen. Kein Traum. Keine Erinnerung. Kein Geheimnis. Es gibt kein Entkommen.
Zwei Hände in blauen Latexhandschuhen arbeiten unmittelbar unter der Abzugshaube, als wären sie immun gegen den Lärm und das blendende Licht. Mit sicheren Bewegungen schaben sie eine matte Substanz von einer runden Metallscheibe, kaum größer als ein Fünfcentstück. Die Späne fallen in ein Glasgefäß, wo sie sich schäumend in einer klaren Flüssigkeit auflösen.
Als die gesamte Substanz entfernt ist, legen die Hände Skalpell und Metallscheibe sorgfältig zur Seite und saugen die Flüssigkeit mit einer Spritze auf. Danach wischen sie das Gefäß mit einem Tuch ab, entsorgen den Lappen zusammen mit Skalpell und Metallscheibe in einem gelben Container und spülen das Glas im Waschbecken. Schließlich reinigen sie die Arbeitsplatte und schalten die Dunstabzugshaube aus.
Für einen Moment erscheint alles still und friedlich. Nur aus dem Fernseher klingen die Töne einer sanften Melodie.