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Kartoffeln oder Erdäpfel …

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Unübersehbar ist die Kartoffel einer der wichtigsten Bestandteile unserer Ernährung. Und die Vorzüge dieser braunen Wurzelknollen wurden nicht erst von der heutigen Generation entdeckt!

So schrieb beispielsweise Rudolf Habs, ein bekannter Wiener Gastrosoph des vorigen Jahrhunderts:

Kartoffeln oder Erdäpfel, die Wurzelknollen des Knollen-Nachtschattens, kamen schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch die Spanier nach Südeuropa und später (1584) durch Walter Raleigh nach Irland, das zuerst von allen Ländern der Alten Welt den Kartoffelbau im großen versuchte. Der vielgenannte Sir Francis Drake steht in gar keiner Beziehung zur Einführung des Erdapfels, obgleich das Städtchen Offenburg in Baden ihm 1853 dieses vermeintlichen Verdienstes wegen ein hübsches Denkmal errichtet hat. In Wien wurde die erste Kartoffelstaude 1588 durch Carolus Clusius gezogen, und in Mitteleuropa gebührt dann auch dem alten Herzogtum Österreich die Ehre, die Kartoffel zuerst in größerer Menge, wenn auch immer noch ausschließlich im Garten angebaut und schon 1662 den ersten Kartoffelspiritus erzeugt zu haben. Das letztere berichtet der bekannte Chemiker und Projektemacher J. Joachim Becher (gest. 1682), der 1660–1662 in Wien lebte, und der gleichzeitige Freiherr v. Hohberg (gest. 1688) fügt hinzu: „Man kocht die indianischen Papas“ (amerikanischer Name der Erdäpfel!) „und ißt sie warm oder auch, überbrüht und geschält, kalt mit Öl, Essig, Pfeffer und Salz. Sie sind allhier so fruchtbar und vermehren sich so gern, daß man fürgibt, in Kanada selbst seien itzt nicht so viel zu finden als bei uns.“ In Niederösterreich freilich gewann die Vorliebe für die Mehlspeisen bald wieder das Übergewicht. Der Wiener Botaniker Wilhelm Heinr. Kramer hielt daher 1756 den Knollen-Nachtschatten nicht einmal für die Erwähnung würdig, und erst die schlechten Ernten im 8. Jahrzehnt des 18. Säkulums brachten die Kartoffel auch als Feldfrucht zu Ehren. Natürlich hatten allerlei weise Leute wie gegen jeden Fortschritt, so auch gegen die Einführung der Kartoffel ihre Bedenken und machten der Knolle namentlich ihre Verwandtschaft mit der etwas anrüchigen Familie Nachtschatten zum Vorwurf. Der letzte dieser traurigen Narren war wie gewöhnlich ein deutscher Professor, der Leipziger F. Th. Bratanek, der noch 1853 in seiner „Ästhetik der Pflanzenwelt“ das unschätzbare und unersetzliche Knollengewächs mit seinem Fluch belegte. Fast ebenso wertlos sind die beliebten Deklamationen über den Kartoffelgenuß, die sich bei den Diätetikern finden. Zur ausschließlichen Nahrung ist die Kartoffel bei ihrer Zusammensetzung aus rund 75 % Wasser, 21 % Stärkemehl, 2 % Stickstoffsubstanz und 0,15 % Fett freilich nicht geeignet – aber wer ißt denn auch seine Erdäpfel ohne alle Zutat, wenn er nicht etwa muß? Für den Müssenden ist aber bekanntlich der beste Rat verloren, und was die übrige Welt anlangt, so weiß dieselbe auch ohne gelehrte Demonstrationen, daß Kartoffeln mit Fett oder Fleisch vortrefflich munden und trefflich nähren, also ein vorzügliches Nahrungsmittel bilden, mögen sie „im Schlafrock“ oder geschält, gedünstet oder gesotten aufgetischt werden. Denn kein zweites Küchengewächs ist in dem Maße und in so verschiedenen Gestalten für die Tafel verwendbar wie der anspruchslose Erdapfel. In Fleischsuppen wie in kalten Saucen, in zahllosen Schmorspeisen und Aufläufen, als Gemüse, als Salat, als Brei und als Pfannkuchen, in Klößen und in kleinen Pasteten, als Pellkartoffel, als Salzkartoffel und als Bratkartoffel, in Croquetten, in Schmarren, in Nudeln und Strudeln – überall und in allen möglichen Formen tritt der Erdapfel uns entgegen und ist dabei auf der Tafel ebenso am Platz wie auf dem Tisch des schlichten Bürgers.

Tante Sophies Kartoffelküche

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