Читать книгу The Rolling Stones - Stanley Booth - Страница 8

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Etwas über die wundersamen Wanderungen dieser Griots ge­nannten Hüter der Tradition durch die gelbe Wüste nach Norden in das Maghrebinische Land, oftmals eine einsame Wanderung; ihre Vorstellungen in arabischen Camps auf dem langen Weg, als die schwarzen Sklaven herauskamen, um zuzuhören und Tränen zu vergießen; dann die gefährliche Reise nach Konstantinopel; wo sie alte Kongo-Melodien für die großartige schwarze Bevölkerung von Stamboul spielen, die keine Gesetze oder Gewalt in ihren Häu­sern halten kann, wenn der Klang von Griot-Musik in den Straßen erklingt. Dann würde ich davon berichten, wie die Schwarzen ihre Musik nach Persien und sogar ins mysteriöse Hadramaut mitneh­men, wo ihre Stimmen von arabischen Meistern hoch geschätzt wer­den. Dann würde ich auf die Transplantation der Negro-Melodie auf die Antillen und nach den beiden Amerikas eingehen, wo ihre eigenartigsten schwarzen Blüten von den Alchemisten der musika­lischen Wissenschaft gesammelt werden und Zauberer daraus ein Parfum extrahieren … (Wie ist das für den Anfang?)

Lafcadio Hearn in einem Brief an Henry E. Krehbiel

sie sass auf einer cremefarbenen Couch und hatte den Kopf mit den hell­blonden Haaren über ein Buch mit rotem Umschlag gebeugt. Ihre Beine waren übereinandergeschlagen und ein Absatz ruhte auf der Marmor­platte des Kaffeetisches. Im Panoramafenster hinter ihr war eine üppige grüne Hecke zu sehen und in der Entfernung, weit unten gelegen, die Stadt der Engel mit ihren knochenweißen Gebäuden bis hin zum Pazifi­schen Ozean. An einigermaßen klaren Tagen wie diesem konnte man ihn durch den giftigen Nebel, zu dem Land und Himmel am Horizont ver­schmolzen, hindurchschimmern sehen. Auf den farblich aufeinander ab­gestimmten Polstermöbeln in der Lobby dieses motelartigen Gebäudes hatten noch andere Leute Platz genommen – aber sie schaute nicht auf, nicht einmal, als ich „Entschuldigung“ sagte und über ihr ausgestrecktes Bein stieg, um mich neben ihren Gatten Charlie Watts, einen der Rolling Stones, zu setzen.

„Erinnerst du dich an ihn, Shirley?“ fragte er.

Ein kurzer Blick. „Nein.“

„Ein Schriftsteller. Du weißt doch.“

„Ich hoffe, er ist nicht so wie der, der uns zu Hause aufgesucht hat“, sagte sie. Dann schaute sie mich noch einmal an und irgend etwas ging in ihren grünen Augen vor. „Ach, Sie sind das.“ Sie klappte das Buch zu. „Sie haben über mich in der Küche geschrieben.“

„Ein anderer“, sagte ich. „Sie lesen Priestley? ‚Prince Of Pleasure.‘ Ken­nen Sie die Bücher von Nancy Mitford?“

„Sie haben behauptet, ich hätte das Geschirr abgewaschen. Ich wurde noch nie so beleidigt.“

„Aber Shirley, Sie haben doch das Geschirr abgewaschen. Was hätte ich sonst sagen können?“

„Sie hätten etwas erfinden sollen.“

„Wo stand das?“ fragte Bill Wyman, ein weiterer Rolling Stone, der mit seiner Freundin Astrid Lindstrom, der schwedischen Eisprinzessin, weiter weg am anderen Ende der Couch saß. „Toller Bass-Sound, gell?“ Auf einem tragbaren Plattenspieler in einer Ecke des Raumes liefen Plat­ten der Kansas City Six aus den 30er Jahren.

„Yeah, Walter Page, echt gut“, sagte Charlie. „In einem amerikanischen Magazin. Es lag im Büro rum.“

„War das über uns alle? Wir haben es nie zu sehen bekommen“, sagte Astrid. Wyman sammelte Zeitungsausschnitte, die er in Kladden klebte.

„Das würde ich mir an deiner Stelle auch nicht wünschen“, entgegne­te Shirley.

„So einen Sound kriegt man mit einem elektrischen Bass nie hin“, sagte Wyman, ein Bassist, dessen Hände zu klein waren, um den akustischen Bass zu spielen.

„Der elektrische Bass ist dafür flexibler“, sagte ich als Versuch, die Kon­versation in eine andere Richtung zu lenken. „Man kann mehr damit ma­chen.“

„Das aber nicht“, sagte Wyman, „Oder, Charlie?“

„Niemals“, sagte Charlie, während der Bass von Page und die Schlagzeugbesen von Jo Jones sich mit der Gitarre von Freddie Green mischten. Ihr Rhythmus war stabil wie ein gesunder Herzschlag.

„Sony“, sagte ich.

„Seit du hier angekommen bist, haben wir dich in die Defensive ge­bracht“, sagte Charlie. „Hast du vielleicht die Zeitung mit der Kritik von Ralph Gleason mitgebracht? Wir haben sie noch nicht bekommen.“

„Ich hab’ sie unterwegs gelesen.“

„War’s schlecht?“

„Es hätte schlimmer sein können, aber nicht viel.“ Einmal fragte ich Charlie, wie er sich angesichts der unzähligen Presseattacken gegen die Stones fühle, und er meinte: „Es kommt mir nie so vor, als wäre von mir die Rede.“ Und Shirley fügte hinzu: „Charlie und Bill sind nicht wirklich die Stones, nicht wahr? Mick, Keith und Brian – das sind die großen, bösen Rolling Stones.“

Charlie lächelte mit heruntergezogenen Mundwinkeln. „Gleasons Jazz-Artikel haben mir immer gefallen. Ich kenne ihn sogar persönlich. Ich habe ihn getroffen, als wir das letzte Mal in San Francisco spielten. Ich würde ihn gerne fragen, was ihn so gegen uns eingenommen hat.“

Ein Mann mit sich lichtendem, schwarzem Kraushaar und buschigen, säbelförmigen Koteletten betrat den Raum durch den offenen Zugang am anderen Ende. Er hatte weiße Shorts an und trug zwei Tennisschläger und ein Handtuch mit sich. „Hat irgendwer Lust auf Tennis?“ fragte er mit einer Stimme, die wehtun würde, wenn man sich mit ihr rasieren müsste.

Ich hatte ihn noch nie gesehen, aber ich kannte seine Stimme, die ich bereits am Telefon hatte ertragen müssen. Es war Ronnie Schneider, der Neffe von Allen Klein, dem Business-Manager der Rolling Stones. Bevor es mir selbst bewusst wurde, stand ich schon zwischen ihm und der Tür. „Haben Sie den Brief meines Agenten bekommen?“ fragte ich, nachdem ich mich vorgestellt hatte.

„Yeah, ich hab’ ihn bekommen“, sagte er. „Es gibt da ein paar Sachen, die wir ändern müssen. Sag deinem Agenten, dass er mich anrufen soll.“

„Er sagt, er habe schon versucht, Sie zu erreichen. Es ist dringend.“

„Ich weiß“, sagte Ronnie mit der Stimme eines teuflischen Unholds, der jungmädchenhaftes Entzücken nachäfft. Er schenkte mir ein breites Lächeln, so als hätte er mich gerade am Angelhaken. „Will denn keiner hier Tennis spielen?“

„Ich spiele“, sagte Wyman.

„Der hier ist verzogen.“ Ronnie gab ihm einen Schläger von der Form eines Schuhlöffels und sie gingen über die Veranda und das saftige Saint-Augustine-Gras hinaus zum Tennisplatz. Ich beobachtete durch die Glastüre, wie sie gingen; dann fiel mir auf, dass ich meinen Hut in der Hand hielt und ich beschloss, mich wieder hinzusetzen und zu versuchen, mich zu entspannen.

Serafina, die achtzehn Monate alte Tochter der Watts, kam mit ihrer Kinderschwester herein und Shirley nahm sie mit in die Küche, um etwas zu essen. Astrid ging auch mit, vielleicht um den Orangensaft kaltzustel­len. Die Kansas City Six spielten „Pagin’ The Devil“.

„Was genau hat Gleason behauptet?“ fragte mich Charlie.

„Er hat geschrieben, dass die Tickets zu teuer und die Sitzplätze schlecht sind, dass die Vorgruppen nicht genug bezahlt bekommen – und dass das alles beweist, dass die Rolling Stones ihr Publikum verschaukeln. Kann sein, dass ich etwas ausgelassen habe. Richtig. Er hat auch gemeint: ‚Sie ziehen eine gute Show ab.‘“

Die Hintertür ging auf und eine Gang kam hereinspaziert. Groß und hager und langhaarig standen sie einen Moment lang mitten im Raum, als würden sie für eine verblasste, sepiafarbene Fotografie posieren, für jene Art von Fotos, die ihre Bestimmung letztlich auf an Bäume genagelten Pla­katen fanden. „Die Stones Gang: Wanted Dead Or Alive“, obwohl im Mo­ment nur Mick Jagger, der wie ein Model dastand und seinen schmalen Hintern seitwärts gereckt hatte, eine Gerichtsverhandlung erwartete. Neben ihm Keith Richards, sogar noch dünner und gar nicht wie ein Model, son­dern wie eine irre Werbung für einen gefährlichen, sorglosen Tod ausse­hend – schwarze zottige Haare, aschfahle Haut, mit einem Pumazahn an seinem rechten Ohrläppchen und einer Marihuanazigarette zwischen sei­nen verrottenden, gefletschten Hauern. Und mit blauem Zahnfleisch, der einzige Weiße auf der Welt mit blauem Zahnfleisch, giftig wie eine Klap­perschlange.

Von den Fotos her erkannte ich den Ersatzmann für Brian Jones, Mick Taylor. Er wirkte rosig, blond und hübsch wie ein Püppchen neben Jag­ger und Richards, die, seit ich sie vor einem Jahr zum letzten Mal gesehen hatte, um mehr als nur ein Jahr gealtert waren. Einen der anderen, dessen schwarzes Haar mit blassgoldener Farbe wie von Reif bedeckt war und der klassische Country-&-Western-Bekleidung von Nudie, dem Rodeo-Schnei­der, trug, hatte ich, so erinnerte ich mich, im Fernsehen und auf Platten­hüllen gesehen – es war Gram Parsons und er stammte, wie ich gehört hatte, aus meiner am Rande des Okefenokee-Sumpfes gelegenen Heimat­stadt Waycross in Georgia. Wir waren einander noch nie begegnet, aber ich hatte eine Kritik über „The Gilded Palace Of Sin“, das neue Album seiner Band Flying Burrito Brothers, geschrieben. Dass er die Stones kann­te, darauf wäre ich nicht gekommen. Ihn hier zu sehen, einen anderen Kna­ben aus Waycross in diesen höheren Sphären anzutreffen, ließ mich so etwas wie ein vorgezeichnetes Muster erahnen, irgendeine Bestimmung, die ich nicht klar erkennen konnte, und ich stand auf, um mit Gram Parsons zu sprechen – als wäre er ein Prophet und ich ein Erleuchtung su­chender Pilger.

Aber als ich um den Tisch herum ging, drehte sich Jagger in meine Richtung, und zum ersten Mal, seit er den Raum betreten hatte, standen wir einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber, und zwar viel zu nahe; seine Augen waren wie die eines Wildes, groß, dunkel, überrascht.

Ich erinnerte mich, dass ich auf dem Flug hierher im „Time“-Magazin über eine Studie gelesen hatte. Demnach würde derjenige bei einer Begegnung zweier Menschen, die sich anschauen, am wahrscheinlichsten die Situa­tion dominieren, der als erster wegschaut. Ich lächelte Mick also freund­lich zu, und er schaute weg, genau wie die dominanten Leute in „Time“. Ich fühlte mich, als hätte ich ein Spiel, das ich gar nicht spielen wollte, be­reits verloren. Dann war ich aber an Mick vorbei und sagte zu Gram: „Freut mich, dich zu sehen.“

„Yeah“, sagte Gram mäßig begeistert, „aber wer bist du?“

Ich erzählte es ihm und er meinte: „Hat mir gefallen, was du über un­sere Band geschrieben hast.“

„Ich bin aus Waycross“, sagte ich. Er nahm mich kurz in Augenschein, dann gab er mir den Joint, den er gerade rauchte. Wir spazierten auf den schmalen, vor dem Haus gelegenen Rasenstreifen hinaus (als wir hinaus­gingen, sagte Keith gerade zu Charlie: „Hast du gelesen, was dein Freund Gleason geschrieben hat?“), setzten uns in das Gras neben der Hecke und sprachen über Land und Leute in Georgia. Gram sagte, er habe nicht vor, jemals zurückzukehren. Ich erinnerte mich daran, dass mir meine Mutter von der Scheidung seiner Eltern erzählt hatte. Sein Vater, ein Mann na­mens „Coon Dog“ Connor, beging danach Selbstmord und Grams Mut­ter heiratete dann einen aus New Orleans stammenden Mann namens Parsons. Erst sehr viel später, als man begann, Gram in Artikeln und Büchern späte Anerkennung für das Erfinden einer neuen Musikrichtung zukom­men zu lassen, erfuhr ich, dass seine Mutter am Tag vor seinem Highschool-Abschluss an Unterernährung infolge von Alkoholismus gestorben war. Ihr Vater hatte noch Cypress Gardens und fast alle Orangen in Zen­tralflorida besessen. Aber mittlerweile war sogar das Haus in Waycross, in dem Gram lebte, abgebrannt.

Wie wir dort oben, dem Himmel nahe, hoch über dem Sunset Boule­vard saßen, schien es, als könnten wir in Richtung Osten bis heim nach Georgia sehen, mal abgesehen vom Smog. Aber hätte es keinen Smog ge­geben, was hätten wir dann schon zu sehen bekommen, außer den Leu­ten, die den Smog erzeugten? Gram zog am Joint und inhalierte tief. Ein silbernes Indianerarmband mit Hakenkreuzen hing an seinem Handge­lenk und seine Augen waren von undurchdringlichem Hellgrün wie Vo­geleier. „Schau es dir an, Mann“, sagte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Sie nennen es Amerika, und sie nennen es Zivilisation, und sie nennen es Television, und sie glauben daran und bezeugen ihm die Ehre und besingen es in Liedern, und sie essen und schlafen und sterben, noch immer daran glaubend, und – und – ich weiß nicht“, sagte er und nahm einen weiteren Zug, „dann kommen manchmal die Mets daher und ge­winnen die ‚World Series‘ –“

Mit all der Erleuchtung, die ich in diesem Moment verkraften konn­te, trudelte ich zurück durchs Haus auf die Veranda, wo alle, die schon dort gewesen waren, und einige Neuankömmlinge gerade ein Powwow abbrachen und Jagger zurückließen, der zu einem sehr großen, jungen Mann mit Löwenmähne und roten Bartstoppeln an den Backen aufblick­te und also sprach: „Schau, Chip“, – da wusste ich, dass es ihn wirklich gab, diesen Mann, der sich selbst Chip Monck nannte – „wir können nichts mit Publikumsbeteiligung machen. Ich meine, ich schätze deinen Vorschlag und wir möchten sie auch gerne involvieren, aber wir können nicht ‚With A Little Help From My Friends‘ spielen und – was kennen sie denn? Du kannst von den Leuten nicht erwarten, dass sie bei ‚Paint It Black‘ mitsin­gen. Rock ’n’ Roll ist jetzt eine sehr coole Sache geworden, aber die Rol­ling Stones sind keine solche coole Angelegenheit. Was wir tun, ist viel alt­modischer, und weisst du, es ist nun mal nicht so, dass die Rolling Stones fünf hingebungsvolle Musiker wären – ich meine, ich würde viel lieber in einem goldmetallicfarbenen Cadillac auf die Bühne kommen und einen goldenen Anzug tragen oder so was ähnliches –“

Plötzlich, aber sanft und völlig ruhig, legte Chip seine Hände auf Micks Schultern und sagte in diesem weichen Bariton, der vor zwei Monaten Hunderttausende vom Dope ausgefreakte und vom Schlamm aufgeweichte Besucher des Woodstock-Festivals beruhigt hatte: „Ich möchte nur, dass du weisst, wie sehr es mich freut, mit euch zu arbeiten.“

Mick lachte. Als Chip ihn berührte, hatte er die Hände hochgenom­men, um ihn am Schlüsselbein auf Armlänge auf Distanz zu halten. Nicht ganz sicher, ob Mick nun über ihn lachte, lachte auch Chip. Beide stan­den mit leicht gebeugten Knien in der klassischen Ausgangsposition der Ringer da und grinsten einander an. Drinnen spielte jemand Klavier. Ich schaute nach, sah, dass es Keith war, gesellte mich auf der Bank zu ihm und fragte: „Was wird nun aus diesem Buch?“ Ich vertraute Keith, zu­mindest soweit, dass ich annahm, er würde die Wahrheit sagen; ein Mann mit blauem Zahnfleisch hat es nicht nötig zu lügen.

„Was soll damit sein?“ fragte er und spielte keine erkennbare Melodie. „Ich brauche einen Brief.“

„Ich dachte, Jo hat dir einen Brief geschickt.“

„Viele Briefe, aber alle nicht das, was ich brauche. Sie sagt, ich benöti­ge Allen Kleins Zustimmung.“

„Du brauchst von niemandem die Zustimmung. Alles was du brauchst, sind wir. Jo! Hey, Jo!“

Aus den Tiefen des verschlungenen Gebäudes tauchte Georgia Berg­man auf. Sie war die Sekretärin der Stones, ein angloamerikanisches Mädchen in den Mittzwanzigern mit schrulligem, schwarzem Haar, das in der damaligen Mode wie elektrisch zurechtgemacht war und rundherum wie eine grässliche Perücke abstand.

„Was ist mit diesem Brief?“ fragte Keith. Er spielte noch immer nichts, was man hätte erkennen können.

„Wir haben ihn abgeschickt“, sagte Jo. „Aber er war nicht in Ordnung, es hat nicht funktioniert, es ähmmm -“

„Ich werde mit Mick darüber sprechen“, sagte Keith. Das war zwar ein schwacher Trost für mich, aber ich sagte „fein“, und Jo nahm mich auf einen Spaziergang über das Grundstück mit, das man zusammen mit der Villa für viel Geld von einem Mitglied des Chemie-Clans der Du Ponts gemietet hatte. Wir schlenderten nach hinten hinaus zur entferntesten Ecke des Besitzes, wo es für die Kinder ein kleines Haus zum Spielen, eine Rut­sche und Schaukeln gab. Ich ging mit gesenktem Kopf und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

Kaum länger als ein Jahr vorher, im September 1968, war ich nach England gefahren, um die Stones zu besuchen. Ich hatte mir dabei gedacht, dass mir noch diese eine Story fehlte, um eine Sammlung von Artikeln über Musik zu veröffentlichen. Fast drei Jahre lang, seit Mick, Keith und Brian wegen Drogenbesitz in Haft gekommen waren, hatten sich die Stones aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und nur ein einziges Mal waren sie öf­fentlich aufgetreten. Ich traf die Stones, war bei Brians Gerichtsverhand­lung dabei und schrieb eine Story – aber ich hatte nur ein flüchtiges Auf­blitzen des Mysteriums der Rolling Stones in Brians Augen erhascht, als er kurz von der Anklagebank aufblickte. Im Frühling, nach Veröffentli­chung der Story, fragte ich an, ob sie beim Schreiben eines Buches über sie mit mir zusammenarbeiten wollten. Es wurde Juni, und ich wartete noch immer auf eine Antwort, als Brian, der die Band gegründet hatte, ausstieg, wegen „musikalischer Differenzen“ mit den anderen Stones, wie er sagte. Weniger als einen Monat später rief mich Jo Bergman mitten in der Nacht an, um mir mitzuteilen, dass man Brian tot aufgefunden hatte, ertrunken in seinem Swimmingpool.

Einige Wochen später schickte mir Jo einen Brief im Namen der Sto­nes, in dem sie ihre Zusammenarbeit anboten – allerdings auf der Basis eines Vertrags zwischen ihnen, den Verlegern und mir. Aber es ist un­möglich, unter solchen Umständen gute Arbeit zu leisten. Man muss so gut wie möglich schreiben und darf keinerlei Kontrolle über irgendwelche Dinge mit irgend jemandem teilen, weder hinsichtlich des Manuskripts noch bezüglich des Geldes. Bei jedem anderen Arrangement kommt Publicity, aber nicht Literatur heraus. Schließlich übergab Jo die Sache mit dem Buch, in Vertretung von Allen Klein, an Ronnie Schneider, der weit­hin als der mächtigste Agent im Showbusiness galt. Als Akt der Selbstver­teidigung heuerte ich ebenfalls einen Agenten an, der auf dem Gebiet der Literatur das Gegenstück zu Klein darstellte. Er schickte Schneider einen Brief, den die Stones unterschreiben sollten. Aber Keith wiederum sagte, dass ich Klein überhaupt nicht brauchen würde. Warum erzählte Jo dann aber Klein oder seinem Neffen Schneider von meinem Buch?

Jo saß in einer Schaukel und pendelte langsam hin und zurück. Es war, wie ich herausfinden sollte, typisch für die Art der Stones, Geschäfte ab­zuwickeln: dass ich, wie auch Jo selbst, nicht genau wusste, was sie eigent­lich für sie machte und dass die Stones das auch nicht wussten. Sie hatte in London einen Astrologen konsultiert, der ihr gesagt hatte, dass ich die­ses Buch schreiben, es mich aber alles außer meinem Leben kosten würde. Sie wusste die Details nicht – ich wurde, während ich dieses Buch schrieb, von den Hell’s Angels angegriffen, ich kam ins Gefängnis, wurde auf der Memphis-Arkansas-Brücke von einem Holztransporter angefahren, brach mir bei einem Sturz von einem Wasserfall in Georgia den Rücken und hatte epileptische Anfälle beim Entzug von Drogen. Aber selbst wenn sie das alles gewusst hätte, sie hätte es mir nicht erzählt. Sie erzählte mir auch nichts von dem Astrologen – bis sehr viel später, als es keine Möglichkeit zum Umkehren mehr gab. Ich erkletterte jetzt, eifrig wie ich war, nur mit meinen Händen die Kette einer Schaukel – erkletterte sie ohne Probleme, da ich monatelang nichts anderes getan hatte als Briefe in „Basic English“ an die Stones zu schreiben und Gewichte zu heben. Als ich oben war und mich wieder auf den Weg nach unten machte, flatterte mein Schal hoch und geriet zwischen meine Hand und die Kette. Die Seide war wie Öl, meine Hand bekam keinen Halt und ich krachte zu Boden, verbrannte die Hand, zerfleischte meinen kleinen Finger, schlug ihn mir bläulichweiß und große, dunkelrote Tropfen quollen dort, wo das Fleisch vom Nagel gerissen war, hervor und fielen in den Staub. „Ich dachte mir, dass dir das passieren würde“, sagte Jo, und ich dachte nur: „Wo bin ich hier eigent­lich? Was geschieht mit mir?“ Ich war in Kalifornien und wurde für das Tragen eines Schals bestraft.

Mit einer Art psychischem Hinken ging ich vom Spielplatz weg. Al Steckler, ein Promotionmann von Kleins Büro in New York, kam am Hin­tereingang an und trug einen Diplomatenkoffer bei sich. Wir hatten ein­ander in London kennengelernt. Ich begrüßte ihn und ging hinein, um auf der Couch zu sitzen und an meinem kleinen Finger zu lutschen. Als nächstes nahm ich wahr, dass Jagger neben mir saß und fragte: „Was ist nun mit diesem Buch?“

„Was soll damit sein?“ Ich schaute mich im Raum um. Steckler und ein paar andere Leute waren da; Jo saß mit einer Polaroidkamera auf dem Boden und machte ein Bild von Mick und mir.

„Diese Bücher sind nie was wert“, sagte Mick.

„Das stimmt“, antwortete ich und nahm an, dass er Bücher wie „My Story“ von Zsa Zsa Gabor, erzählt von Gerold Frank, meinte. „Aber ich werde kein solches Buch schreiben.“

„Wovon würde dein Buch handeln?“

„Wovon?“

„Du weißt schon, was würde drinstehen?“

„Wovon wird dein nächster Song handeln?“

„Von einem Mädchen in einer Bar, Mann, ich weiß nicht. Es ist viel leichter, einen Song zu schreiben als ein Buch.“

„Ich bin hip“, sagte ich. „Ich bin verdammt kompetent, Bucky.“ Er lachte so freundlich, dass ich sagte: „Na ja, vielleicht kann ich dir eine Idee davon vermitteln.“ Ich starrte in die Düsternis, runzelte die Stirn, und Mick sagte: „Du musst es mir nicht jetzt erzählen, denk ein wenig darüber nach, wenn du willst –“

„Nein, wenn ich zu lange darüber nachdenke, wird es mir langweilig.“ Mick lachte wieder. Die anderen waren still und beobachteten uns. Jo wartete darauf, dass sich das Polaroidfoto entwickelte.

„Vielleicht kann ich einen Vergleich ziehen“, meinte ich und erzählte Mick von meiner Story über einen Blues-Sänger, der mehr als vierzig Jahre lang in Memphis die Straßen gefegt hatte. „Aber er ist mehr als nur ein Straßen­kehrer, weil er niemals zu spielen aufgehört hat, wenn du verstehst, was ich meine.“ Ich schaute Mick nicht an, um herauszufinden, ob er verstand. „Man schreibt“, erzählte ich ihm, „über Dinge, die das Herz bewegen, und in der Story über den alten Blues-Sänger habe ich darüber geschrieben, wo er lebt, und über die Songs, die er singt, und ich habe die Dinge aufge­listet, die er in den Straßen zusammengefegt hat, und ich kann ihm, Furry Lewis, nicht erklären, was an ihm ist, das mein Herz berührt, und genauso wenig kann ich dir sagen, was ich über die Rolling Stones schreiben würde. Und daher nehme ich an, dass ich deine Frage nicht beantworten kann.“ –„Nein“, sagte er, „du hast sie beantwortet“, und zum ersten Mal, seit es mir vor langen Monaten in den Sinn gekommen war, dieses Buch zu schreiben, hatte ich diesbezüglich ein gutes Gefühl. Das hätte mir eine Warnung sein sollen.

Jo zeigte uns das Foto. Es war zu dunkel; Mick und ich waren nur zwei finstere Köpfe, wie Mount Rushmore als Ruine. Steckler öffnete seinen Aktenkoffer, um Mick das Cover des Konzertprogramms der Stones zur Zustimmung vorzulegen. Es zeigte ein Mädchen, das eine Empirefrisur auf dem Kopf, einen überraschten Ausdruck im Gesicht und ein im Wind flatterndes Cape trug, das die üppigen Formen enthüllte. Mick war ein­verstanden. Keith und Gram kamen vom Tennisplatz zurück und setzten sich ans Klavier. (Keiner der Stones konnte Tennis spielen und sie ver­schossen die Bälle, eine Dose nach der anderen, Tag für Tag; wer Doheney auf dem Oriole Drive kommend hinauffuhr, dem flogen Tennisbälle in Richtung Sonnenuntergang um die Ohren.) Mick sang mit ihnen mit. Der Nachmittag zog sich. Es war einer dieser Scott-Fitzgerald-Sonntagnachmittage in Hollywood, die sich einfach endlos hinziehen.

Just a kid actin’ smart

I went and broke my darlin’s heart

I guess I was too young to know

Die Kraft der romantischen Dichtung, deren Details von Coleridge und Wordsworth aus den Schriften von William Bartram über das Land und die Legenden rund um den Okefenokee-Sumpf geklaut waren, führ­te die beiden englischen Rhythm-&-Blues-Jungs Mick und Keith mit einem Country-Verrückten aus Georgia am Klavier zusammen, und gemeinsam sangen sie Songs von Hank Williams. Keiths Hund Okefenokee lernte ich erst später kennen; Mick schien sich nicht sicher zu sein, ob er an diesen Songs Gefallen fand.

Steckler redete ins Telefon: „In einer Woche ist schlecht. Wir brau­chen bis morgen zusätzliche Leitungen. Würde es helfen, wenn ich den Gouverneur anrufe? Das meine ich ziemlich ernst, meine Liebe.“

I’ll never see that gal of mine

Lord, I’m in Georgia doin’ time

I heard that long, lonesome whistle blow

Im Büro gleich neben dem Wohnzimmer – dass diese Villa wie ein Motel wirkte, habe ich bereits erwähnt – hielt sich ein weiterer Promotionmann auf, David Sandison aus England. Er jagte eine Pressemeldung hinaus, die ich über seine Schulter hinweg las. Sie sagte nichts über Brian Jones, sondern hielt nur fest, dass diese Tour „Mick Taylors Amerika-Debüt mit den Stones darstellt“. Sie verfluchte, ohne seinen Namen zu nennen, Ralph Gleasons Attacke auf die Stones und versicherte der Presse, dass „alle die Band unter den besten Bedingungen sehen und hören“ würden. Die Aussendung teilte auch noch mit, dass „dreizehn Städte auf dem Plan“ standen, worauf eine Liste von vierzehn Städten folgte, in denen die Stones spielen würden. Es freute mich zu sehen, dass ich nicht der einzige war, der nicht so recht wusste, was vorging.

In einem Alkoven des Büros gab es eine Bar mit Kühlschrank. „Willst du ein Bier?“ fragte Sandison und nahm sich selbst eins. „Nein, danke“, sagte ich. Das Büro war nicht schlecht, wie Büros halt so sind, mit Bücher­regalen rundherum an den Wänden und einem großen, von Papieren über­säten Tisch.

„Zuerst war geplant, dass sie jeweils drei Tage lang in drei verschie­denen Städten spielen sollten“, sagte Sandison, wobei er die grüne Heineken-Flasche öffnete und sich ein Glas eingoss. „Dann waren es sie­ben Städte.“ Er nahm einen großen Schluck, und ich sah, dort auf dem Tisch, zum Teil von anderen Papieren zugedeckt, jenen Brief meines Agen­ten an „Mr. Ronny Schneider“, von dem ich zwar gehört, den ich aber nicht zu sehen bekommen hatte.

„Jetzt sind es – wie viele? Fünfzehn?“ fragte Sandison.

„Sehr geehrter Mr. Schneider“, las ich. „Dieser Brief bestätigt … Ihre Einwilligung und die der Stones zur Zusammenarbeit … wir werden uns um die Zustimmung der Stones bemühen und sie auch erhalten … durch Ihr Büro vor einer Übereinkunft mit dem Verlagshaus … die Rolling Sto­nes werden am Erlös beteiligt …“

„Oder sind es dreizehn?“ fragte Sandison.

„… sind wir weiterhin einverstanden, dass der fertige Text mit den Sto­nes und ihrem Management abgeklärt wird …“

„Egal, morgen wird sich alles wahrscheinlich wieder ändern“, sagte Sandison, der von der Bar zurückkam, als ich den Brief in meinem Hemd verschwinden ließ.

„Mich würde gar nichts überraschen“, meinte ich und ging in die Halle hinaus, wo ich Schneider traf.

„Ich hab’ dich gesucht“, sagte er. „Wir müssen über deinen Deal reden. Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass die Jungs die Hälfte kriegen sollten.“

„Sprich mit meinem Agenten“, sagte ich, und meinem Agenten woll­te ich untersagen, weiter mit ihm zu verhandeln. „Ich versteh’ nichts von dem Kram.“

Am frühen Nachmittag war ich die breiten, baumgesäumten Straßen entlang nach Memphis, Tennessee, hinausgefahren, wo ich lebte. Die Land­straße außerhalb der Stadt war von Eichen überwölbt und auf dem Weg zum Flughafen kam ich durch den alten und von Highways umgebenen Stadtkern. Weiter draußen erstreckte sich neben der Straße ein breiter Streifen Land, der vor zehn Jahren, als ich zum ersten Mal nach Memphis ge­kommen war, aus drei oder vier Farmen bestanden hatte – mit einem Maultier auf dem Feld, mit einer ungestrichenen oder einer mit ziegelge­musterter Teerpappe tapezierten Hütte und mit alten Fords, die in Vor­gärten vergammelten. Alte schwarze Männer in Overalls hatten auf der Veranda eine Pfeife geraucht; alles war von Armut und Geißblatt über­wuchert gewesen und all das war jetzt längst vergangen. Als ich vorbei­fuhr, gab es dort nichts als eine ausgedehnte Schlammfläche mit kleinen Wasserlachen und einer im zeitlosen Schlick wie ein Fossil versunkenen Fernsehbildröhre. Ich musste an dem schlammfarbenen Bürogebäude vor­bei, wo Christopher während der letzten vier Jahre Reservierungen für Omega Airlines entgegengenommen hatte. Sie kann, wenn ihr danach ist, eine Persönlichkeit nach der anderen annehmen, und sie hat – es sei mir erlaubt, dieses blauäugige, wasserfarbene Einhorn vorzustellen – unserer Katze Hodge das Alphabet beigebracht. Sie war von liebenswürdigem Charakter und ihre Manieren waren um nichts weniger nett. Wenn ihr nach Fluchen zumute war, pflegte sie „Ratten und Mäuse“ zu sagen. Die Ar­beit bei Omega nahm sie jedoch ziemlich her und das beeinträchtigte unser Zusammenleben. Die letzten drei Jahre, seit Christopher und ich in den Stand der Ehe getreten waren, hatte ich Flüge zum Familientarif unter­nommen, um die Stories zu recherchieren, die ich derart langsam schrieb, dass niemand sich vorstellen konnte, wie dringend ich das Geld brauchte.

Später saßen die Stones und ihr Anhang, alles in allem waren wir zwan­zig Leute, faul um einen in den Boden versenkten, weiß gedeckten Tisch im Yamato-E, einem japanischen Restaurant im Century Plaza Hotel, und warteten auf das Dinner. Es dauerte lange und irgend jemand – Phil Kaufman – ließ eine Handvoll Joints herumgehen. Kaufman, ein zwergenhaf­ter Germanentyp aus Los Angeles mit einem gelben Schnurrbart, hing mit Gram herum. Man hatte ihn engagiert, um mitzuhelfen, die Stones zu be­treuen, während sie in der Stadt waren. Er war wegen einer Drogenan­klage im Terminal Island Correctional Institute in San Pedro, Kalifornien, mit einem Kerl namens Charlie Manson eingesessen. Wir anderen hatten noch nichts von Manson gehört, was sich indes schon bald ändern sollte. Hingegen würde es noch einige Jahre – genau gesagt vier – dauern, bevor Kaufman in die Nachrichten kam, weil er Grams Leiche von einer Gepäckrampe des Flughafens in L. A. gestohlen und in der Mojave-Wüste verbrannte hatte. Während eines Gesprächs zwischen Gram und Phil war, einige Monate vor jener Nacht im September 1973, in der Gram eine Über­dosis Morphium und Alkohol erwischte, die Rede auf Bestattungsvor­kehrungen gekommen. Als ich einen Joint anzünden wollte, bemerkte ich, dass die anderen die ihren wegsteckten. Chip Monck, der während der letz­ten Tage herumgeflogen war, um die Licht- und Soundverhältnisse der Konzert-Locations zu überprüfen und der mir jetzt gegenüber schlafend und mit zur Seite geneigtem Kopf am Tisch saß, erwachte. Er sah mich einen Joint und ein brennendes Streichholz halten und erklärte, dass es auf dieser Tour kein Dope geben und man im Falle einer Verhaftung auf sich alleine gestellt sein würde. Dann schlief er wieder ein. Ich fand sein Ge­rede zwar blödsinnig, steckte den Joint aber in meine Tasche.

Als Keith von der Toilette zurückkam, gingen ein Mann und eine Frau hinter ihm vorbei und die Frau sagte, als sie seine struppige schwarze Mähne sah, mit einer lauten, betrunkenen Stimme: „Du wärst süß mit getönten Haaren.“

Keith drehte sich lächelnd um und zeigte seine Hauer. „Du wärst süß mit getönter Möse“, sagte er.

Einige Mitglieder des Grüppchens sangen, angeführt von Jo Bergman, „Happy Birthday“. Ronnie Schneider war heute sechsundzwanzig. Ich war siebenundzwanzig. Ich sang nicht. Die Stones auch nicht.

Nach dem Essen fuhren wir mit einer Flotte von Cadillacs zu einem kleinen Club namens Ash Grove, in dem der alte Blues-Sänger Big Boy Crudup gemeinsam mit dem jungen Blues-Sänger Taj Mahal das Pro­gramm bestritt. Da das Lokal total überfüllt war, standen wir im Durch­gang herum, um besser zu sehen, als ein großer, rothaariger und som­mersprossiger Cowboyjunge an uns herantrat, sich als Tajs Roadmanager vorstellte und seiner Freude darüber Ausdruck verlieh, dass die Stones in L. A. waren. Er erinnerte sich daran, wie freundlich sie gewesen waren, als Taj sich in London aufgehalten hatte. Hinter der Bühne bekamen wir Gras, Koks, Scotch, Wein, alles was wir wollten.

Dann bezogen wir wieder im Durchgang Stellung. Crudup sang mit der Band von Taj Mahal, in der zwei Weiße, ein Schwarzer und ein Indianer zusammen spielten, „That’s All Right, Mama“, und ich spürte ge­rade jede einzelne Schwingung der Musik mit sämtlichen spinnenartigen Verästelungen meines Nervensystems, als der Roadmanager zu mir sagte: „Weißt du, es ist schwer, für Nigger zu arbeiten.“

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Mit einer Kopfbe­wegung deutete er auf den Rest der Band: „Und dieser Bassist, der Gi­tarrist und der Schlagzeuger – die sehen vielleicht wie, ähm, Kaukasier aus, aber in ihren Herzen sind sie auch Nigger.“

Ich wusste auch darauf nichts zu sagen. Dann beendete er seinen Ge­dankengang: „Aber weißt du, mit Niggern kannst du mehr Spaß haben als mit irgend jemand anderem auf der Welt.“

The Rolling Stones

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