Читать книгу Ordnungen der Ungleichheit – die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871 – 1945 - Stefan Breuer - Страница 12

Depotenzierung des Bodens II: Nationalsozialismus

Оглавление

Den End- und Tiefpunkt in der Entzauberung des Bodens findet man ausgerechnet bei den Nationalsozialisten, die seit Anfang der 30er Jahre mit großem propagandistischem Aufwand für Blut und Boden eintraten und für die „Verwirklichung des Begriffes“ ein eigenes Amt einrichteten: das Rasse- und Siedlungsamt der SS.12 Was immer jedoch die Nationalsozialisten waren, Chthoniker in dem von Thomas Mann bezeichneten Sinne waren sie nicht. Das gilt für den neonationalistischen Flügel der Straßer, Goebbels & Co, die sich, ihrer Bewunderung für Moeller van den Bruck zum Trotz, nicht lange mit Reflexionen über den Ortsgeist aufhielten und ihre ganzen Anstrengungen darauf richteten, die arbeitslosen Massen wieder in Arbeit zu setzen. Nicht die Erde, die Arbeit stand im Mittelpunkt ihres Denkens; und wenn sie dann doch der Landwirtschaft und dem Siedlungsgedanken ihren Tribut zollten, so geschah dies primär aus arbeitsmarktpolitischen, wehrstrategischen und wahltaktischen Motiven.

Es gilt aber auch für die völkischen Nationalsozialisten. Bei ihnen spielte wohl die Abneigung gegen die Großstadt und die ideologische Überhöhung der dörflich-bäuerlichen Welt eine größere Rolle, doch war man vom genuinen Chthonismus nichtsdestoweniger weit entfernt. Nichts davon liest man bei Gottfried Feder, der ganz im Sinne der klassischen politischen Ökonomie die Arbeit als Quelle des Nationalvermögens pries und ihr den ersten, den „Ehrenplatz in der ganzen Wirtschaft“ zuweisen wollte (Feder 1933a, 75, 24, 303). Nichts dergleichen bei Eckart oder Dinter, dem die Sünde wider das Blut weit wichtiger war als die wider den Boden.

Bei Alfred Rosenberg, dem wie immer auch umstrittenen Chefideologen der Bewegung, findet sich gar eine der schärfsten Absagen, die dem Chthonismus je zuteil wurden. Der Mythus des 20. Jahrhunderts wendet sich, ganz auf der Linie Baeumlers, gegen die romantische Verbindung von Erde, Mutter, Nacht und Tod und gegen das „Triebhafte, Gestaltlose, Dämonische, Geschlechtliche, Ekstatische, Chthonische“ (Rosenberg 1935, 37). Die von Bachofen, Nietzsche, Rohde u.a. gefeierten Muttergötter mit ihren erdhaften Zügen seien ein vorderasiatisches Erbteil, das über Kreta nach Griechenland gelangt sei, Ausdruck der Rassenseele nichtarischer Völker. Die eigentlich griechischen Götter dagegen seien Heroen des Lichts und des Himmels, die verkörperte „Überwindung der tellurischdunklen Mächte der Erde und Unterwelt“. Wo sie aufgetreten seien, sei die „blutige Amazonenherrschaft“ gebrochen und das Matriarchat, welches stets mit chthonischem Götterglauben verbunden sei, durch das Patriarchat abgelöst worden (41, 136). Anstelle des Dionysischen als der ‘hemmungslosen Rassenmischung’ sei das Apollinische getreten, das sich in den klaren Ordnungen der Familie, des Privateigentums und des Staates verwirklichte. Später hätten dann die – freilich wesentlich dynamischer gearteten – Germanen die Fackel weitergetragen und die „Durchgeistigung der Welt“ vollendet (377). Germanisch: das war nach Rosenberg „die durch die Stofflichkeit hindurchdrängende innere Ausstrahlung eines bedeutenden Willens“, „die luziferische (!), gewaltsam Raum und Zeit überwindende Macht“ (348, 263), die sich im Mittelalter in den Wikingern, in der Gegenwart im wissenschaftlichen Forscher- und Entdeckerdrang manifestierte.

Während Rosenberg auf diese Weise die spezifisch neuzeitliche „Scheidung zweier Welten, der Welt der Freiheit und der Welt der Natur“ (131), als säkulare Errungenschaft des nordisch-germanischen Wesens feierte, mochte er jedoch auf der anderen Seite von den typisch völkischen Vorbehalten gegen eben diese Entkoppelung nicht lassen. Wahrhaft germanisch sollte danach nicht der grenzenlose, im Spenglerschen Sinne faustische Fortschritt sein, der von der Erde wegführte, sondern ein Fortschritt, der wieder zu ihr hinführte, der im Einklang stand mit dem Kosmos, mit der „Gesetzlichkeit im ewigen Werden auf der Erde“ (142). Da sich diese aber für Rosenberg wiederum nur im Pulsieren der Rassenseelen zeigte, unter denen der arischen, nicht erdhaften der Vorrang zukam, drehte sich die ganze Gedankenbewegung im Kreise. Am Ende wußte sich Rosenberg nur zu helfen, indem er bei dem völkischen Zentraldogma Zuflucht nahm: der Unterscheidung „in das mit dem nationalen Boden unlösbar verbundene schaffende Industriekapital und die Landwirtschaft einerseits und in das an keinen Boden gefesselte raffende Leihkapital“ (Rosenberg 1933, 23).

Man sollte meinen, dies sei bei jener Fraktion des NS anders, die explizit auf Blut und Boden setzte und wegen ihrer Fixierung auf agrarische Faktoren bis heute als antimodern gilt (Bensch 1995, 44; Kroll 1998, 157). Aber auch hier spielte der Boden eine geringere Rolle, als von der Phraseologie her zu vermuten wäre. Richard Walther Darré, der entgegen seinem Ruf als Repräsentant des zivilisationskritischen, industrie- und technikfeindlichen Flügels der NSDAP durchaus wußte, daß eine Leistungssteigerung in der Landwirtschaft nur mit verstärktem Maschineneinsatz zu haben war (Eidenbenz 1993, 11), rückte wohl den Gegensatz zwischen bodenunabhängigen Nomaden und bodenverbundenen Seßhaften in den Mittelpunkt seiner Konstruktionen, und erklärte diesen Gegensatz auch noch recht materialistisch aus der Symbiose des Menschen mit ortsunabhängigen und ortsgebundenen Tierarten („Das Schwein als Kriterium für Nordische Völker und Semiten“). Eine wie immer geartete Determinierung des Menschen durch die Umwelt wollte Darré indes nur für die Vorzeit gelten lassen, während für die Geschichte gerade der Umstand zentral war, daß die Natur an konkreten Orten seßhafte Populationen erzeugte, die die Natur durch ihre Arbeit überwanden (Eidenbenz 1993, 45; Bensch 1995, 39, 52):

„Der Nomade ordnet sich und seine Kultur notwendigerweise immer der Umwelt unter, wozu ihn ja auch seine schmarotzende Lebensweise zwingt. Da die Umwelt dem Nomaden den Lebensstil aufdrängt, so ist er gewissermaßen auch der geborene Verfechter einer Lehre, die alles Heil von der Umwelt erwartet und dem Menschen selber keine Einwirkungsmöglichkeiten darauf zubilligt. – Der Siedler versucht dagegen grundsätzlich sich die Umwelt unterzuordnen; seine Kultur ist daher immer eine Größe (Resultante), entstanden aus eigenem Können, d.h. Veranlagung, und aus den gegebenen Umweltverhältnissen“ (Darré 1937, 47).

Entscheidend in dieser Resultante waren die subjektiven Faktoren: das ‘Können’ und die von den Subjekten hervorgebrachten Ordnungen, insbesondere das Recht. Solange Grund und Boden ein Teil des Familienrechts waren und solange die Ehe darüber hinaus nicht bloß eine Privatangelegenheit, sondern Teil des öffentlichen Rechts war, solange waren die Bedingungen für die Reproduktion der nordischen Rasse günstig (Darré 1940, 136ff., 188f.). Fielen diese Voraussetzungen weg, wofür nach Darré wiederum allein historisch-soziale Faktoren verantwortlich waren, bestand die Gefahr der „Entnordung“, so viel Roggen die Erde auch hervorbringen und so viele Schweine sie zu tragen vermochte. Aus Bauern wurden dann bloße Landwirte, deren Tätigkeit nicht mehr den Gesetzen des Familienrechts, sondern denen der Wirtschaft entsprach (Bensch 1995, 43). Etwas anderes als ein Arbeitsgegenstand, der mit höchst unterschiedlichen Produktionsweisen verbunden werden konnte, war der Boden auch für den Reichsbauernführer nicht. Er konnte sich deshalb auch ohne große gedankliche Umbauten denjenigen in seiner Partei anschließen, für die nicht die Qualität des Bodens, sondern lediglich die Quantität der verfügbaren Fläche von Interesse war (Darré 1940, 160).

Der wichtigste Exponent dieser Richtung war Adolf Hitler. Gewiß kommen bei ihm auch chthonische Motive vor, etwa, wenn er den Boden zum „Volksheiligtum“ erklärt und eine direkte Verbindung zwischen dem Wesen des Menschen bzw. des Volkes und der „Art des Bodens“ behauptet (Hitler 1980, 192; R II, 18f.; R III.3, 219). Eine Religion der Natur ist damit jedoch nicht verbunden (so aber: Pois 1986). Nähere Auskünfte über die qualitative Beschaffenheit des angeblich so grundlegenden Bodens finden sich nirgends, dafür um so mehr Elogen auf die spezifisch menschliche, genauer gesagt: arische Fähigkeit, sich durch Arbeit von allen Umwelteinflüssen freizumachen und der Natur das eigene, durch Blut statt durch Boden bestimmte Programm aufzuzwingen. Die äußere Not, meint Hitler schon in einer seiner frühesten Reden zu wissen, sei für den Menschen der nördlichen Zonen die challenge gewesen, auf die er die ihm eigene response gegeben habe: die Ausbildung eines neuen, weder durch Instinkt noch durch Egoismus geprägten Ethos, das „Arbeit aus sittlichmoralischem Pflichtgefühl“ verlangt habe (Hitler 1980, 184). Arbeit in diesem arischen Sinne, heißt es später, sei eine „edle Tätigkeit“, die durch die „Vorstellung eines Ideals“ bestimmt sei (R I, 128f.). Sie zu verwirklichen, habe der Arier eines Arbeitsgegenstands bedurft, des Bodens, und so habe er allmählich die Welt erschlossen, arbeitend, erobernd, kultivierend.

Es wird an späterer Stelle zu zeigen sein, wie Hitler daraus seine Konzepte des arischen Imperialismus und der Lebensraumerweiterung ableitete. Hier gilt es nur festzuhalten, daß es sich nicht um Boden im Sinne einer zugleich unabhängigen und qualitativ bestimmten Größe handelt, sondern um eine abhängige Variable, die nur unter quantitativen Gesichtspunkten (Ausdehnung) von Interesse ist. Die Kausalkette, mit der Hitler operiert, führt vom Blut über die Arbeit zum Boden und liegt damit, sieht man vom Blutsbegriff ab, deutlich näher an der klassisch-bürgerlichen Arbeitsmetaphysik als an romantischen Vorstellungen über den Boden. Das wird auch durch die Sicht des Judentums unterstrichen, das keineswegs deswegen als minderwertig gilt, weil es räum- oder bodenlos ist, vielmehr deshalb, „weil es nicht urproduktiv ist, weil es eben nicht grundschöpferisch ist“ (R III.1, 129). „Ein Volk, das nicht mehr den idealen Sinn zur Arbeit besitzt, kann nicht mehr auf eigenem Grund und Boden eine Volkswirtschaft aufrichten. Daher ist die jüdische Gemeinschaft nicht territorial begrenzt, sondern unbegrenzt, nur rassisch gebunden“ (R I, 129).

So bestätigt sich von der Ideologieanalyse her der schon vor längerer Zeit von sprachgeschichtlicher Seite erbrachte Befund, daß sich im Dritten Reich der zweite Teil der Blut-und-Boden-Formel, das Wort Boden, nicht sehr häufig finde und überdies wenig mit einer Verklärung der Natur zu tun habe (Seidel/Seidel-Slottny 1961, 88). Man muß sogar noch weiter gehen und feststellen, daß der Chthonismus, anstatt den Rang einer Staatsdoktrin oder einer Legitimationsideologie einzunehmen, Gegenstand heftigster Angriffe war. Und das sowohl in seiner reinen wie in seiner entzauberten Form. Die Philosophie von Klages, in der die reine Form am konzentriertesten ausgearbeitet war, wurde 1938 von Christoph Steding als Ausdruck der „Verschweizerung“ des deutschen Denkens attackiert, in einem Buch, das von keinem Geringeren als Walter Frank, dem akademischen Chefhistoriker der NSDAP, eingeleitet wurde (Steding 1938/40, 34f., 218f.). Im gleichen Jahr brachten die Nationalsozialistischen Monatshefte eine vernichtende Kritik, die Klages seine negative Einstellung zur Arbeit, zur Technik, ja zum Willen überhaupt sowie seine Vernachlässigung von Kategorien wie Blut und Rasse vorhielt. Mit einigen Variationen fand sich diese Kritik auch in den durchweg ablehnenden Stellungnahmen wieder, die etwa bei Max Bense, Gerhard Lehmann, Theodor Haering oder Erich Jaensch zu lesen waren (Schröder 1992, 1304ff.; Großheim 1995, 128ff.). Das letzte Wort in diesem Scherbengericht hatte Alfred Rosenberg, der seine schon im Mythus erhobenen Vorwürfe 1938 noch einmal aufnahm und verschärfte. Klages, so seine Kritik, habe Partei ergriffen für die chthonischen und mutterrechtlichen Kulte Vorderasiens und sich damit von allem abgewandt, was nordisch sei. Das von ihm verworfene Griechentum sei jedoch

„ein einziger Protest des neuen Lebens gegen das ekstatische, chthonische, dunkle Dasein der Völkerschaften Vorderasiens … Apollon heißt, in einem Namen zusammengefaßt, dieses uns verwandte Griechentum … Was sich hier offenbart, ist eine eigenartige und für das Griechentum charakteristische Form des Zusammenwirkens von Seele und Leib, von Wille und Vernunft. Hier im Namen einer pelasgischen Ekstase einen Bannfluch gegen das Herakleische oder Apollinische zu schleudern, bedeutet nicht dem zu dienen, sondern bedeutet den Versuch eine konkrete herrliche Lebensgestalt zu zerstören“ (zit. n. Schröder 1992, 1318).

Nicht viel besser erging es der entzauberten Form des Chthonismus, wie sie in den 20er und 30er Jahren vor allem von der an Ratzel anknüpfenden „Geopolitik“ Karl Haushofers und seiner Schule vertreten wurde.13 Haushofer konnte zwar im Dritten Reich in die Führung einiger wichtiger Organisationen aufsteigen – des Volksdeutschen Rates (1933–1935), der Deutschen Akademie (1934–37) und des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland (1938–1942) –, doch war dies weniger den Inhalten seiner Lehre zu verdanken als der Protektion seines Schülers und Freundes Rudolf Heß (Heske 1987, 141). Obwohl er sein Konzept bewußt vage hielt und sich allen Forderungen nach einer exakten Definition entzog, stand es doch mit der Betonung der „Abhängigkeit alles politischen Geschehens von dauernden Bedingungen der Bodengestalt“ (Haushofer 1925/1979, 512) so stark in der Tradition Ratzels (Bassin 1987, 116ff.), daß es unweigerlich mit den Rassenlehren in Spannung geraten mußte.

Ab 1936 verdichteten sich die Angriffe. Sie richteten sich zunächst nicht gegen Haushofer, sondern gegen andere Vertreter der Geopolitik, doch war klar, daß die monierten Punkte – der milieutheoretische Determinismus und die Unterschätzung von Rasse und Volk – früher oder später auch dem Haupt der Schule zur Last gelegt werden mußten. 1936 erschien dann auch in der NS-Zeitschrift Das Volk eine Attacke, die, ohne den Namen Haushofers zu nennen, durch ihren Inhalt wie durch eine Karikatur unmißverständlich zeigte, wer gemeint war (126ff.). Sein Verleger teilte ihm bald darauf mit, von der Partei wie von der Staatsführung würden immer häufiger Vorbehalte gegen die Geopolitik geäußert, die die Überordnung des Bodens über das Blut, die prorussische Haltung einiger Aufsätze und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Methoden beträfen (Heske 1987, 140). Die 1932 gegründete „Arbeitsgemeinschaft für Geopolitik“ verlor mit Kriegsbeginn rasch an Bedeutung, und als 1941 Rudolf Heß zu seinem Flug nach Schottland startete, ging auch Haushofers Einfluß rapide zurück (142f.). Das Regime, das versprochen hatte, neben dem Blut auch den Boden wieder in seine Rechte einzusetzen, wollte von ihm von Anfang an nicht viel wissen.

1 E. M. Arndt, Germanien und Europa, 1803, 262ff., zit. n. Baeumler 1965, 183; Beta 1906, 93; Heidegger 2000, 112.

2 Siehe dazu ausführlicher: Gebhard 1984; Heidelberger 1993; Fick 1993; Müller-Tamm 1995; Riedel 1996.

3 DS X, 105. Auch vor seiner Schopenhauer-Rezeption hat sich Wagner, ungeachtet seiner Nähe zur Mythendeutung im Stil von Görres, Grimm oder Karl Otfried Müller, dagegen verwahrt, dem Boden oder dem Klima Einfluß auf die Kultur zuzusprechen. Es sei „sehr unchristlich von unseren modernen christlichen Kunstproduzenten gedacht und gehandelt, wenn sie auf ‘Klima’ und ‘natürlichen Boden’ sich als verwehrende oder begünstigende Bedingungen für die Kunst berufen“. Jeder Blick auf unsere Kunst lehre, „daß wir durchaus nicht unter der Einwirkung der klimatischen Natur, sondern der von dieser Natur gänzlich abliegenden Geschichte stehen“ (GSD III, 211, 214). Die Forderung, den vernünftigen Einklang mit der Natur wieder zu finden, steht auf einem anderen Blatt und widerspricht dieser Aussage nicht.

4 Vgl. etwa die vielzitierten Schlußverse in Georges Gedicht Der Templer: „Und wenn die grosse Nährerin im zorne / Nicht mehr sich mischend neigt am untern borne · / In einer weltnacht starr und müde pocht: / So kann nur einer der sie stets befocht / Und zwang und nie verfuhr nach ihrem rechte / Die hand ihr pressen: packen ihre flechte · / Dass sie ihr werk willfährig wieder treibt: / Den leib vergottet und den gott verleibt“ (GW II, 36).

5 Vgl. Nadler 1912. Im Vorwort umschrieb Nadler seine Aufgabe dahingehend, daß er die Dichtung aus Stamm und Landschaft erklären wolle, letztere verstanden „als Nährboden, als Materielles, als Trägerin eines ganz bestimmten Menschenschlages, von der aus beidem, aus Blut und Erde, das Feinste, das Geistige, wie in goldenen Dämpfen aufsteigt“. Tatsächlich war er jedoch weit weniger geo- als ethnozentrisch orientiert, wozu auch der starke Einfluß der Lamprechtschen Kulturgeschichte beigetragen haben mag: vgl. Meissl 1985, 132f.

6 Das zeigt für Carus: Müller-Tamm 1995; für Lotze und Fechner: Riedel 1996, 62ff.; für Fechner: Heidelberger 1993.

7 Vgl. Mirgeler 1933a, 804ff.; 1933b. Im Jahr zuvor hatte Mirgeler zum Sonderheft des Deutschen Volkstums über Moeller van den Bruck einen Beitrag über dessen Aufsatzsammlung Das Recht der jungen Völker beigesteuert (Deutsches Volkstum 34, 1932, 713f.). Zu Mirgelers Reichsidee siehe auch den Exkurs zum Fünften Kapitel.

8 Vgl. Schüddekopf 1973, 308ff. Noch 1927/28 außerstande, die Anfänge der Bauernrevolte zu erkennen und überwiegend fixiert auf einen rein städtischen ‘deutschen’ Sozialismus, stellte Otto Straßer um 1929/30 seine Agitation zunehmend auf diese Gruppe ein und übernahm dabei Elemente der artamanischen Agrarideologie: vgl. Moreau 1984, 125ff.

9 Vgl. Die Sozialistische Nation 1, 1931, H. 2, 25; 2, 1932, H. 2, 1; Paetel 1933, 42. Ähnlich auch Die Kommenden 5, 1930, 398.

10 Hielscher identifiziert zwar weitgehend Reich und Deutschtum (1931, 32, 110, 351), hält die Bestimmung des letzteren aber so weit offen, daß auch Gustav Wasa und Napoleon mit hinzugezählt werden können. Im Gegenzug gehört nicht jeder Besitzer eines deutschen Passes damit schon zum Menschentum des Reiches.

11 Dies gegen von dem Bussche 1998, 259ff.

12 Blut und Boden war der Titel einer völkischen „Monatsschrift für wurzelstarkes Bauerntum, deutsche Wesensart und nationale Freiheit“, die seit 1929 von dem Artamanenführer August Georg Kenstler herausgegeben wurde. Kenstler gab die Anregung für den Titel von Darrés Buch Neuadel aus Blut und Boden (1930) und bereitete die erste Reichstagung von Rosenbergs Kampfbund für deutsche Kultur mit vor, die vom 7. bis 9. Juni 1930 in Weimar stattfand und das Motto trug: „Ein Bekenntnis der deutschen Jugendbewegung zum Kampf um Rasse und Volkstum, Blut und Boden“. Ein Jahr später wurde das Rasse- und Siedlungsamt der SS gegründet und Darré unterstellt: vgl. Eidenbenz 1993, 3f.

13 Zur Geschichte des 1899 von dem schwedischen Staatsrechtlehrer Rudolf Kjellén eingeführten Terminus vgl. Sprengel 1996, 26ff. Zu Haushofer und seiner Schule neben den im folgenden genannten Arbeiten vor allem: Matern 1978; Jacobsen 1979.

Ordnungen der Ungleichheit – die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871 – 1945

Подняться наверх