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Geleitwort
ОглавлениеVon Beginn an war die Gestalttherapie als Gruppentherapie konzipiert. Die Ausbildung in Gestalttherapie findet traditionell seit ihren Anfängen im Gruppensetting statt. Heute praktizieren jedoch die meisten GestalttherapeutInnen Einzeltherapie, nur wenige führen Therapiegruppen außerhalb des Ausbildungssettings durch. Eher noch jene, die in Kliniken arbeiten. Das war in den 70er-Jahren noch anders. Als Auszubildende waren wir gefordert, ab dem 3. Ausbildungsjahr eine Gestalt-Selbsterfahrungsgruppe zu leiten und in die Supervision einzubringen. Allerdings scheint in der freien Praxis die Nachfrage nach Gruppentherapie auch etwas zurückgegangen zu sein, die Faszination des Gruppenerlebnisses wich zurück, dafür erhöhte sich die Bereitschaft zur Einzeltherapie. Es ist bedauerlich, dass weniger in Gruppen gearbeitet wird, denn das Gruppensetting bewährt sich sehr und bietet Möglichkeiten des Therapierens, die im Einzelsetting nicht möglich sind.
Erstaunlich ist, dass es nicht mehr Literatur zur Arbeit in Gruppen1 gibt unter der mittlerweile doch umfangreichen Literatur zur Gestalttherapie. Ob das Gruppensetting in der Gestalttherapie zu selbstverständlich ist, als dass man es speziell reflektieren würde? Dabei verdient es diese Reflexion sehr, gerade in einem Therapieansatz, der wesentlich von der Feldtheorie und dem Umgang mit Gestaltbildungsprozessen geprägt ist und prozessorientiert (also auch gruppenprozessorientiert) vorgeht.
Oft fragen mich jüngere KollegInnen, die eben ihre Ausbildung zum Gestalttherapeuten abgeschlossen haben, wo man denn eine Weiterbildung in Gestalt-Gruppentherapie machen könne. Ich bin dann jeweils erstaunt, weil die Ausbildungsgänge ja in Gruppenform erfolgen und somit eigentlich auch eine Ausbildung in Gruppentherapie abgeben sollten.
Viele AbsolventInnen von Gestalttherapieausbildungen (aber auch erfahrene Profis und AusbilderInnen) fühlen sich jedoch unsicher in der Gruppenarbeit, wenn es um den Einbezug der Gruppendynamik und um Arbeitsweisen mit der Gruppe als Ganzes geht. Sie kennen wohl den Stil der Einzelarbeit in der Gruppe, wie ihn Fritz Perls zu Demonstrationszwecken praktizierte, weniger aber das gruppenorientierte oder gruppenzentrierte Arbeiten. Der Übergang von der Einzeltherapie in der Gruppe zur eigentlichen Gruppentherapie, welche auch die Therapie der Gruppe mit einschließt, ist wesentlich am Cleveland Institut vorangetrieben worden.
Umso mehr ist es mir eine Freude, dass in diesem Buch eine erfahrene Praktikerin aus der Gruppenarbeit in freier Praxis und Ausbildung sowie ein erfahrener Praktiker der stationären Arbeit einer Klinik aus ihrem Erfahrungsschatz berichten. Dieses Buch ist wohltuend anschaulich aus der Praxis für die Praxis geschrieben. Es lässt die Lesenden den beiden erfahrenen Autoren »über die Schulter« sehen.
Es wird in diesem Band anschaulich gezeigt, dass Gestalt-Gruppenarbeit mehr – und etwas anderes – ist als »bloß« Einzeltherapie in bzw. vor der Gruppe. Durch die hohe Praxisorientierung werden viele Anregungen gegeben, wie in bestimmten Phasen der Gruppenarbeit vorgegangen werden kann und soll.
Ein solches Buch hat bisher gefehlt. Mögen viele angehende GestalttherapeutInnen darin die nötige Unterstützung und Orientierung finden. Und mögen sich viele, die sich die Arbeit mit Gruppen nicht so recht zutrauen, durch dieses Buch ermuntert fühlen, ebenfalls mit Gruppenarbeit zu beginnen. Es soll jedoch nicht als Kochbuch verstanden werden, vielmehr kann die persönliche Darstellung des eigenen Arbeitsstils der Autorin und des Autors dazu ermutigen, einen eigenen Arbeitsstil mit Gruppen zu entwickeln, der sich aber natürlich an hier beschriebenen Leitlinien orientieren wird. So wenig die Gestalttherapie sich manualisieren lässt, sondern so eingesetzt wird, dass sie mit jedem Klienten und jeder Klientin anders aussehen kann, so wenig lässt sie sich für die Gruppentherapie rezeptartig manualisieren, denn jede Gruppe ist anders.
Ich wünsche viel Spaß und Anregung beim Lesen und danke Josta Bernstädt und Stefan Hahn für dieses Buch.
Peter Schulthess,
Präsident der European Association for Gestalt Therapy, EAGT
Zürich im Sommer 2010
Anmerkung
1. vgl. Literaturverzeichnis im Anhang, S. 299