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d) Bereichsausnahmen für die öffentliche Gewalt

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Nach Art. 51 AEUV sind die Niederlassungsfreiheit und über den Verweis in Art. 62 AEUV auch die Dienstleistungsfreiheit nicht anwendbar, wenn es sich bei der fraglichen Tätigkeit um die Ausübung öffentlicher Gewalt handelt; auch im Sekundärrecht – etwa für den Anwendungsbereich des Vergaberechts – wird die Bereichsausnahme relevant. Es handelt sich um einen unionsrechtlichen Begriff, der als Ausnahme von den Grundfreiheiten eng auszulegen ist[83]. Allerdings hat der EuGH bisher keine wirkliche Definition geliefert, so dass sich um die Anwendung regelmäßig Kontroversen entzünden. Eindeutige Fälle der Ausübung von öffentlicher Gewalt in diesem Sinne sind Justiz, Polizei und Militär. Zur öffentlichen Gewalt gehört aber auch die staatliche Wirtschaftsaufsicht.

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Problematisch wird die Bereichsausnahme immer dann, wenn Private in die Aufgabenerfüllung einbezogen werden. Nach dem EuGH werden allein solche Tätigkeiten erfasst, „die, in sich selbst betrachtet, eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt darstellen“[84]. Bei der Einschaltung Privater wird die fragliche Tätigkeit entweder als abtrennbar von der öffentlichen Gewalt oder, weil ihr untergeordnet, gar nicht unter den Tatbestand gefasst[85] oder die Berufung auf den Staatsangehörigkeitsvorbehalt als unverhältnismäßig angesehen, weil eine staatliche Kontrolle über die Privaten ausreichend (und regelmäßig aus anderen Gründen geboten) ist.

Bisher hat der EuGH daher in keinem einzigen Fall die Bereichsausnahme durchgreifen lassen: Die Tätigkeit der Rechtsanwälte und Notare fällt trotz des Bezuges zur Justiz schon gar nicht unter die Bereichsausnahme[86]. Erst recht stellt die Tätigkeit privater Sicherheitsunternehmen[87] keine öffentliche Gewalt dar. Kfz-Überwachung[88] und Versicherungsaufsicht[89] lassen sich dagegen als öffentliche Gewalt interpretieren. Dennoch greift im Ergebnis die Bereichsausnahme nicht. Bei der Übertragung der Kfz-Überwachung auf (beliehene) Private oder deren Einschaltung in die Versicherungsaufsicht genügt eine Überwachung dieser Tätigkeit durch den Staat. Sämtlichen Versuchen, diesen materiellen Begriff der öffentlichen Gewalt durch einen formellen Begriff zu ersetzen und an die Frage der Beleihung bzw die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten anzuknüpfen, hat der EuGH zu Recht eine klare Absage erteilt[90].

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