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c) Individualrechtsschutz gegen Verordnungen

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Neben dem Inzidentrechtsschutz, der beim mitgliedstaatlichen Vollzug des Unionsrechts den nationalen Verwaltungsgerichten obliegt, kommt auch prinzipaler Rechtsschutz in Form der Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV vor dem EuG[223] in Betracht. Tauglicher Klagegegenstand sind zunächst alle verbindlichen Rechtsakte der Gemeinschaft, also auch Verordnungen. Zulässig ist die Klage, wenn die Klagebefugnis[224] gegeben ist und der Kläger einen Anfechtungsgrund geltend macht. Ein solcher ist ohne weiteres gegeben, wenn ein Verstoß gegen den AEUV oder allgemeine Rechtsgrundsätze gerügt wird[225]. Die Klagebefugnis eines nichtprivilegierten Klägers ist in Art. 263 Abs. 4 AEUV geregelt. Dabei unterscheidet der AEUV nunmehr zwischen drei Alternativen. Während beim Adressaten einer VO nach der 1. Alt. in jedem Fall die Klagebefugnis gegeben ist, kann sich der Kläger nach der 3. Alt. nur gegen solche „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ zur Wehr setzen, die ihn „unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen“. In allen anderen Fällen muss er zusätzlich die individuelle Betroffenheit geltend machen. Nach der in ständiger Rechtsprechung vom EuGH zu Art. 230 Abs. 4 EGV entwickelten und auf Art. 263 Abs. 4 2. Alt. AEUV übertragenen[226] „Plaumann-Formel“ ist eine natürliche oder juristische Person nur dann von einer Maßnahme individuell betroffen, wenn diese sie „wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten“[227].

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Damit käme auch in Fall 7a/b (Rn 89)[228] eine Nichtigkeitsklage in Betracht. Unmittelbar betroffen ist der Kläger nach der Rechtsprechung des EuGH dann, wenn die VO selbst und nicht erst eine in ihrer Folge hinzutretende Durchführungsmaßnahme in seinen Interessenkreis eingreift[229]. Dies ist zwar nicht hinsichtlich der Eintragung, wohl aber hinsichtlich des mit der Eintragung verbundenen Schutzes, der unmittelbar auf der VO beruht, der Fall. Es kommt daher entscheidend darauf an, ob S eine individuelle Betroffenheit geltend machen muss. Dies wäre dann zu verneinen, wenn es sich um einen „Rechtsakt mit Verordnungscharakter“ im Sinne der 3. Alt. handeln würde. Allerdings wird im Vertragstext selbst dieser wenig glückliche Begriff nicht erläutert[230]. Der Wortlaut jedenfalls spräche dafür, da es wenig sinnvoll erscheint, von Verordnungen ohne Verordnungscharakter zu sprechen. Allerdings würden dann alle Verordnungen im Sinne des Art. 288 AEUV unter Art. 263 Abs. 4 3. Alt. AEUV fallen und S müsste eine individuelle Betroffenheit nicht nachweisen. Eine solch umfassende Erweiterung sollte mit der Änderung des Wortlauts wohl nicht bezweckt werden[231]. Auch wenn dies vor allem während der Vorbereitung des Verfassungsvertrages gefordert worden war, hatte sich diese Auffassung nicht durchsetzen können. Das wirklich mit der Formulierung Gemeinte erschließt sich daher nur aus einem Vergleich mit dem Verfassungsvertrag. Nach diesem wurden Verordnungen des Rates und Richtlinien in „Gesetze“ bzw „Rahmengesetze“ umbenannt[232]. Von Verordnungen wurde nur noch bei solchen Rechtsakten gesprochen, die nicht in einem Gesetzgebungsverfahren erlassen worden sind[233]. Wenn also im Kontext der Klagebefugnis von „Verordnungscharakter“ die Rede war, nahm dies die zu „Gesetzen“ aufgewerteten Formen aus, hielt also insoweit an der strengeren (bisherigen) Fassung der Klagebefugnis fest. Bei der Formulierung des Lissabon-Vertrags wurde diese Frage nicht mehr aufgegriffen. Die Verwirrung ist darauf zurückzuführen, dass der Begriff des Gesetzes gestrichen und beide Varianten weiterhin als Verordnungen bezeichnet wurden. Beibehalten wurde allerdings der Begriff des Gesetzgebungsaktes. Er betrifft nach Art. 289 Abs. 3 AEUV solche Rechtsakte, die entweder im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (gemeinsamer Erlass durch Rat und Parlament, Art. 289 Abs. 1 AEUV) oder dem besonderen Gesetzgebungsverfahren (unter bloßer Beteiligung des Parlaments, Art. 289 Abs. 2 AEUV) erlassen worden sind. Damit handelt es sich nur dann um Rechtsakte „mit Verordnungscharakter“ im Sinne der 3. Alternative des Art. 263 Abs. 4 AEUV, wenn diese außerhalb dieser Gesetzgebungsverfahren erlassen werden[234]. Dies gilt insbes für delegierte Rechtsakte, die nach Art. 290 Abs. 1 AEUV ausdrücklich solche „ohne Gesetzescharakter“ sind, sowie Durchführungsrechtsakte nach Art. 291 Abs. 2 AEUV. Da es sich im vorliegenden Fall um eine VO handelt, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde, ist Art. 263 Abs. 4 3. Alt. hier nicht anwendbar[235]. Würde sich die Regelung dagegen in einem Tertiärrechtsakt befinden, wäre die Klagebefugnis gegeben; die Nichtigkeitsklage übernimmt also für das Tertiärrecht die Funktion eines Normenkontrollverfahrens ähnlich § 47 VwGO. Allerdings hat der EuGH seine Rechtsprechung, wonach Einzelne im Rahmen eines nationalen Verfahrens nicht die Gültigkeit einer unionsrechtlichen Maßnahme geltend machen können, wenn sie nach Art. 263 Abs. 4 AEUV „zweifelsfrei“ innerhalb der Klagefrist Nichtigkeitsklage hätten erheben können, auf tertiärrechtliche Verordnungen erstreckt, so dass dann – anders als im Verhältnis von § 47 VwGO und der inzidenten Normenkontrolle – eine „Bestandskraft“ tertiärrechtlicher Verordnungen eintreten kann[236], was freilich vor dem Hintergrund des Art. 47 GRCh einer restriktiven Anwendung bedarf.

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