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5. Die Warenverkehrsfreiheit

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Die Warenverkehrsfreiheit umfasst das Verbot mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art. 34 ff AEUV. Waren sind bewegliche Sachen mit Geldwert, welche Gegenstand von Handelsgeschäften sein können[185]. Diese zentrale Grundfreiheit, anhand derer die „allgemeinen Lehren der Grundfreiheiten“ entwickelt wurden (s. Rn 49 ff), spielt im öffentlichen Wirtschaftsrecht eine eher untergeordnete Rolle. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass der EuGH solche Maßnahmen, die sowohl den freien Dienstleistungsverkehr als auch den Warenverkehr beeinträchtigen, grundsätzlich nur an der Dienstleistungsfreiheit misst, wenn die Warenverkehrsfreiheit demgegenüber zweitrangig ist (s. bereits Rn 65 f). Soweit der Absatz bestimmter Waren betroffen ist, stellt der EuGH auf die Warenverkehrsfreiheit ab, beispielsweise bei staatlichen Werbe- und Aufklärungskampagnen mit Warenbezug[186] (s. auch zu Wettbewerbsbeschränkungen für Süßwaren ▸ Klausurenkurs Fall Nr 1) sowie bei Maßnahmen zur Bekämpfung des Alkohol- und Tabakkonsums[187], aber auch den Handel mit Arzneimitteln[188]. Angesichts der Weite der Dassonville-Formel (dazu Rn 58 f) ist die Eingriffsqualität in diesen Konstellationen unproblematisch zu bejahen.

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Gerade die Vorschriften des öffentlichen Wirtschaftsrechts sind typischerweise gewerbebezogen und könnten unter die Keck-Ausnahme fallen (zu dieser schon Rn 60). Dies ist für das Ladenschlussrecht[189] sowie Verkaufsbeschränkungen zB für alkoholische Getränke[190] bzw Verkaufsmonopole für Apotheken[191] ausdrücklich anerkannt, dürfte aber auch allgemein für gewerberechtliche Verkaufsbeschränkungen zB im Reisegewerbe gelten. Allerdings setzt die Anwendung der Keck-Rechtsprechung voraus, dass es sich um nicht diskriminierende Vorschriften handelt.

Ob sich eine Maßnahme tatsächlich auf grenzüberschreitende Sachverhalte stärker auswirkt, haben die mitgliedstaatlichen Gerichte zu ermitteln[192]. Den diskriminierenden Charakter bejahte eine Entscheidung zum österreichischen Gewerberecht, die das Feilbieten von Waren im Umherziehen außerhalb einer ortsfesten Betriebsstätte begrenzte[193]. Während die österreichischen Gerichte darin eine Verkaufsmodalität im Sinne der Keck-Rechtsprechung sahen, qualifizierte sie der EuGH als verschleierte Beschränkung. Ausländische Gewerbetreibende seien nämlich gezwungen, in Österreich eine ortsfeste Betriebsstätte zu errichten, um dort Waren feilbieten zu können. Entsprechendes galt für Anforderungen des griechischen Gewerberechts zur Ausgestaltung von Bäckereien, die die Behörden auch auf das Aufbacken im Supermarkt erstreckten[194]. Entsprechend sieht der EuGH in Beschränkungen des Onlinehandels generell eine Maßnahme, die ausländische Anbieter stärker betrifft (s. schon zur Dienstleistungsfreiheit Rn 77 ff). Die Anwendung der Keck-Grundsätze wird deswegen als inkonsequent kritisiert[195]; die meisten Fälle, auch der Warenabsatz, werden aber von der Dienstleistungsrichtlinie erfasst (s. zu den Konsequenzen am Beispiel des Gewerberechts Rn 238 ff). Diese wird auf Inlandssachverhalte erstreckt, so dass die Keck-Ausnahmen nicht mehr relevant werden können.

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