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Kapitel 7

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„Wie bitte?“ Ich bin so aufgewühlt, dass ich nun schon die dritte Runde durch ihren kleinen Garten marschiere. „Es könnte also sein, dass mein Vater noch lebt?“

„Solch einen Fall hat es in der Geschichte der Magie noch nie gegeben, Scarlett. Noch nie hat die Illusion eines königlichen Hexenbluts die Illusion eines anderen königlichen Hexenbluts getötet. Vielleicht lebt er noch und nur seine Illusion wurde getötet. Vielleicht ist er auch wirklich gestorben, weil auch der versuchte Mord eines gleichgestellten Hexenbluts mit dem Tode geahndet wird.“

Chris hält es auch nicht länger auf seinem Stuhl. Er steht auf, fährt sich durch die Haare und reibt sich das stoppelige Kinn. „Aber normalerweise steht doch auf Familienmord die Todesstrafe, in königlichen Hexenkreisen.“

„Normalerweise schon, ja.“

„Also muss er doch tot sein!“

Roberta zuckt mit den Schultern. „Wie gesagt, ich weiß es nicht.“

Ich gehe zurück zum Tisch und hocke mich neben ihren Sessel. „Nehmen wir mal an, er lebt noch... Was denkst du, wäre dann jetzt sein Plan?“

Ein mitleidiges Lächeln huscht über ihre dünnen Lippen. „Wenn er noch lebt, dann wird er sich verstecken und womöglich versuchen, dir das Leben so schwer wie möglich zu machen.“

„Warum?“, will ich wissen und höre, das meine Stimme genauso zittert, wie mein Innerstes.

„Weil es das ist, was ihn ausmacht, Kindchen. Er quält gern die, die in seinen Augen unter ihm stehen. So ist sein Charakter. Er ist böse.“

Chris lauscht schockiert Robertas Worten. Auch er hatte nicht damit gerechnet, dass die Möglichkeit besteht, dass der schwarze König noch lebt. „Wer steckt hinter dem magischen Gesetz? Gibt es dort jemanden, mit dem man sprechen kann?“, will er wissen.

„Genauso könntest du nach der Telefonnummer von Gott fragen, Christobel!“, zischt meine Tante. „Das magische Gesetz ist einfach da! Es existiert! Niemand weiß, wer oder was sich dahinter verbirgt.“

Chris wirft verzweifelt und ein wenig verärgert die Arme in die Luft und dreht sich um.

„Gibt es denn einen Weg, wie wir herausfinden können, ob der schwarze König noch lebt?“, frage ich.

„Nenne ihn nicht den schwarzen König!“, fährt Roberta in demselben bissigen Ton fort, den sie gerade noch für Chris benutzte. „Denn er ist kein König mehr! Die amtierende weiße Königin sitzt vor mir!“

Mit zusammengezogenen Augenbrauen pruste ich. „Ich werde ihn aber auch nicht Vater nennen! Denn auch diesen Titel hat er nicht verdient!“

Robertas Lippen zucken zu einem kleinen Lächeln. „Dann nennen wir ihn doch bei seinem Namen: Elliot!“

Chris dreht sich wieder um und blickt Roberta amüsiert an. „Elliot? Diese Abscheulichkeit trägt den Namen Elliot?“

Roberta lacht hämisch. „Ja, und er verabscheut diesen Namen!“

Nun lachen wir alle, auch wenn es sich seltsam anfühlt, über den ehemals schwarzen König, die Ausgeburt des Bösen, zu lachen, trotzdem tut es auch auf eine gewisse Art richtig gut.

„Okay“, beginne ich wieder sachlich, nachdem wir uns alle beruhigt haben. „Gibt es einen Weg, wie wir herausfinden können, ob Elliot noch lebt? Vielleicht einen Ortungszauber?“

Robertas Augen werden schmaler und sie trommelt mit ihren langen Fingernägeln auf den Lehnen ihres Stuhles herum. „Schlafende Hunde sollte man nicht wecken, Scarlett.“

„Ja, ich weiß. Aber ich habe Mario versprochen, dass ich ihn aus seiner Lage befreie und ihm sein altes Leben zurückgebe. Und ich würde gerne wissen, ob mein Vater noch lebt, bevor ich mich auf den Weg zu seinem Schloss mache.“

„Du willst was?“, fährt Chris mich schockiert an. „Auf keinen Fall gehst du zurück in das Schloss, Scarlett.“

Meine Tante blickt leicht amüsiert an Chris´ aufgebäumter Statur auf und ab. „Liebling, sie ist die weiße Königin, du kannst ihr nichts verbieten.“

„Chris“, sage ich mit flehendem Unterton und strecke die Hände nach ihm aus. „Ich kann nicht anders. Ich muss Mario helfen, ich habe es ihm versprochen!“

Er ergreift meine Hände und drückt sie fest. Mit immer dunkler werdenden Augen sieht er mich an. „Ich kann nicht zulassen, dass meine Gefährtin sich in die Höhle des Löwen begibt.“

Roberta lacht. „Ein sehr unpassender Vergleich. Sagen wir lieber, in die Höhle des Türstehers der Hölle!“

Chris ignoriert sie und spricht weiter. „Auch wenn du die weiße Hexenkönigin bist, so bist du dennoch zuallererst meine Gefährtin, und das kann ich nicht zulassen. Tut mir leid.“

Meine Augen werden größer und ich zucke perplex zurück. „Du verbietest es mir? Ist es das, was du sagen willst?“

„Ja!“ Seine Stimme ist fest und unnachgiebig, genau wie sein Blick.

Ich entziehe meine Hände seinem Griff und schüttle verwundert mit dem Kopf. Zwar ist er mein Gefährte, aber er ist nicht mein Vormund. Ich liebe ihn von ganzem Herzen, aber er kann mir nicht vorschreiben, was ich tun darf und was nicht.

„Oh, oh“, säuselt Roberta und sieht abwechselnd mich und Chris an. „Ärger im Paradies?“

„Nein, keineswegs. Ich lasse nur keine Kamikaze-Aktion durchgehen, das ist alles“, antwortet Chris knapp und verschränkt die Arme vor der Brust.

Roberta will etwas sagen, aber ich hebe die Hand. Egal was sie sagt, es würde die Situation nur noch verschlimmern, und außerdem ist das etwas, das ich mit Chris alleine unter vier Augen klären möchte. Schweigend starren wir uns einige Sekunden lang an, bis ich einlenke. „Anderes Thema“, sage ich deswegen und setze mich. „Das ist ja nicht mein einziges Anliegen, Roberta.“

„Ach nein? Was gibt es denn noch?“, flötet sie und beugt sich vor, wobei sie im Augenwinkel immer noch Chris beobachtet, dessen kühle Ausstrahlung uns beide zum Frösteln bringt.

„Was ist mit meiner Mutter?“ Der Kloß in meinem Hals, der sich bei dem Gedanken an sie formt, ist deutlich hörbar. „Kannst du sie erwecken?“

Bevor Roberta antwortet, lässt Chris seine abweisende Haltung fallen und kommt an meine Seite. Er legt seine Hand auf meine Schulter und zusammen sehen wir Roberta an.

Sie seufzt und faltet die Hände. „Ein solch mächtiger Fluch eines Hexenkönigs kann nur durch ihn selbst, oder durch ein Mitglied der königlichen Familie derselben Generation gebrochen werden.“

„Also nur er selbst, oder du können den Fluch brechen?“

„Genau“, sagt sie und nickt. „Allerdings nur, solange der, der den Fluch ausgesprochen hat, noch am Leben ist. Stirbt er, gelten der Fluch und seine Auswirkungen ewiglich.“

Ich schlage die Hände vor den Mund und weiß nicht recht, was ich fühlen soll. Einerseits wäre es eine Katastrophe, wenn der schwarze König noch am Leben ist, da er abgrundtief böse ist und sicherlich schon einen Plan ausheckt, wie er mich vom Thron schubsen kann. Andererseits wünsche ich mir nun beinahe, dass er noch lebt, damit Roberta meine Mutter aus dem Koma befreien kann!

Chris beugt sich vor, während er fest meine Schulter umfasst und mich somit seelisch, wie körperlich stützt. „Wenn du versuchst, den Fluch bei Scarletts Mutter aufzuheben, und es funktioniert, dann wissen wir, dass der schwarze König noch lebt?“

Mit einem hämischen Lachen schüttelt Roberta den Kopf. „Wenn es doch nur so einfach wäre“, stöhnt sie. „Natürlich gibt es auch hier Tücken. Wenn ich den Fluch aufhebe, und Elliot ist tot, dann geht der Fluch auch auf mich über. Dann sind deine Mutter und ich zusammen auf ewig verstummt und in unserer Gedankenwelt gefangen... So hat das magische Gesetz gesichert, dass man Flüche des ehemaligen Königs oder Königin nicht einfach nach deren Tod aufheben kann.“

„Wieso?“, platzt es trotzig aus mir heraus.

„Nicht alle Flüche sind schlecht, Scarlett! Und was das amtierende Oberhaupt der magischen Welt tut, darf nicht nach dem Tode umkehrbar sein. Somit wird gesichert, dass jedes Oberhaupt seine Spuren in der Welt hinterlässt, die nie ganz verblassen werden.“

Ich kann ihren Worten kaum mehr lauschen, da die Gedanken in meinem Kopf zu laut sind. So sehr ich meinem Vater auch den Tod wünsche, so sehr wünsche ich mir aber auch, dass meine Mutter endlich wieder aus ihrem Koma erwacht. Aber sollte Roberta es versuchen, und mein Vater ist noch am Leben, dann hätte ich auch sie verloren.

„Dann müssen wir herausfinden, ob er noch lebt. Und zwar schnell.“

Chris streicht beruhigend über meinen Rücken. „Gibt es einen Zauber, mit dem man das feststellen kann?“, fragt er Roberta.

„Natürlich. Es gibt für alles einen Zauber. Allerdings können nur königliche Hexenblütler andere königliche Hexenblütler orten. Und dazu braucht man etwas vom Körper des Verschollenen.“

Ich horche wieder auf. Offenbar sind königliche Ortungszauber gar nicht so verschieden, wie Ortungszauber für normale Hexen. „Reicht es nicht, wenn man denjenigen, den man sucht, mit vollem Namen kennt?“

Ein stolzes Lächeln huscht über Robertas Gesicht. „Du hast also doch ein wenig gelesen. Sehr gut“, bemerkt sie und zwinkert. „Aber nein, leider reicht das nicht aus. Wir brauchen etwas von seinem Körper, seine DNA, sonst funktioniert es bei königlichen Hexen nicht.“

Aber natürlich haben wir weder ein Haar, noch einen abgeschnittenen Fingernagel oder sonst irgendetwas von ihm. Wir haben nichts.

Egal ob er lebt oder tot ist, auch so macht er mir mal wieder das Leben schwer, obwohl er noch nicht einmal in der Nähe ist. Ohne diesen Ortungszauber können wir meine Mutter nicht erwecken und Chris lässt mich nicht in das Schloss, wenn mein Vater noch lebt, also kann ich Mario nicht befreien. Selbst wenn er mich gehen lassen würde, wäre es noch ungewiss, wie ich mir Zutritt dazu verschaffen kann, ohne einen Schlüssel zu haben.

Von meinen weiteren Plänen werde ich Chris jetzt vorerst nichts mehr berichten, denn womöglich wird er mir dann sofort einen Strich durch die Rechnung ziehen.

Enttäuscht sacke ich in meinen Stuhl zurück und verschränke trotzig die Arme vor der Brust. Was nützt es mir, die weiße Hexenkönigin zu sein, wenn ich doch mal wieder nichts ausrichten kann?

Scarlett Taylor

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