Читать книгу Weil du so schön bist... - Stefanie Rock - Страница 10
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Оглавление„Ja, ich bin doch gleich da!“
Lena fingerte ihren Ersatzschlüssel aus der Handtasche. In der Eile fand der Schlüssel nicht sofort das Loch. Als sie die Tür dann endlich aufgeschlossen hatte, verstummte das Telefonklingeln. Eine sehr sorgenvolle und doch wütende Stimme besprach ohne Punkt und Komma den Anrufbeantworter, den Lena heute früh aus Gewohnheit wieder angeschaltet hatte:
„Es ist 17:23 Uhr, ich rufe schon das vierte Mal an, wo bist…“
„Ich bin da! Sorry, der Bus kam später.“
„Oh Gott, Lena, endlich- seit deiner E-Mail hab´ ich hier Blut und Wasser geschwitzt. Was ist los, erzähl mir alles. Wie geht es dir? Haben sie den Typen schon? War es überhaupt ein Typ, vielleicht war es ja auch eine Frau? Letztens hab ich eine Folge CSI geschaut, da war es auch eine Frau und alle dachten es wäre ein Kerl gewesen, totales Klischee. Das musst du der Polizei mal erzählen, die sollen unbedingt auch in Betracht ziehen, dass es eine Frau sein könnte.“
„STOOOP!“ unterbrach Lena ihre Freundin.
„Lass mich erst mal reinkommen.“ Lena pellte sich aus ihrem Mantel und schlüpfte aus ihren Lieblingspumps.
„Oh Lena, es ist nur so schön deine Stimme zu hören, soll ich nicht doch in den nächsten Flieger steigen? Die doofe Schulung ist mir egal, ich bin deine Freundin und du brauchst mich jetzt.“
„Lisa, es geht mir gut, wirklich! Ich bin doch nicht alleine, ich kann jederzeit zu meinen Eltern. Bitte glaube mir, du musst dir keine Sorgen machen.“
Lisa gab ein missmutiges Schnauben von sich.
„Hrrr, ich weiß nicht so recht, bist du dir sicher? Erzähl mir doch bitte erst mal, was genau passiert ist!“
Erneut schilderte Lena den gesamten Überfall, musste hier und da erneut ansetzten und beantwortete ganz sachlich Lisas Fragen. Die Polizei war ein Scheißdreck dagegen. Lisa wollte Einzelheiten wissen, die nur aus Hollywood-Serien kommen konnten. Haben seine Hände nach Nikotin gerochen? Hast du das Parfüm riechen können? Welche Augenfarbe hatte er? Kam dir die Stimme bekannt vor? Aber die beste Frage war: Gibt es jemanden, der dich hasst?
„Lisa, jetzt übertreibst du aber. Das war ein Überfall. Der wollte sicher mein Geld und mein Handy. Jemand, der mich hasst? Ich bin nur die Tippse in einer Anwaltskanzlei und nicht der Anwalt, der die Leute verklagt!“
„Siehste“, erwiderte Lisa, „da haben wir es doch, vielleicht wurde er nur gestört und wollte dich eigentlich entführen, um Carsten zu erpressen.“
„Jetzt ist aber Schluss! Du hast echt zu viel CSI geschaut, deine Fantasie ist unübertrefflich. Vielleicht war der Typ ja auch mein Postbote, weil ich ihm nie die Tür aufmache, wenn er klingelt?“
„Na, das ist ja mal voll unrealistisch“, spottete Lisa. „Dein Postbote ist ein kleiner harmloser Inder, der würde dir eher eine Rose verkaufen, bevor er dich überfällt!“ Beide mussten lachen und langsam aber sicher war die Sorge aus Lisa Stimme und Lenas Kopf fast verschwunden.
Lisa erzählte von ihrer Schulung und ganz besonders von dem Leiter. Der Aufenthalt war ganz okay, die Gruppe, mit der sie dort war, passte gut zusammen. Am Abend gingen sie ab und an etwas Trinken oder aßen gemeinsam im Hotelrestaurant. Dieser Kurs war für Lisa sehr wichtig. Als Visagistin lernt man nie aus, immer gab es irgendwo neue Produkte auf dem Markt bzw. neue Schminktechniken.
Damals, als Lisa diesen schrecklichen Autounfall hatte, stand es um ihre Gesundheit sehr vage. Nach einigen Operationen und langer Genesungsphase war sie recht schnell wieder die Alte, nur ein paar Narben bedeckten ihren Körper. Die zwei großen Narben im Gesicht erinnerten oft an diese schwere Zeit. Lisa hatte einen starken Charakter und durch ihren Beruf wusste sie, wie man gekonnt diese Narben überschminkt. Allerdings störten sie die Narben mittlerweile kaum, Lisa pflege immer zu sagen: Jede Narbe prägt das Leben! Durch den langen Krankenhausaufenthalt und die Rehas lernte Lisa viele andere Unfallopfer kennen, denen das Schicksal viel übler zugesetzt hatte. Seit dem ist ihr Hauptanliegen, Menschen mit schlimmen Verletzungen, wie Brandwunden oder anderen Arten von Narben, beizubringen, wie man diese fast unsichtbar macht. Sie gibt Kurse oder ist bei verschiedenen Shootings als Visagistin vor Ort. Lena bewundert ihre Freundin sehr und schätzt ihr Engagement anderen Opfern zu helfen.
„Jetzt habe ich auch eine kleine Narbe, die du mir überschminken könntest, wenn sie mich mal stören sollte.“
„Sag das nicht so, Lena, ich finde das echt nicht witzig, ist sie denn sehr groß?“
„Es geht, ungefähr so lang wie mein Zeigefinger!“ Lena stand vor dem Badezimmerspiegel und hielt zum Vergleich ihren Finger an die Wunde. Sie war schon sehr groß, wenn man bedenkt, dass Lena ein schlankes Persönchen war. Der Schnitt nahm ungefähr ein Viertel ihres Halses ein und war noch dunkelrosa. Lena zog vorsichtig das Pflaster ab, um die Wunde zu begutachten. Die kleinen schwarzen Fäden guckten aus der verheilenden Wunde heraus und die Haut spannte noch ein wenig, wenn sie den Schnitt vorsichtig mit Creme betupfte.
„Lena?“
„Ja?“
„Lena, ich bin echt erleichtert, dass es dir gut geht. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde.“
Genau diese Theatralik ihrer besten Freundin kannte Lena nur zu gut, aber dieser bestimmte Tonfall verriet ihr, dass Lisa es wirklich ernst meinte.
„Ich freu mich schon, wenn du wieder hier bist!“
Die Zeit war wie im Fluge vergangen und Lena streckte sich, sie versuchte ein Gähnen zu unterdrücken, doch ihre Freundin bemerkte den Versuch.
“Ab ins Bett mit dir, ich muss morgen auch wieder früh raus. Und ich muss für Sasha schick aussehen.“
„Sasha?“
„Ja, der Schulungsleiter, hab´ ich dir doch erzählt.“
„Ja, aber, dass du ihn schon beim Vornamen nennst, das wusste ich nicht.“ Lenas Grinsen wurde breiter.
„Ich nenne ihn nicht wirklich so, nur jetzt, unter uns, offiziell ist er natürlich Herr Gas!“
„Sasha Gas? Sehr speziell. Das ist bestimmt nicht sein echter Name, oder wo kommt der her?“
„Das weiß ich noch nicht, vielleicht finde ich es noch raus. Er kommt morgen mit zum Abendessen. Ich werde dich auf dem Laufenden halten. Ach ja, und kauf dir verdammt nochmal ein neues Handy. Ich will mir nicht immer Sorgen machen müssen. Dann schickst du mir deinen Standort und ich sehe immer, wo du bist und kann wenigstens beruhigt schlafen, wenn ich weiß, du liegst gut behütet in deinem Bett.“
„Na das will ich doch nicht hoffen, dass du siehst, wie ich im Bett liege.“ „Warum?“, hakte Lisa nach, „gibt es da etwas, was du mir erzählen möchtest? Wer könnte schon in deinem Bett liegen? Du bist doch viel zu artig für diese Welt oder meinst du vielleicht Carsten?“
„Okay, es ist Zeit, gute Nacht zu sagen, bevor das hier wieder ausartet. Und -Nein, mein Chef liegt sicher nicht in meinem Bett! Schlaf schön und träume von deinem Herrn Gas.“ Bevor ihr Lisa nochmal widersprechen konnte, legte sie auf.