Читать книгу Weil du so schön bist... - Stefanie Rock - Страница 14
ОглавлениеHallo Schwesterchen,
wir sind gut angekommen, der Flug war schön, das Wetter ist optimal.
Unser Hotel ist der absolute Wahnsinn!
Tom hat mir versprochen, dass ich auch so eine begehbare Dusche bekomme, wenn wir mal ein Haus bauen sollten.
Das Frühstück heute war auch toll, da konnte man sich so richtig satt essen.
Heute gehen wir in die Stadt und auf den Markt. Ich hoffe es geht dir gut und du arbeitest nicht so viel.
Lieb dich
Deine Sis´ (und Tom)
PS: Papa habe ich auch schon geschrieben, brauchst also nicht grüßen.
Typisch Alexa, dachte Lena und schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Sie freute sich, dass es ihrer Schwester gefiel und gönnte ihr diese kleine Auszeit. Lena klickte auf die zweite E-Mail:
Hier ein Blick von unserem Balkon und ein Foto von „meinem“ Badezimmer.
Lena öffnete die beiden Anlagen, auf dem ersten Bild sah man einen tollen blauen Himmel, Palmen und einen riesigen Pool.
Der Rand des Beckens war mit hübschen Verzierungen gestaltet. Soweit Lena es auf dem Bild erkennen konnte, sah es aus wie bunte Mosaike, die im Zusammenspiel ein typisches Muster für die nordafrikanische Welt ergab. Lena nippte an ihrem schon kalten Kaffee und verschluckte sich fast vor Lachen, als das zweite Foto vor ihr aufploppte.
Es zeigte ihre Schwester, wie sie die glasklare Scheibe einer begehbaren Dusche küsste. Auch das war typisch für ihre Schwester.
Lena klickte die letzte Mail an und lass erneut.
Hast du dir ein neues Handy gekauft? Kauf dir eins, am besten heute noch! Verstanden!? Ruf bei deinem Provider an und lass dir eine neue Sim-Karte zuschicken. Dann kannst du deine alte Nummer behalten.
Melde mich wieder.
Küsschen
Lena schrieb Alexa eine ausführliche Email zurück und war sehr froh darüber, dass ihre Schwester an alles dachte.
Es klingelte an der Tür und Lena betätigte den automatischen Türöffner.
Ein mittelgroßer Mann mit Halbglatze und Brille betrat den Eingangsbereich der Kanzlei. Lena lächelte den Herrn freundlich an und lief ihm mit ausgestreckter Hand entgegen.
„Schönen Guten Tag, mein Name ist Große, Sie sind bestimmt Herr Fischer. Herr Scholz ist momentan leider nicht persönlich vor Ort, aber sie sagten ja am Telefon, dass sie nur ein paar Unterlagen vorbeibringen wollten.“
Der Mann Mitte 40 schüttelte Lena die Hand und erwiderte höflich:
„Guten Tag Frau Große, das ist überhaupt kein Problem, ich werde Herrn Scholz zu einem anderen Zeitpunkt den Fall näherbringen. Mir war nur wichtig, dass die Unterlagen schon mal hier vorliegen. Bei Gelegenheit könnte Herr Scholz schon mal einen Blick hineinwerfen.“
„Sehr gerne, ich werde ihm die Unterlagen mit einem Vermerk auf den Schreibtisch legen.“
Es klingelte, mit einer erhobenen Hand bat der eloquente Herr Lena, ihn kurz zu entschuldigen.
„Ich muss da eben drangehen, bitte entschuldigen Sie mich kurz.“
Lena nickte ihm lächelnd zu und ging zurück an ihren Schreibtisch.
„Ja, Frau Lysin, Sie können die „Claire“ annehmen, unterschreiben Sie einfach den Lieferschein. Das ist eine Lieferung aus Frankreich. Es ist aber auch die große „Claire“? Die mit dem tollen geschwungenen Lampenschirm?“
Lena belauschte unbewusst das Telefonat, in ihrem Kopf fingen die Synapsen an vor Freude Funken zu sprühen, „Claire“, Lampenschirm. Die Worte hallten noch in ihrem Gedächtnis nach und sie wusste, wenn das „DIE Claire“ ist, von der Herr Fischer da sprach, musste sie sofort nach weiteren Informationen verlangen.
Carsten war eigentlich ein ganz normaler junger Mann, der seinen Beruf mit viel Hingabe ausübte. Er liebte gute Weine und ging auch hin und wieder mal in die Oper. Trotzdem konnte man mit ihm auch mal ein Bier trinken gehen oder über den neusten Bondstreifen reden. Nur eins ließ ihn eventuell etwas versnobt wirken. Er gab Unmengen Geld für Designer- Lampen aus.
Besonders interessant fand er Stücke, die es nur in einer bestimmten Auflage gab oder es handelte sich um Unikate. Lenas Chef bezeichnete diese Lampen immer als „Beleuchtungsmöbel“. Wenn er mal wieder mit der nächsten Lampe die Kanzlei betrat, bezeichnete Lena ihn als völlig verwirrt.
Nicht, dass Carsten kein Geschmack hatte, weder die Kanzlei noch seine Wohnung waren überladen mit den dekorativen Leuchtmitteln. Nur, wenn Lena die Preise hörte, wurde ihr ein bisschen übel. Lena hatte zwar keine Ahnung von Lampen und den dazugehörigen Designern, aber bei dem Namen „Claire“ wurde sie hellhörig. Oft genug zeigte Carsten ihr Bilder und erklärte ihr immer wieder, dass diese bestimmte Lampe, die es natürlich in verschiedenen Größen und für verschiedene Zwecke gab, die Lampe ist, die ihm definitiv noch fehlte.
Obwohl ihre Eltern, ihre Schwester und sogar Lisa Carsten mochten, war ihnen der Name „Claire“ ein Dorn im Auge.
Beim letzten Essen in einem schicken Restaurant hatte Peter Blut und Wasser geschwitzt. Carsten hatte auf dem Weg zur Toilette eine dieser Lampen entdeckt und den Besitzer versucht zu überreden, ihm diese zu verkaufen. Da dieser aber trotz diversen Preisangeboten ablehnte, hatte Lenas Vater Angst, dass Carsten die Lampe einfach aus dem Restaurant tragen würde.
„Frau Große? Entschuldigen Sie?“ Verwirrt und aus ihrem Gedankengang gerissen blickte sie in die Augen des bebrillten Mannes.
„Oh, ich bitte um Entschuldigung, ich habe gar nicht bemerkt, dass Sie ihr Telefonat bereits beendet haben.“
„Dafür müssen Sie sich doch nicht entschuldigen, dann würde ich sagen, Sie legen ihrem Chef die Unterlagen auf den Tisch und er meldet sich bei mir, sobald er drüber geschaut hat.“
Lena wusste nicht genau wie sie das Gespräch auf die Lampe lenken sollte, ohne zuzugeben, dass sie gelauscht hatte.
Alles oder Nichts, dachte Lena, Carsten zuliebe.
„Herr Fischer, ich habe da eine letzte Frage, ich bitte Sie um Verzeihung, aber ich habe einen Teil ihrer Unterhaltung mitbekommen, Sie erwähnten den Namen „Claire“?“ Unbemerkt hielt Lena die Luft an und hoffte auf eine nicht allzu negative Reaktion.
„Ich habe ja auch ehrlich gesagt ein lautes Organ. Außerdem habe ich manchmal das Gefühl, dass Frau Lysin, meine Angestellte, nicht immer alles versteht, wenn ich nicht etwas lauter rede.“ Er lächelte ihr entgegen und Lena blies spürbar die Luft aus.
„Ja, Frau Große, ihre Ohren haben Sie nicht getäuscht. Kennen sie die Lampen?“
„Naja, ja, ich kenne sie, aber, wenn ich ehrlich bin, geht es dabei nicht um mich. Mein Chef ist völlig vernarrt in die „Claire Lampen“, schauen Sie mal dort drüben.“
Lena zeigte im Gehen um die Ecke und führte Herrn Fischer in den Wartebereich.
„Wunderschön!“ triumphierte er begeistert, „ich kenne diesen Künstler noch nicht sehr lange, aber wusste es beim ersten Mal, als ich diese Lampe sah. Diese Art von Kunst ist einmalig.“
Herr Fischer glitt mit seiner Hand in die Innentasche seines Mantels und zog eine Visitenkarte hervor.
„Frau Große, was halten Sie davon, Sie kommen heute Abend in meinem Antiquitätengeschäft vorbei und begutachten das schöne Stück, das ich gerade rein bekommen habe. Dann können Sie ihrem Chef eventuell damit überraschen?“
Lena lachte lauter als beabsichtigt und antwortete etwas peinlich berührt:
“Naja, zu einer Überraschung gehört ja normalerweise auch, dass man sie auch bezahlt und ehrlich gesagt, ist das nicht ganz meine Preisklasse.“
„Frau Große, da haben Sie mich etwas falsch verstanden. Sie sollen sich die Lampe nur anschauen und können dann ihrem Chef von der Entdeckung erzählen. Ich gehe davon aus, dass ein solcher Kenner und Liebhaber sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wird. Ich werde sofort Frau Lysin anrufen und sie dieses seltene Stück reservieren lassen. Ich kann mir vorstellen, dass ihr Chef große Augen machen würde, wenn sie mit der Reservierung in der Hand morgen früh bei ihm vorsprechen. Vielleicht gäbe es sogar eine Gehaltserhöhung?“
Er schmunzelte etwas verlegen und wartete gebannt auf ihre Entscheidung. Allerdings würde sich Carsten darüber freuen und wie der sich freuen würde, dachte Lena und die Idee mit der Gehaltserhöhung klang auch gar nicht so verkehrt. Auch wenn sie wusste, dass Carstens Dankbarkeit eher in einer Flasche Hugo und zwei Theaterkarten enden würde, wobei er die zweite Karte wissentlich für sich selbst einkalkuliert hätte, fasste Lena einen Entschluss.
„Herr Fischer, rufen Sie Frau Lysin an und sagen Sie mir, wann ich in Ihren Laden kommen soll?“
„Das ist fabelhaft, ich bin den ganzen Abend in meinem Geschäft. Kommen Sie doch einfach nach Ladenschluss vorbei, etwa um halb Sieben, dann habe ich genug Zeit, mich persönlich um Sie zu kümmern. Wenn sie Lust haben, zeige ich Ihnen noch ein paar ganz besondere Schätze.“
Lena war einverstanden und verabschiedete sich höflich von Herrn Fischer.