Читать книгу Phönix Band 3 - Stefanie Worbs - Страница 5

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Bent

„Wir brauchen mehr Leute! Mehr Krieger! Wenn Leodrín und Kattár sich wirklich zusammentun, haben wir wieder das gleiche Problem, wie mit Xhol und Quath!“

„Glaubst du, das sehe ich nicht, Bent!“, fährt Saiden mich ebenso an, wie ich ihn. „Wir haben hunderte unserer Leute verloren gegen Xhol und Quath! Wir haben Oterwa verloren! Wir haben zwei Clans und zwei Elfenkreise verloren, Bent! Ich weiß, dass wir Leute brauchen! Aber ich kann sie nun mal nicht aus einem Hut zaubern!“

Ich vergrabe das Gesicht in den Händen und lasse mich an die Stuhllehne sinken. „Wir gehen unter, Said.“

„Nein. Werden wir nicht“, gibt er mir standhaft zurück. „Der Schutz um die Stadt ist stärker denn je und die Versorgungslinien halten. Wir müssen aber einen Weg finden, die freien Menschen dazu zu bekommen, uns zu helfen. Wir müssen sie für unsere Sache gewinnen.“

„Und dann?“ Resigniert lasse ich die Hände in den Schoß fallen. „Lass es ein paar hundert Menschen sein, die da draußen im Land sind. Wie willst du sie finden? Und nehmen wir an, wir können alle aufspüren und überreden, herzukommen, es wären noch immer zu wenige.“

„Was ist denn mit den anderen Völkern?“, will Bay wissen. „Wann kommen deren Botschafter zurück?“

Das interessiert mich aber auch. Fast alle Botschafter, die in Ryél anwesend waren, sind nach dem ersten Sturm von Xhol und Quath gegen uns, in ihre jeweilige Heimat aufgebrochen. Die Mehrzahl von ihnen versprach, Hilfe zu ersuchen. Das war vor drei Monaten. Bisher ist nicht einer zurückgekehrt und wir mussten zwei weiteren Angriffen standhalten. Beim letzten verloren wir den zweiten Elfenkreis. Jetzt haben wir nur noch einen und von den Hexenzirkeln und Clans, nur noch die beiden Clans der Aleárth. Die alten und die ná Aleárth und einen kleinen Teil von Magerys Zirkel.

Wir sind so was von am Arsch.

„Ich weiß es nicht“, antwortet Saiden meinem kleinen Bruder. „Die letzte Nachricht kam von den Nachtwandlern. Sie beraten noch. Ihre Unterstützung ist uns sicher, doch sie müssen eine Lösung finden, wie sie an genügend Nahrung kommen, sollten Kämpfe ausbrechen.“

„Wir wäre es mit unseren Feinden“, wirft Ristan höhnisch ein. „Davon gibt’s schließlich genug.“

„Das habe ich ihnen auch gesagt“, lächelt Saiden schief zurück. „Allerdings geht es auch um den Weg hierher. Sie können während der Reise nur wenig trinken und wenn dann vorwiegend von Tieren. Das schwächt sie. Wenn sie hier sind, haben sie keine Nahrungsquelle mehr, denn sie können nicht von uns trinken. Wir brauchen unsere Kräfte. Auch Blutspender gehen nicht, weil wir eben jeden Mann brauchen.“

„Das Problem muss doch schon länger bekannt sein, oder etwa nicht? Ich meine, wie lange planen sie denn schon, euch zu helfen?“, fragt Ristan argwöhnisch.

„Es ist bekannt. Und das schon von Anfang an. Bisher haben wir aber keine Lösung gefunden. Wenn du eine hast, dann immer raus damit. Allerdings muss ich eingestehen, dass wir nie an Kämpfe in so großem Ausmaß dachten. Wir wollen keinen Krieg, deshalb greifen wir auch nicht an. Kampfhandlungen in großem Stil bedeuten leider auch viel mehr Aufwand und wir wussten schon immer, dass wir das nicht leicht bewältigen können. Dafür sind wir einfach zu wenige.“

„Warum waren die Botschafter dann überhaupt hier, wenn sie keine Unterstützung in einem Kampf sein können?“, hakt Ristan weiter nach.

Saiden seufzt. „Eben weil wir Frieden wollen. Sie waren hier, um darüber zu verhandeln. Rechte für die Menschen und vor allem Freiheit. So wollen wir es mit jedem Volk machen. Keine Angriffe, um Überlegenheit zu zeigen, sondern Gespräche, um eine Einigung zu finden, die für alle Seiten akzeptabel ist. Dass die Nachtwandler uns in einem möglichen Kampf unterstützen wollen, ist ihre freie Entscheidung und keine Sache von Allianzen.“

Ristan brummt, weil ihm diese Information offensichtlich nicht gefällt. Aber er ist eben ein Krieger. Krieger reden nicht, sie kämpfen.

Die Tür geht auf und Cara betritt den Raum. Sie lässt einen Diener vorbei, der Essen für uns bringt.

„Hey Schwesterchen.“ Bay nimmt sie kurz in den Arm und stiehlt sich dann ein Sandwich vom Servierwagen.

„Hey Jungs.“

„Warst du bei En?“, will ich wissen, denn ihre Aura ist trüb wie immer, wenn sie ihn und Ty besucht hat.

Sie nickt traurig. „Keine Besserung.“

Ich seufze. „Wir müssen uns was mit ihm einfallen lassen. Das kann nicht ewig so weitergehen.“

„Er wird sie nicht verlassen. Er hat’s ihr versprochen“, meint Bay und das Sandwich landet auf dem Tisch, wo es unbeachtet liegen bleibt.

„Ty könnte aufwachen. Das würde alles ändern“, meint Cara hoffnungsvoll.

Saidens Blick trifft meinen. Er denkt das Gleiche wie ich. Seit dem Abend, an dem alles geschehen ist, hat Tys Herz fünfmal ausgesetzt. Sie hat es viermal selbst geschafft, sich wieder zu gefangen, doch vor zwei Wochen, beim fünften Aussetzer, hatte sie nicht genug Kraft und seitdem hängt sie komplett an Maschinen, die sie am Leben halten. Ab und zu testen die Ärzte, ob ihr Herz wieder allein schlagen würde, doch jedes Mal endet es in einem fürchterlichen Wutausbruch von En, weil es nicht einen Schlag von selbst tut.

Mein kleiner Bruder ist nicht mehr er selbst. Er ist nur noch eine Anwesenheit im Krankenzimmer des Mädchens, dass der Mann, der er mal war, immer noch liebt.

Wir wollten die Maschinen ausschalten und Ty gehen lassen, doch En hat Bay, der ungünstigerweise zu nah bei ihm stand, bis aufs Blut verprügelt und sogar die Sicherheitsscheibe, die hart wie Stahl ist, hat jetzt einen Riss. Cara ist die Einzige, die sich noch in den Raum traut. Und zwei Ärzte, die En sicher nur gewähren lässt, weil sie sich um Ty kümmern.

„Die Hölle“, kommt es mir über die Lippen.

„Was ist damit?“, will Bay wissen.

„Das muss es für En sein. Ich halte es schon kaum aus, die Kleine so zu sehen, aber er? Scheiße. Er liebt sie dermaßen, er würde sofort mit ihr tauschen.“

„Wer würde das nicht, für die Person, die er liebt“, wirft Saiden ein.

„Wir müssen doch irgendwas tun können“, kommt es von Ristan. So sehr er die Menschen verachtet hat, grenzt es an ein Wunder, dass er nun hier sitzt, sie verteidigt und sich sogar Sorgen um einen einzelnen macht. Die Situation könnte nicht unwirklicher sein, da es ausgerechnet dieser einzelne Mensch, nämlich Tyree Aleárth, war, der meinen Bruder bekehrt hat.

„Wir sollten Ty erlösen“, hält Saiden fest, klingt aber überhaupt nicht überzeugt. „Er muss sie loslassen. Es wird nichts besser, solange er an diesem Bett sitzt und auf ein Wunder wartet.“

„Sie hat es viermal geschafft. Sie schafft es wieder.“ Cara klingt streng und duldet keine Widerworte.

„Aber sie hat nie so lange gebraucht“, entgegnet Bay ihr. „Vielleicht ist es ...“

„Schluss!“ Jetzt ist Cara wirklich wütend. Doch ihre Augen schimmern von Tränen. „Wenn das jemand entscheidet, dann Enyo! Und er will diesen blöden Knopf nicht drücken! Ty wird wieder aufwachen, klar?!“

Keiner erhebt Widerspruch. Cara würde ihn sowieso nicht hören. So wenig sie Ty kennt, hat sie sie doch wie eine Schwester ins Herz geschlossen. Ihr Blick triff noch mal jeden von uns, ist hart wie Granit, dann dreht sie ab und verschwindet wortlos.

„Ich werd mal sehen, ob ich zu ihm durchdringe“, lässt Bay verlauten. Er klopft mir auf die Schulter und humpelt dann davon. Der angebrochene Knöchel, den er En zu verdanken hat, verheilt zum Glück gut.

Phönix Band 3

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