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3. Unentdeckte Patiententötungen

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In Deutschland sterben jährlich etwa 900.000 Menschen. Mehr als die Hälfte davon entschläft in Krankenhäusern und anderen Behandlungs- oder Pflegeeinrichtungen. Immer wieder kommt es zu Festnahmen und Verurteilungen von Schwestern, Pflegern oder Ärzten, die verdächtigt werden, serienweise, teilweise über Jahre hinweg, hochbetagte und zumeist unheilbar kranke Patienten nach eigenem Gutdünken eingeschläfert zu haben. Nirgendwo kann ein Tötungsdelikt lautloser begangen und vollkommener verschleiert werden als in einer Heil- und Pflegeeinrichtung, in der das Sterben alter und schwerstkranker Patienten zum Alltag gehört. Maisch, der 1997 über Patiententötungen geforscht und publiziert hat[41], fand heraus, dass von Pflegekräften begangene Serientötungen „das größte Dunkelfeld aufweisen“[42]. In der Tat ist die Zahl spektakulärer Enthüllungen über heimlich mordende Pflegekräfte („Todesengel“) beträchtlich. Die Summe der Opfer auch.

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Traurige Berühmtheit erlangte Mitte der achtziger Jahre eine junge Wuppertaler Krankenschwester, die im Verhör eingeräumt hatte, mindestens 5 ihrer Patienten zu Tode gespritzt zu haben[43]. 15 Jahre Haft wegen Totschlags in gleich 10 Fällen erhielt ein krimineller Stationspfleger, der in einer Gütersloher Klinik sterbenskranke Patienten durch Luftinjektionen umbrachte. In Bremen waren einem Pfleger, der jetzt eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt, Morde an 5 gebrechlichen Frauen nachzuweisen. Im Juli 2004 das Geständnis eines Sonthofener Krankenpflegers, innerhalb von 17 Monaten wenigstens 6 Frauen und 4 Männer mit muskellähmenden Medikamenten und starken Narkotika totgespritzt zu haben. Angebliches Motiv: Mitleid[44]. Es stellte sich nach und nach heraus, dass er mindestens 28 Patienten getötet hatte[45]. Im Frühjahr 2008 bestätigte der BGH die lebenslange Freiheitsstrafe für eine Krankenschwester der Berliner Charité, die 5 ihrer im Sterben liegenden Patienten durch die Injektion von Medikamenten getötet hat [46].

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Ob die Vorwürfe gegen eine als „Krebsärztin“ bekannt gewordene Internistin aus Hannover-Langenhagen berechtigt waren, die im Frühjahr 2004 verhaftet und später sogar wegen Totschlags in mindestens 13 Fällen angeklagt wurde, wird sich nicht mehr klären lassen, nachdem sich die Unglückliche im Januar 2011 während des laufenden Prozesses das Leben nahm. Sie soll ihren Patienten Morphium in Überdosen verabreicht haben. Darüber war in der Hauptverhandlung ein erbitterter Gutachterstreit geführt worden. Zuletzt hatte das SchwurG einen rechtlichen Hinweis erteilt, dass in zwei der dreizehn Fälle auch eine Verurteilung wegen Heimtückemordes in Betracht käme. Ursprünglich war die Kripo 76 „Verdachtsfällen“ nachgegangen[47].

Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren

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