Читать книгу Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren - Steffen Stern - Страница 7
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Vorwort der Herausgeber
Trotz der relativ geringen Anzahl von Mord- und Totschlagsverfahren verdient gerade dieser Bereich der Strafverteidigung gesteigertes Interesse. Grund dafür ist zum einen die existentielle Bedeutung des Verfahrensausgangs für den Beschuldigten, dem häufig eine lebenslange Haftstrafe – gegebenenfalls mit anschließender Sicherungsverwahrung – oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus droht. Zum anderen werden derartige Verfahren nicht nur von der Fachöffentlichkeit, sondern auch von den Medien nicht selten mit gesteigerter Aufmerksamkeit verfolgt, sodass Erfolge, aber auch Fehler des Verteidigers schnell ans Tageslicht gelangen. Dies wiegt umso schwerer, als es in der Regel sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht Fragen von höchster Komplexität zu beantworten gilt. Der Verteidiger steht also vor erheblichen Herausforderungen, die er nur meistern kann, wenn er sowohl die materielle Rechtslage als auch die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten genauestens kennt. Stets muss er das Kernwissen präsent haben, um den Mandanten sicher zu leiten und von den anderen Verfahrensbeteiligten – je nach Verfahrenslage bzw. Verteidigungstaktik – als kompetenter Verhandlungspartner oder ernst zu nehmender Antagonist wahrgenommen zu werden. Wie breit gefächert das nötige Rüstzeug ist, dokumentiert nicht zuletzt der beachtliche Umfang dieses Handbuchs.
Steffen Stern, Honorarprofessor an der Universität Bielefeld, der sich nicht nur als Verteidiger, sondern auch durch zahlreiche Fachpublikationen sowie durch seine Tätigkeit im Rahmen der Verteidigeraus- und -fortbildung einen Namen gemacht hat, präsentiert im vorliegenden Werk den gesamten einschlägigen Erfahrungsschatz seiner langjährigen forensischen Tätigkeit, wobei der behandelte Stoff in der dritten Auflage abermals erheblich ausgeweitet wurde. Wirklich alle Bereiche wurden unter Einbeziehung jüngster Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur umfassend überarbeitet.
Im Anschluss an die höchst informative Einführung werden zunächst alle wesentlichen materiell-rechtlichen Probleme unter dem speziellen Blickwinkel des Verteidigers beleuchtet. Aus der Fülle der behandelten Fragestellungen sei an dieser Stelle lediglich beispielhaft auf das nach wie vor kontrovers diskutierte Problem der Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit verwiesen. Ohne detaillierte Kenntnis der nahezu uferlosen Kasuistik ist es für den Verteidiger schlechterdings unmöglich, sicher durch dieses verminte Terrain zu schreiten. Gleiches gilt im Hinblick auf die Mordmerkmale. Auch hier lauern diverse Fallstricke, auf die im jeweiligen Kontext gesondert verwiesen wird. Besonderes Augenmerk wird ferner der fakultativen Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gewidmet, die sich in Kapitalstrafsachen besonders gravierend auswirkt und deren Gewährung nicht zuletzt vom Geschick des Verteidigers abhängt. Im Bereich der Sicherungsverwahrung fand namentlich das wegweisende Urteil des BVerfG vom Mai 2011 Berücksichtigung; überdies hat der Autor die jüngste Rechtsprechung des BGH praxisgerecht aufgearbeitet.
Der nicht minder ausführliche prozessuale Teil des Handbuchs nimmt in erster Linie auf die besonderen Schwierigkeiten der Beweisführung Rücksicht, die in Kapitalstrafverfahren regelmäßig auftreten. Überaus sachkundig wird beispielsweise dargelegt, was aus Verteidigersicht im Zusammenhang mit dem oftmals so bedeutsamen Sachverständigenbeweis zu beachten ist. Nicht minder detailliert geht der Autor auf mögliche Beweisverwertungsverbote und Beweisbeschränkungen ein. Viel Raum ist schließlich den spezifischen Problemen in den jeweiligen Verfahrensstadien gewidmet, wobei nicht zuletzt die Besonderheiten der Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht erläutert werden.
Sowohl Verteidiger, die bereits (vielfach) an Mord- und Totschlagsverfahren mitgewirkt haben, als auch solche, die sich erstmals mit der Materie befassen, werden in vorliegendem Werk mannigfaltige Anregungen für eine zielführende Verteidigungstaktik finden. Gerade für Letztere erweisen sich auch die zahlreichen Mustertexte, Gesetzesauszüge, Schaubilder und Tabellen am Ende des Buchs sowie die im Anhang befindlichen Erläuterungen gebräuchlicher gerichtsmedizinischer Begriffe als ausgesprochen nützlich.
Im November 2012
Passau Werner Beulke Berlin Alexander Ignor