Читать книгу Lords of the Left-Hand Path - Stephen Flowers - Страница 11

Der rechtshändige und der linkshändige Pfad

Оглавление

Nun stellt sich die entscheidende Frage: Auf welche Weise bezieht sich die freie, bewusste Seele auf das objektive Universum oder die Welt insgesamt, oder wie interagiert sie mit dieser? Der rechtshändige Pfad beantwortet diese Frage mit der Annahme, dass das subjektive Universum sich mit den Gesetzen des objektiven Universums in Einklang bringen müsse – ob man sich dieses nun als Gott oder als Natur vorstelle. Das eigentlich Menschliche besteht darin, nach Wissen von diesen Gesetzmäßigkeiten zu streben und sich ihnen sodann zu unterwerfen, um letztendlich die Einheit mit dem objektiven Universum, Gott oder der Natur, zu erlangen. Der rechtshändige Pfad ist der Weg der Vereinigung mit der universalen Realität (Gott oder Natur). Wenn dieses Ziel erreicht ist, wird das individuelle Selbst ausgelöscht werden; das Individuum wird eins mit der göttlichen oder natürlichen Ordnung des Kosmos. Auf dieser letzten Stufe wird das Ego in dem Augenblick, in dem es in den „Himmel“ eintritt oder (Nicht-)Existenz des Nirwana „erreicht“, vernichtet. Darin liegt erklärtermaßen das Ziel aller orthodoxen jüdischen, christlichen, muslimischen und buddhistischen Schulen.

Der linkshändige Pfad betrachtet die Stellung des Menschen wie sie ist; er erkennt den manifesten und tiefverwurzelten Wunsch jedes menschlichen Wesens an, ein freier, machtvoller und unabhängiger Akteur innerhalb seiner oder ihrer Welt zu sein. Freuden und Leiden, die aus einer selbstbestimmten Existenz resultieren, werden begrüßt und als die deutlichsten Zeichen des höchsten, edelsten Schicksals angesehen, das zu erlangen dem Menschen möglich ist – eine Art von unabhängiger Existenz auf einer Stufe, die gemeinhin als göttlich bezeichnet wird.

Ebenso wie die meisten Menschen, während sie durch ihr natürliches, alltägliches Leben gehen, nach allem streben, was ihnen möglichst viel Wissen, Macht, Freiheit, Unabhängigkeit und Ansehen in ihrer Welt verschafft, so erweitern diejenigen, die den linkshändigen Pfad beschreiten, dies logischerweise auf die außernatürlichen Gefilde. Sie weisen die Mahnungen des rechtshändigen Pfades zurück, solche spirituellen Bestrebungen seien „böse“, und sie sollten die allgemeine Ordnung (Gottes, der Natur usw.) bejahen und brave Mitglieder der Gemeinschaft werden. Die Gewißheit der Unabhängigkeit des Selbst wird von vielen als die grundlegende Wirklichkeit der menschlichen Natur verstanden: Man kann sie akzeptieren und leben oder zurückweisen und sterben. Wenn man diese innere, wohlbekannte Realität des menschlichen Bewusstseins annimmt, bejaht man eine ewig dynamische – ewig sich wandelnde und verändernde – Wirklichkeit; wenn man sie hingegen zurückweist und die äußere, unbekannte Realität Gottes oder der Natur vorzieht, wird man mit einem ewig beharrenden – ruhenden und unbeweglichen – Dasein vorliebnehmen. Aus einer gewissen aufgeklärten Perspektive sind beide Wege gleichermaßen gut und ausgezeichnet, und es hängt lediglich von der eigenen, bewussten Willensentscheidung ab, diesen oder jenen strikt und ohne Selbstbetrug zu befolgen.

Seinem Wesen nach ist der linkshändige Pfad derjenige der Nichtverschmelzung mit dem objektiven Universum. Er ist der Weg, das Bewusstsein innerhalb des subjektiven Universums zu isolieren und die Seele oder Psyche in der Weise einer selbst auferlegten Einsamkeit zu immer höheren Graden zu erheben. Das objektive Universum ist letztlich dazu geschaffen, mit dem Willen einer individuellen Psyche in Übereinstimmung zu gelangen, anstatt diesem seine Freiheit zu belassen. Während der rechtshändige Pfad theozentrisch ist (oder „alleozentrisch“, indem er den anderen in den Mittelpunkt rückt), ist der linkshändige psychozentrisch bzw. seelen- oder selbstzentriert. Wer auf dem linkshändigen Pfad wandelt, wird über das Wesen von Selbst, Ich oder Seele diskutieren, aber die Tatsache, dass das Individuum im Epizentrum dieses Pfades selbst steht, scheint eindeutig. Nach Auffassung des linkshändigen Pfades besteht eine ewige Trennung zwischen individuellem Geist und objektivem Universum. Daraus ergibt sich die Unsterblichkeit des unabhängigen Selbstbewusstseins, wenn es sich innerhalb des objektiven Universums bewegt und mit ihm nach seinem Willen verfährt.

Lords of the Left-Hand Path

Подняться наверх