Читать книгу Sinnliche Intimität - Susanna-Sitari Rescio - Страница 28
Zentrierung: Im eigenen Körper anwesend sein
ОглавлениеZentrierung, bei sich selbst anzukommen, im eigenen Körper anwesend zu sein, ist eine Grundvoraussetzung, um in Kontakt mit dem*der Partner*in zu treten. Ein Gefühl für sich selbst hilft, die Gefahr zu vermeiden, über die eigenen Grenzen zu gehen, denn durch innere „Abwesenheit“ werden diese gar nicht erst wahrgenommen. Auf der eigenen Insel anwesend zu sein, bedeutet auch, sie nicht zu vernachlässigen, sondern sich um sie zu kümmern, sie zu gestalten. Zentrierung heißt also, möglichst in Kontakt mit sich selbst zu bleiben. Dieser Kontakt beinhaltet eine seelische und eine physische Komponente. Es ist in erster Linie ein Wissen darüber, was einem nicht guttut, vor allem jedoch die Gewissheit dessen, was sich für einen selbst angenehm und erotisierend anfühlt. Das wird möglich, indem man den eigenen Körper spürt und die eigene seelische Befindlichkeit dabei wahrnimmt. Diese Wahrnehmung erlaubt uns, Klarheit zu erlangen und dementsprechend auf die jeweilige Situation proaktiv zu reagieren. Denn einfach Nein zu sagen ist nicht die Lösung. „Bitte nicht so, sondern …“ ist dagegen ein Ausdruck von Zentrierung und Selbstverantwortung in der Intimität. Vor allem beim Sex ist diese Fähigkeit eine gute Basis, um das sexuelle Erleben als befriedigend und erfüllend zu gestalten. Diese Fähigkeit lässt sich zunehmend entwickeln, so wie bei Anton, der erzählt, wie sich sein Gefühl für sich selbst im Laufe der Massage-Sessions veränderte und wie er sich „mehr bei sich zu Hause“ fühlte und seine „Männlichkeit deutlicher spürte“, oder wie bei Marion, die ihre „Yoni-Energie“28 als präsenter wahrnahm. Körperarbeit unterstützt diesen Prozess, in dem die Durchlässigkeit des Körpers über Bewegungs- und Atemübungen sowie Spannungswahrnehmung und -reduzierung gestärkt wird.29
ÜBUNG:
ZENTRIERUNG ÜBER BEWEGUNG
Mit dieser Übung lade ich Sie ein, eine kleine Reise über Ihre Insel zu beginnen. Stellen Sie sich vor, es ist frühmorgens an einem Festtag. Alles ruht und selbst das Meer scheint noch im Schlaf zu liegen. Hier und da ist nur ein leichtes Zwitschern zwischen den Ästen zu hören. Sie selbst stehen, wenn es geht, mit nackten Füßen auf dem Boden. Sie werden Ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Körperbereiche lenken und einfach nur spüren, was an diesen Stellen passiert. Womöglich werden Sie keine besonders starken Empfindungen haben oder mit der Aufmerksamkeit abschweifen. Das ist normal. Es geht nicht um ein besonderes Feuerwerk der Gefühle, sondern um die leise Sprache Ihres Körpers, der Sie bei dieser Übung lauschen können. Wenn Sie abgelenkt werden, kehren Sie zurück zu Ihrem Körper.
Schließen Sie nun Ihre Augen und wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit zu Ihren Füßen hin. Spüren Sie den Kontakt der Füße mit dem Boden und verstärken Sie diese Wahrnehmung, indem Sie Ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagern. Fangen Sie an, von den Füßen aufwärts alle Ihre Gelenke zu aktivieren: die Fußgelenke, die Knie, die Hüfte. Bleiben Sie einige Atemzüge lang dabei und bewegen Sie sich so, als würden Sie diese Bewegung zum allerersten Mal durchführen. Spüren Sie ganz genau, was in Ihrem Körper passiert, während Sie z.B. Ihre Knie abwechselnd beugen und strecken. Bis wohin überträgt sich die Bewegung? Ist die Bewegung angenehm? Gibt es Stellen, die sich leichter bewegen lassen als andere? Fahren Sie fort und fangen Sie an, Ihre Schultern zu bewegen, am besten indem Sie eine nach der anderen langsam nach hinten rotieren lassen. Spüren Sie immer wieder, wie es sich an dieser Stelle anfühlt. Am Schluss lassen Sie auch Ihren Kopf kleine Kreise in die eine Richtung und dann in die andere durchführen. Kommen Sie dann zur Ruhe und spüren Sie dem Echo dieser Bewegungen in Ihrem Körper nach.