Читать книгу Medizin der Erde - Susanne Fischer-Rizzi - Страница 24
Heilwirkung
ОглавлениеDas einst so bekannte Heilkraut Beifuß ist fast ganz in Vergessenheit geraten. Nur in der Homöopathie spielt er noch eine bescheidene Rolle. Nach meiner Erfahrung ist der Beifuß aber ein sehr wirksames und zuverlässiges Heilmittel. Wie bei vielen anderen Heilpflanzen ist dabei eine richtige Dosierung und Anwendungsart für den Erfolg der Behandlung ausschlaggebend. Er kann bei Überdosierung unangenehme Nebenerscheinungen hervorrufen. Man führt dies auf den Gehalt des in seinem ätherischen Öl enthaltenen Cineols zurück. Außerdem darf Beifuß nicht bei akut fieberhaften Erkrankungen verwendet und sollte auch in der Schwangerschaft vermieden werden; die Pflanze kann Wehen hervorrufen und wurde früher zur Abtreibung gebraucht. Wie alle Pflanzen aus der Familie der Korbblütler kann Beifuß bei empfindlichen Menschen eine Allergie erzeugen. Beifuß eignet sich nicht zur Dauereinnahme. Er sollte kurmäßig etwa 3 Wochen lang verwendet werden, danach wird eine Behandlungspause empfohlen. Bei Bluthochdruck sollte Beifuß nicht eingenommen werden. Beginnen wir mit seiner Anwendung als Frauenheilmittel, nachdem wir aus dem vorhergegangenen Textteil so viel über seine Verbindung mit der Großen Göttin gehört haben. Er ist ein Emmenagogum, d. h. ein Mittel, das die Monatsblutung fördert. So hilft er bei ausbleibender und zu schwacher Monatsblutung. Die Monatsblutung hat für den weiblichen Körper eine reinigende, ausgleichende Funktion.
Der Beifuß wirkt auch entkrampfend auf die weiblichen Unterleibsorgane. Deshalb wird er wie das Gänsefingerkraut bei schmerzhafter Regel verwendet. Eine Teekur mit diesen beiden Pflanzen sollte mit Beifuß-Fußbädern und -Sitzbädern unterstützt werden.
Bei zu schwacher wie bei schmerzhafter Regel wird der Beifuß innerlich als Tee 2 x 1 Tasse oder Tinktur 3 x 5 Tropfen und äußerlich als Fuß- oder Sitzbad verwendet. Besonders hilfreich ist der Beifuß bei allen Erkrankungen der Unterleibsorgane, die durch Kälte entstanden sind. (Wir erinnern uns, der Beifuß wird in den alten Kräuterbüchern als eine der heißesten Pflanzen beschrieben.) Bei zu schwacher, schmerzhafter Regel, nach Verkühlung, bei chronischem Blasenkatarrh, Ausfluss, ständig kalten Lenden schenkt uns der Beifuß seine wohltuende Wärme. Die meisten Krankheiten der weiblichen Unterleibsorgane sind vom »Symptom der kalten Füße« begleitet. Und bevor die kalten Füße nicht behandelt worden sind und weniger oft auftreten oder endlich immer warm und gut durchblutet sind, sind alle anderen Mittel »für die Katz«. Über diese reflektorische Verbindung zwischen Unterleibsorganen und Füßen kann man starken Einfluss nehmen.
Als Grundlage für eine Behandlung von oben genannten Krankheiten wie auch von chronischer Eierstockentzündung und zu schwacher Funktion der Eierstöcke empfehle ich Beifuß-Fußbäder, 2-mal wöchentlich.
Beifuß wird immer gleichzeitig innerlich und äußerlich angewendet. Als Tee, Wein, Pulver, Tinktur, Fußbad oder Sitzbad. Beifuß regt die Wehentätigkeit an und wurde deshalb früher von den Hebammen vor der Geburt als Tee verwendet. Außerdem fördert er den Abgang der Nachgeburt durch Anregung der Nachgeburtswehen und wurde der Mutter nach der Geburt gereicht. Der Beifuß sollte nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit innerlich verabreicht werden. Die Anwendung von Beifuß zur Wehenförderung und Geburtserleichterung gehört ausschließlich in die Hand von erfahrenen Hebammen. Auch bei einer Allergie auf Korbblüter sollte man den Beifuß in jeder Form meiden.
Nach einer anstrengenden Wanderung oder nach einem langen Tag auf den Beinen entspannt und kräftigt ein Fußbad mit Beifuß die müden Beine. Er hilft auch bei Muskelkater, kräftigt und stärkt schwache Glieder. Hierfür kann man zur Einreibung auch die Tinktur verwenden. Der Beifuß hat eine allgemein beruhigende Wirkung auf das Zentralnervensystem, so ist es verständlich, dass man ihn früher oft verwendet hat als Basismittel bei Krankheiten, die mit Verkrampfungen – körperlich wie seelisch (was kaum voneinander zu trennen ist) — verbunden sind. Dieses Basismittel war oft das mit getrocknetem Beifußkraut gefüllte Kopfkissen des Patienten. Es wirkt fein die ganze Nacht hindurch, beruhigt die Nerven, fördert den Schlaf.
Was hat der Beifuß mit einer fetten Gans zu tun? Er hilft uns, damit wir sie besser verdauen können. Er ist ein traditionelles Gewürz für den Gänsebraten und fettes Fleisch. Und nicht zu Unrecht, denn er regt die Verdauungsdrüsen an. Außerdem stärkt er den Magen, wirkt appetitanregend und hilft bei Blähungen. Hierfür kann man ihn als Gewürz, als Wein und Tee verwenden. Die Tinktur aus der frischen Pflanze medizinisch eingesetzt wirkt verdauungsfördernd und appetitanregend. Sie wird 2 x 10 Tropfen vor dem Essen eingenommen.
Aus der fernöstlichen Medizin haben wir noch eine weitere Methode gelernt, wie wir die wohltuende Kraft des Beifußes auf unseren Körper wirken lassen können. In der chinesischen Medizin wird die dortige Beifußpflanze, Moxakraut genannt, getrocknet und zu Kegeln oder Stäbchen gepresst. Diese werden angezündet und glimmen lange. Sie verbreiten einen angenehmen Duft. Hierbei setzt man sie auf den der Krankheit entsprechenden Akupunkturpunkt, wo sie den Punkt und den Meridian mit ihrer ganz eigenen Wärme beeinflussen. Bevor der Kegel abgebrannt ist, wird er natürlich entfernt. Ich verwende hauptsächlich die »Moxazigarren«, zu Stäbchen gerolltes Moxakraut, die entzündet und glimmend über die zu behandelnden Körperteile etwa im Abstand von 1–2 cm geführt werden. Diese Wärme dringt tief ein, entspannt und entkrampft. Sie hilft z. B. bei Verkrampfungen, Kopfschmerzen, Kreuzschmerzen, chronischen Stirnhöhlenerkrankungen und Magenkrämpfen. Moxa sollte wie der Tee und das Pulver nicht bei akut entzündlichen Erkrankungen verwendet werden. Von erfahrenen Hebammen wird das Moxen mit Beifuß (meist mit einem Fertigprodukt aus chinesischem Beifuß) über einem bestimmten Akupunkturpunkt verwendet, um das Kind im Uterus in die richtige Lage zu drehen. Beifuß ist eine weltweit angewandte Kräuterpflanze, um die Atmosphäre eines Raumes zu reinigen oder um Rituale zu begleiten. Siehe dazu mein Buch »Buch vom Räuchern«.
Im Juli/September, wenn der Beifuß blüht, ist die richtige Zeit, ihn zu sammeln. Ich schneide die Pflanzen etwas oberhalb des Erdbodens ab und hänge sie einzeln kopfüber an einem luftigen, schattigen Ort zum Trocknen auf. Wenn die Pflanzen beim Zerreiben knistern, dann sind sie genug getrocknet, und ich streife die Blätter und Blüten von den Stängeln. Für einen Beifußtee überbrüht man 1 Teelöffel davon mit 1 Tasse kochendem Wasser. Ca. 10 Minuten ziehen lassen. Tagesdosis 2–3 Tassen. Den Tee nicht süßen. Der reine Beifußtee hilft neben oben genannten Leiden auch bei Übelkeit, Brechreiz, nervösem Magen, Durchfall, bei falscher Kost. Seit einigen Jahren wird der Tee aus dem einjährigen Beifuß erfolgreich in Afrika gegen Malaria eingesetzt.
Artemisia
Eberraute, Kraut | 20 g |
Marienblatt, Blätter | 20 g |
Schafgarbe, Kraut | 10g |
Waldmeister, Kraut | 10g |
Frauenmantel, Blätter | 20 g |
Zitronenverbene, Blätter | 20 g |
Die getrockneten Kräuter zur Teemischung gut mischen. Einen gehäuften Teelöffel der Mischung mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen, zugedeckt 5 Minuten ziehen lassen. Ein bis zwei Tassen täglich. Ein Tee zur Begleitung durch das Frauenleben. Stärkt die Unterleibsorgane, reguliert den Hormonhaushalt, lindert Wechseljahresbeschwerden.
Im Fluss sein
Beifuß, Kraut | 20 g |
Minze, Blätter | 10 g |
Eberraute, Kraut | 20 g |
Eisenkraut, Kraut | 20 g |
Ein gehäufter Teelöffel der Mischung mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen, 5 Minuten ziehen lassen, abseihen. Bei zu schwacher Menstruation 1 bis 2 Tassen täglich.
Beifuß-Fußbad
3 Liter Wasser mit ca. 2 Handvoll Beifußkraut, getrocknet oder frisch, kalt ansetzen, bei geschlossenem Topf aufkochen und ca. 5 Minuten kochen lassen. Abseihen, in eine Fußbadewanne oder eine große Schüssel füllen und mit heißem Wasser auffüllen. Heiße Beifuß-Fußbäder helfen bei Unterleibsstörungen, Verkrampfungen, kalten Füßen, Kopfschmerzen. Kalte Fußbäder eignen sich bei müden, geschwollenen Füßen. Hierfür den Sud abkühlen lassen und mit kaltem Wasser auffüllen.
Beifuß-Öl
Ein Schraubglas zur Hälfte mit frischen, zerschnittenen Beifußblättern, Blüten und Wurzeln füllen. Mit kalt gepresstem Sonnenblumenöl auffüllen, verschließen und ca. 2–3 Wochen an einen sonnigen warmen Platz stellen. Abseihen. Auf ½ Liter Öl 15 Tropfen ätherisches Kiefernöl geben (Oleum Pini sylvestris), schütteln und in dunklen Flaschen aufbewahren.
Zum Einreiben für müde, geschwollene Füße, bei Muskelkater und Verspannungen.
Die Wurzel sammelt man am besten im November. Sie wird ausgegraben und vorsichtig mit einer Bürste gesäubert. Nicht waschen. Nun legt man die Wurzeln zum Trocknen aus. Das Pulver aus den getrockneten Wurzeln sollte erst kurz vor Gebrauch zubereitet werden, da es so die größte Kraft hat. Hierfür zerstoße ich die Wurzeln fein in einem Mörser. Das Pulver wird messerspitzweise eingenommen. Tagesdosis: 2–3 Messerspitzen. Das Wurzelpulver wirkt stärker als der Tee. Vorsicht mit zu hohen Dosen!
Beifuß- Tinktur
Ein kleines dunkles Schraubglas zur Hälfte mit frischer zerstampfter Beifußwurzel füllen, mit 45-prozentigem Alkohol aufgießen, verschließen und 2–3 Wochen ziehen lassen. Gelegentlich schütteln. Abseihen und in dunklen Tropfflaschen aufbewahren. Tagesdosis: 3–5 Tropfen 3-mal täglich. Beifußtinktur ist ein gutes Einreibemittel für müde Füße, Muskelkater und Neuralgien.
Mottenkissen
Beifuß vertreibt Motten. Deshalb hat man früher in Truhen und Schränke Beifuß-Zweige gelegt oder das Kraut in kleine Kissen genäht und zwischen die Wäsche gelegt. Man kann den Beifuß einzeln verwenden oder ihn mit anderen Kräutern mischen, die ebenfalls wirksame Mittel gegen Motten sind. Ich gebe zum Beifuß noch duftende Mottenkräuter, um der Wäsche gleichzeitig einen frischen Duft zu verleihen. Aus der folgenden Liste von mottenabwehrenden Kräutern kann sich jeder seinen Lieblingsduft auswählen und die Pflanze dem Beifuß zufügen:
Honigklee (Melilotus officinalis), Waldmeister (Asperula odorata), Eberraute (Artemisia abrotanum), Minze (Mentha piperitia), Rainfarn (Chrysanthemum vulgäre), Zypresse (Cupressus sempervirens), Duftgeranie (Pelargonium graveolens), Nelke (Syzygium aromaticum), Thymian (Thymus vulgaris), Lavendel (Lavandula officinalis).
Beifuß-Tee ist in der Apotheke als Artemisiae herba erhältlich, ebenso die Urtinktur aus frischen Pflanzen.
Kommission E
1988 wurde für den Beifuß eine Negativmonographie erstellt. Eine Wirksamkeit von Beifuß-Zubereitungen wurde nicht belegt.