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Boxenstopp mit Folgen

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Levin hatte trotz aller Härte eine gute Erziehung genossen. Leider, so brachte ich nun in Erfahrung, manchmal wohl eine etwas zu gute. Er war jung und wie wohl die meisten seiner Art, manchmal etwas „übernervös“. Nun ja. Das folgende Ereignis führte jedenfalls zunächst erst einmal dazu, dass meine Nerven etwas sehr überstrapaziert wurden. Andererseits war es ein Amüsement für alle anderen zufällig Anwesenden. Ganz nebenbei, es war das erste Mal, dass mein Pferd mit einer Situation schneller klarkam als ich.

Levin war noch ziemlich neu im Stall und wurde zunächst in einer schönen großen Box gehalten. Wie fast jeden Tag brachten wir ihn, nach dem Putzen etc. zurück in seine Box. Da wir Neulinge in der Pferdehaltung waren, machten wir das natürlich ganz vorschriftsmäßig. Pferd in die Box führen, scharfe Kurve nach rechts bis Levin mit dem Kopf zur Boxentür steht, dann Halfter ab usw. Der (nun endliche) Vorbesitzer hatte uns (und auch dem Pferd) beigebracht, Levin die linke Hand vor das linke Auge zu halten und danach mit ihm die Rechtsdrehung zu gehen. So schön, so gut. Das funktionierte auch super, eigentlich. Aus irgendwelchen Umständen, die ich heute nicht mehr genau weiß, baumelten in meiner linken Hand so ca. 4 cm vom Führstrick lose herunter, als ich ihm die Hand vors Auge hielt. Holla, die Reaktion war wirklich heftig und schnell. Schneller als ich im ersten Moment denken konnte. Levin sprang wie ein Floh einmal ganz um mich herum und blieb genau gegenüberstehen. Er stand mir nun genau gegenüber, sozusagen Angesicht zu Angesicht. Ich hingegen befand mich immer noch in meiner „Schreckstarre“ und hielt ihn nur noch mit dem letzten Zentimeter des Führstricks fest. Aus dem Hintergrund hörte ich dann jemanden sagen: „Guck mal, die beiden sehen sich an wie zwei Ochsen.“ Während ich zunächst erst mal meine Gedanken sortierte frei nach dem Motto: „Was war das denn?“ erholte sich Levin schneller von seinem Schreck und kam vorsichtig und langsam auf mich zu. In diesem Moment kam in mir aber mein Erbgut aus irgendwelcher Steinzeit kopfmäßig zum Vorschein. Der Gedanke hieß – Flucht – ich will hier raus oder so. Ich hatte aber dabei nicht mit den sich immer noch köstlich amüsierenden Menschlein in der Stallgasse gerechnet. Die setzten jetzt noch einen drauf. Sie machten schnell die Boxentür zu und verriegelten diese. Anschließend reichten sie mir einen Apfel mit den ironisch betonten Worten: „Du musst dem kleinen doch noch sein Äpfelchen geben.“ Ich stopfte dem armen und an dieser Situation nun wirklich unschuldigen Levin, der mittlerer weile freudig erregt hinter mir stand, den gesamten Apfel auf einmal ins Maul. Wie gesagt, die Urinstinkte „Flucht“ und „schnell weg hier“ geisterten immer noch in meinem Kopf umher. Als ich mich nun endlich, so dachte ich, aus der Situation erlösen konnte, folgte im gleichen Tonfall die Ansage: „Vergiss auch nicht, ihm das Halfterchen abzunehmen.“ Schon leicht zitternd bekam ich den Karabinerhaken nicht gleich auf und riss dem armen Kerl einfach das gesamte Halfter ungeöffnet über die Ohren. Da ihm dieses vermutlich weh tat, machte Levin abermals einen kleinen Sprung nach hinten der vorhin besagten Urinstinkten neue Nahrung gab. Dieses entging auch leider nicht der nun schon heftig lachenden Menge. Was nun folgte, empfand ich in diesem Moment als wirklich heftig und es weckte einen neuen Urinstinkt in mir, den ich hier besser nicht erwähnen möchte. Ihr kennt diesen aber, denn er hat etwas mit einer roten Flüssigkeit zu tun… Den endgültigen „Supergau“ in Richtung „Lacher“ löste der noch ironischer gesprochene Satz: „Oh, nun geh mit dem Kleinen doch noch ein bisschen kuscheln und streichel ihm doch noch die Öhrchen.“ aus. Dann machten sie endlich die Boxentür auf und ich konnte zumindest meinen ersten Urinstinkt „Flucht aus der Box“ ausleben. Mein persönliches Fazit aus der ganzen Sache: In dieser Situation hat Levin schneller und souveräner reagiert als ich.

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