Читать книгу Von Levin und anderen Pferden - Sven Bastmann - Страница 23
Das passt schon noch…
ОглавлениеNein, ich bin nicht wieder in der Stallgasse stecken geblieben. Hier geht es vielmehr um die Feststellung, dass Pferde eben auch Humor haben, welcher aber für den Menschen manchmal zur überraschenden Mutprobe werden kann.
Mittlerer Weile war es Frühjahr geworden. Wir hatten beschlossen, Levin auf dem Reitplatz frei Springen zu lassen. So konnte er sich auch einmal richtig und mit viel Spaß austoben. Welchen Spaß er dabei haben würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht erahnen. Gesagt, getan. Wir holten Levin von der Koppel, putzten ihn und machen uns „bewaffnet“ mit je einer Peitsche zu viert auf zum Reitplatz. Das Wetter war schön, der Platz war frei, alles in allem, ideale Bedingungen.
Zuvor hatte eine Reitbeteiligung von mir zusammen mit zwei jungen Praktikantinnen auf dem Platz so einiges aufgebaut. Dazu gehörten auch zwei, von leeren Tonnen umsäumte Cavaletties. Diese standen sich gegenüber und quer zum Hufschlag. Über diese sollte Levin dann „voller Freude“ springen. Nun war es aber so, dass durch die bauliche Struktur des Reitplatzes der äußere Rand des jeweiligen Cavaletties nicht ganz bis an den Zaun, der den Reitplatz umgibt, heran gestellt werden konnte. Es blieb zunächst so ca. ein halber Meter Platz. Nun ging es los. Vier Ecken, vier Peitschen und Levin lief so schön, leider nicht in Richtung der Cavaletties, sondern jedes Mal genau zwischen diesen und dem Zaun hindurch. Er hatte wohl keine Lust zu springen, wohl aber „herum zu blödeln“. Etwas verärgert versuchten wir nun, die Cavaletties doch dichter an den Zaun zu bekommen und siehe da, es blieben noch ca. 40 cm übrig. Das war doch schon mal was. Dann stellte sich eine Praktikantin genau in die Lücke, so dass im Endeffekt nur noch 25 – 30 cm Freiraum blieben. Jetzt muss Levin aber springen. Das kann nicht mehr passen – dachten wir. Dann kam Levin „angedonnert“. Wir trieben ihn genau auf das erste Cavalettie zu. Da ich mich zu diesem Zeitpunkt hinter dem Zaun befand, konnte ich das folgende Geschehen genau beobachten. Levin lief, wie gesagt auf das Cavalettie zu, bog aber im aller letzten Moment in Richtung „Freiraum, gefüllt mit Praktikantin“ ab und lief „mit Mut zur Lücke“ genau zwischen ihr und dem Ständer des Cavaletties nach dem Motto „Das passt schon noch!“ durch. Zum besseren Verständnis schildere ich dieses Vorkommnis noch einmal in Zeitlupe: ca. 30 cm Platz, Pferd kommt, Nase der Praktikantin „taucht“ im Schulterbereich des Pferdes ins noch vorhandene Winterfell ein, Nase „taucht“ auf gesamter Länge des Pferdes durch das Winterfell, Nase taucht am Hintern des Pferdes wieder auf, Pferd läuft weiter, Nase der Praktikantin hat keinen sichtbaren Schaden erlitten sondern ist nur „pechschwarz“ und mit einigen Pferdehaaren „geschmückt“. Das arme Mädchen stand mit weit aufgerissenen Augen da und fragte mich verdutzt „Was war das denn?“, worauf ich ganz trocken entgegnete „Wieso, Levin natürlich!“. Zum allgemeinen „Superlacher“ wurde das Ganze aber durch die Praktikantin, die gegenüber beim anderen Cavalettie ebenfalls in der Lücke stand. Hier praktizierte Levin kurz darauf das Gleiche. Mit den Worten „Nun reicht‘s aber!“ nahmen sich die beiden Mädchen nun je eine Gerte und rollten noch ein Fass in die beiden Lücken. Dann postierten sie sich hinter diesem und wedelten zusätzlich noch mit der Gerte. Jetzt konnte es für Levin nicht mehr „passen“ und er musste sozusagen über das Cavalettie springen. Also neuer Anlauf, neues Glück. Er sprang dann auch, aber es kommt immer auf das „wie“ an. Hier wieder zum besseren Verständnis das Ganze in Zeitlupe: Pferd kommt direkt auf Cavalettie zugelaufen, Pferd macht vor Cavalettie „Vollbremsung“, Pferd schaut Praktikantin frech an, Pferd steigt in absoluter Zeitlupe über Cavalettie, Pferd schaut sich danach zur Praktikantin um, Pferd läuft beginnend mit einem riesen Buckler weiter, als wenn nichts geschehen wäre und „schaufelt“ ihr noch eine ordentliche Ladung Kies ins Gesicht.
Nicht, dass ihr nun denkt: „Was ist denn das für ein ungezogenes Chaotenpferd“. Natürlich haben wir Levin das nicht durchgehen lassen und er ist dann auch ordentlich über die Cavaletties gesprungen. Im Grunde ist er sehr gut erzogen, nur seinem Alter geschuldet möchte er sich gerne ab und zu mal ausprobieren. Besitzer von jungen Pferden kennen das.