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Abflug ins „Grüne“

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Viele Pferdehöfe veranstalten, zumindest einmal im Jahr, ein sogenanntes „Hoffest“. Dieses dient nicht nur der Kundenbindung, sondern ist immer auch ein beliebter Treffpunkt zum Erfahrungsaustausch unter den Einstellern und Reitschülern.

So auch der Pferdehof, in dem wir uns „eingemietet“ haben. Dabei kann man sich das Wetter nicht aussuchen. Ausgerechnet am Tag dieser wichtigen Veranstaltung regnete es in Strömen. An sich kein Problem, die Veranstalter hatten gut vorgesorgt. Es waren große Partyzelte aufgebaut und ohnehin fanden viele Highlights sowieso im Stall statt. Der Dauerregen sollte später aber noch eine wesentliche Rolle spielen.

Ich war während der Veranstaltung für das Ponyreiten verantwortlich. Ich muss gestehen, Pferdefreunde sind echte Hardcoremenschen. Trotz durch-weichendem „(Dauer-) Wasserbombardement“ von oben kamen viele Familien mit ihren Kindern zum Ponyreiten. Ich hatte zwischendurch kaum Zeit, mal einen Kaffee zu trinken. Donnerwetter! Irgendwann einmal ist aber jede Veranstaltung beendet. So auch diese, denn es war doch schon später geworden als geplant. Als der letzte Gast den Hof verlassen hatte, ging es dann an das große Aufräumen. Nachdem auch dieses geschafft war, mussten ja „nur noch“ die Pferde versorgt werden. Dazu gehörte auch, einige Pferde, die den Tag auf der Koppel verbracht hatten, zurück in den Stall zu holen. Das übernahm ich zunächst erst einmal. Ich schnappte mir also ein Halfter und wollte ein Pferd nach den anderen ganz „gemütlich“ zurück in ihre Boxen bringen. Hier hatte ich aber zwei Faktoren nicht eingerechnet. Zum einen der Regen und zum anderen mein Handy…

Der Zugang zu dieser Koppel geht von einem einigermaßen begehbaren Sandweg ab und ist örtlich bedingt stark abschüssig. Nachdem ich den völlig aufgeweichten „Abhang“ erfolgreich in Richtung Koppelzaun herunter geglitscht war, öffnete ich den selbigen und begab mich in Richtung des ersten Pferdes, welches ich, wie vorher schon erwähnt, ja so „gemütlich abschleppen“ wollte. Ich kam ungefähr fünf Meter weit, als mein Handy lautstark klingelte. Zu meinem Erstaunen rief dieser Klingelton nicht nur mich sozusagen „auf den Plan“, sondern auch vier Pferde in meiner unmittelbaren Umgebung. Diese kamen interessiert auf mich zu. Ich nahm inzwischen das Gespräch an. Es war meine Frau, die nachfragen wollte, wann ich denn nun mal nach Hause komme. Während ich dieser erklärte, warum und wieso es später werden würde, hatten die vier Pferde mich erreicht und wollten unbedingt wissen, was das denn für ein Ding an meinem Ohr sei. Da meiner Frau die Gründe für mein späteres Erscheinen nicht plausibel genug waren, diskutierte sie mit mir lustig weiter. (Sie konnte ja nicht sehen, was gerade los war…) Langsam fühlte ich mich wie auf einer Fahndungsliste einer gewissen „Abhörorganisation“. Akustisch „kämpfte“ ich mit meiner Frau und körperlich gegen die neugierigen Pferde, die mittlerer Weile wissen wollten, wie so ein Handy denn nun schmeckt oder so. Das lockte dann die restlichen „Koppelgänger“ nach dem Motto „Gibt’s da Leckerlis?“, an. Ehe ich mich versah, war ich von 10 Pferden umringt, die alle unbedingt „ein Wörtchen mitreden wollten“. Nun blieb mir weiter nichts übrig, als das Gespräch schleunigst zu beenden und erst einmal dieser „Versammlung“ zu entkommen, welches nach einer Weile „Herumgeherei“ in alle Richtungen dann auch funktionierte. Also weiter im Text… das erste Pferd geschnappt und ab Richtung Ausgang. Koppelzaun auf, Pferd geht mit mir hinaus, Koppelzaun wieder zu, anschließend irgendwie zusammen den Abhang hochglitschen und ab zum Stall. Soweit, so gut. Nun die „Nummer zwei“. Eigentlich hatte ich, wieder auf der Koppel angekommen, ein anderes Pferd „ins Auge gefasst“, aber da stellte sich mir Fanny in den Weg und wollte unbedingt als nächstes in den Stall. Also gut, Fanny das Halfter angelegt und wieder ab in Richtung Ausgang. Koppelzaun auf, Fanny durch, ich durch, Koppelzaun zu usw. Soweit kam es aber nicht mehr. Statt, wie das andere Pferd zu warten bis ich den Koppelzaun wieder geschlossen hatte, ich hatte gerade in der linken Hand den Koppeldraht und in der anderen den Führstrick, glitschte diese ohne mein Zutun alleine den „Abhang“ hinauf. „Macht ja nix, der Führstrick ist ja lang genug…“ waren meine letzten Gedanken kurz vor dem „Abflug“. Dann ging alles wirklich sehr schnell. Plötzlich kam die liebe Fanny nämlich den „Abhang“ mit irgendwie komisch aussehendem schrägem Hinterteil wieder heruntergerutscht und das genau auf mich zu. Die Vorderhufe hatte sie aber zu meinem Glück bereits auf dem oberen Weg stehen. Dann machte sie einen „Satz“ nach vorne und ich startete, immer noch den Führstrick festhaltend, in eine „horizontale Flugbahn“ mit vertikaler Pirouette oder irgend so etwas Ähnlichem. Auf alle Fälle drehte sich „die Welt“ einmal um mich und dann wurde es saftig grün vor den Augen und ziemlich feucht im Gesicht. Der „Marsorbiter“ war weich auf einem Wiesenstück neben dem Weg gelandet. Um es einmal ironisch zu betrachten: „Ein kleiner Sprung für ein Pferd – ein großartiger Flug für die Menschheit!“ Nachdem ich mich wieder „ver- und gesammelt“ hatte, merkte ich als nächstes eine feuchtwarme Pferdeschnauze im Gesicht. Fanny wollte sich wohl vergewissern, ob ich noch „heile“ war. Da ich den Führstrick nun logischerweise nicht mehr festhielt, machte sie sich dann eiligst nach dem Motto „Ich weiß ja nicht, warum du hier so rumpennst, aber ich gehe dann schon mal los…“ auf in Richtung Stall. Also nix wie hoch mit den „lahmen Knochen“ und Fanny hinterher. Diesen ungleichen „Wettlauf“ gewann mit etlichen Längen das Pferd.

Entlaufen

Es gibt Ereignisse, die Chris, so hoffe ich, bisher nicht weiß bzw. mitbekommen hat. PS: Besser ist das manchmal auch.

Auf einem Pferdehof helfen in den Schul-ferien oft Praktikanten aus. Ich persönlich finde es sehr gut, dass junge Menschen in dieser Zeit nicht vor irgendwelchen Spiele-konsolen sitzen, sondern sich aktiv mit Tieren und der Natur beschäftigen. So eine Praktikantin „praktizierte“ gerade auf dem Pferdehof. Sie wird sich wohl noch lange an das Folgende erinnern…

Auf dem Gelände steht ein Holzpavillon. Dieser ist, wenn das Wetter es zulässt, der zentrale Treffpunkt für alle gerade Anwesenden. So auch an jenem Tag. Der Unterschied war hier nur der, das außer mir und eben der Praktikantin niemand mehr auf den Hof anwesend war. Ich stand im besagten Pavillon und genoss meinen „Feierabendkaffee“. Danach wollte ich nach Hause fahren. Die Praktikantin brachte noch ein Pferd aus dem Stall auf die Koppel und wollte danach auch „Feierabend“ machen. Chris kümmerte sich im Wohnhaus gerade um das Abendbrot für ihre Kinder und Jürgen war mit dem Traktor unterwegs. Alles in allem, ein richtig schöner ruhiger Abend auf den Hof.

Als ich meinen Kaffee ausgetrunken hatte, was allein durch die Tassengröße doch eine ganze Weile in Anspruch nahm, bemerkte ich, das die Praktikantin immer noch nicht von der Koppel zurück war und so eine Entfernung war es dorthin nun wirklich nicht. Interessenhalber und aus Neugier ging ich nun der Sache einmal nach, was sich kurz darauf auch als super Idee herausstellte. Auf halbem Weg zur Koppel kam mir das arme Mädchen heulend und ansonsten auch ziemlich durcheinander entgegen. Auf meine Nachfrage hin, wer oder was soeben passiert ist, stammelte sie nur schluchzend die Worte: „Zaun kaputt…“ und „Pferde weg…“ Irgendwie war das wie ein kleines Alarmzeichen für mich. Kennt ihr das, wenn sich euch die kleinen Härchen zur „Gänsehaut“ aufstellen?

Jetzt musste ich aber erst mal irgendwie herausbekommen, was wirklich los war. Also beruhigte ich die Kleine erst einmal. Dann sprudelte es plötzlich aus ihr heraus: „Ich hab den Zaun ordentlich zu gehakt, als ich auf die Koppel ging, aber irgendwie ist dieser wieder auf gegangen und da sind einige Pferde weggelaufen. Die anderen konnte ich noch aufhalten, weil ich das Tor dann zugehalten habe. Da ist der Draht durchgerostet. Jetzt wird Chris wohl richtig sauer auf mich sein…“ Abermals beruhigte ich sie. Auf meine Frage, wie viele Pferde da weggelaufen seien, bekam ich nur die kurze Antwort „Das weiß ich nicht…“ Oh je, also erst mal auf die Koppel, Pferde gucken bzw. zählen. Ich stellte fest, dass wahrscheinlich nur drei „körperlich abwesend“ waren. Ich ging dann schleunigst zum Stall Halfter holen, immer in der Hoffnung, dass Chris weiterhin fleißig ihre Bratkartoffeln im Haus brutzelte und auch sonst keiner auf die Idee kam, jetzt mal draußen nach „dem Rechten“ zu schauen. Mein Plan ging auf. Zurück und mit drei Halftern „bewaffnet“ gingen wir den „geflohenen“ dann hinterher. Dank der Verfressenheit dieser, brauchten wir nicht lange zu suchen. Eins haben wir mit viel Elan aus einem wilden Brombeerstrauch „geangelt“, die beiden anderen einfach von einem Wiesenstück quasi „abgeholt. Zum Schluss waren alle lieben Pferdchen wieder friedlich vereint auf der Koppel und gar nichts, absolut gar nichts war passiert. Und ihr habt diese Zeilen niemals gelesen… 

Nur eins war da noch… Kurz, nachdem wir zurück auf dem Hof waren und gespielt gelangweilt im Holzpavillon standen, kam Chris und frage uns: „War irgendwas los? Ihr schaut so komisch.“. Wir daraufhin: „Nö, äh gar nix… wieso fragst du?“ Mit den Worten „Ach nur so…“ ging sie dann lächelnd in den Stall die dortigen Pferde füttern.

Irgendwie beschlich mich der Gedanke, dass sie doch etwas mitbekommen hatte… aber das habe ich bis heute nicht in Erfahrung bringen können.

Von Levin und anderen Pferden

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