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Nachruf

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Warnung für zart besaitete Menschen: Das folgende Erlebnis ist überhaupt nicht lustig. Wenn du zur oben benannten Menschengruppe gehörst, solltest du jetzt deine Neugier zügeln und dieses Geschehnis tunlichst überspringen!

Du willst es wirklich wissen? Na dann… deine Entscheidung.

„Die Welt ist nun mal kein Ponyhof“. Diesen Spruch kennt fast jeder. Leider mussten wir die Wahrheit, die darin liegt, am eigenen Leibe erfahren.

Aus mir unbekannten Gründen habe ich auch eine große Zuneigung zu Ponys. Zum Pferdehof gehören mehrere dieser Kleinpferde. Sie werden vorrangig zum Ponyreiten für Kinder eingesetzt. Zum einen wie man so schön sagt, selbst geführt ab Hof und zum anderen bei Veranstaltungen in einem dort extra dafür abgesperrten Areal. Genau bei so einer Veranstaltung lernte ich Kessy kennen.

Kessy war eine Stute, die mit ihrer Körpergröße genau zwischen Pony und klassischem deutschen Reitpony lag. Durch ihren sanftmütigen und menschenbezogenen Charakter wurde sie beim Ponyreiten innerhalb von Veranstaltungen gerne für etwas ältere Kinder eingesetzt. Durch die vielen Runden, die ich mit ihr dort „gedreht“ hatte, freundeten wir uns an. Da wurde, wenn es mal wieder richtig „heißes“ Wetter war, so manche Wasserflasche miteinander geteilt. Im Gegenzug lernte ich durch sie sehr viel über das Verhalten von Pferden.

Eines Tages, es kommt mir immer noch wie gestern vor, kamen wir gut gelaunt und froher Dinge zum Reiterhof um mit Levin Bodenarbeit zu machen. Obwohl wir bis zu diesem Zeitpunkt dort noch keinem Menschen begegnet waren, viel uns auf, dass die Stimmung auf den gesamten Reiterhof irgendwie anders war. Ich weiß nicht, ob ihr das Gefühl kennt, aber man fühlt einfach irgendwie, dass „was in der Luft liegt“. Auch Levin selbst verhielt sich anders, als sonst. Er ließ alles irgendwie „abwesend“ über sich ergehen und bettelte auch nicht nach Leckerlies. Da es an diesem Tag sehr warm war, beschlossen wir, nicht mit Levin auf den Reitplatz zu gehen. Stattdessen machten wir mit ihm einen Spaziergang durch das Dorf und den sich unmittelbar daran anschließenden Wald. Als wir zurückkehrten, hatten sich bei uns die „unguten“ Gefühle verflüchtigt und die Welt schien wieder in Ordnung zu sein. Als wir Levin auf die Koppel zurückbrachten, beschlich uns abermals dieses seltsame Gefühl. Auf dem Rückweg zum Hof sahen wir dann, was nicht stimmte. Kessy wurde auf einer leeren Koppel herumgeführt und brach dabei immer wieder zusammen. Der Anblick war erbärmlich. Sichtlich geschockt fragten wir die Anwesenden, was mit Kessy passiert ist. „Die hatte eine schwere Kolik, der Tierarzt hat ihr vorhin ein starkes Schmerzmittel gegeben und nun müssen wir sie entsprechend bewegen.“ Nach „Bewegen“ sah das aber nicht mehr aus und endete schließlich im Liegen. Wir spürten einfach, dass das kein gutes Ende nehmen konnte. Nun fing Kessy an zu stöhnen. Solche Töne hatte ich von einem Pferd noch nie gehört. Sie musste unglaublich heftige Krämpfe haben. Mir stockte einfach nur der Atem. Aus dem Hintergrund hörte ich dann jemanden leise sagen: „Der Tierarzt ist schon verständigt. Er kommt gleich und macht hier dann ein Ende. Das kann ja kein Mensch mehr mit ansehen!“ Nein, ich auch nicht, denn ein Jahr zuvor musste ich nach 13 Jahren meine treue Schäferhündin „gehen lassen“. Also verabschiedeten wir uns von Kessy so gut es noch ging und machten uns schleunigst „vom Acker“. Es gibt Menschen, die sind da etwas „hardcoremäßiger“ unterwegs, zu denen gehören wir beide aber nicht. Auf der Rückfahrt im Auto begegnete uns nur noch ca. 50 Meter vom Hof entfernt und natürlich in endgegengesetzter Richtung fahrend, der Tierarzt. Er hatte es verständlicherweise sehr, sehr eilig. Eigentlich „plappern“ wir immer auf der Rückfahrt, aber dieses Mal war es bedächtig still. Nach ungefähr 10 Minuten musste ich dann rechts heranfahren, nein, nicht um zu telefonieren, wir brauchten vielmehr beide dringend ein großes Taschentuch…

Ehrlich gesagt, habe ich lange überlegt, ob ich dieses Erlebnis hier dokumentiere. Letztlich bin ich zu dem Entschluss gekommen, für Kessy hier in verdienter Weise eine Erinnerung „Wider des Vergessens“ zu schreiben. Hatte sie doch unzähligen Kindern und auch vielen Erwachsenen nicht nur beim Ponyreiten viel Freude bereitet. Sie war allen Menschen stets ein treuer Begleiter.

Von Levin und anderen Pferden

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