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Bauchbrettmacher

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Warnung: Das im Folgenden Beschriebene ist nicht zum Nachmachen geeignet, es kann für bestimmte Personengruppen sogar äußerst gefährlich sein.

Wie schon gesagt, helfe ich manchmal auf dem Pferdehof bei den täglichen Arbeiten mit. Dazu gehört auch das abäppeln der Paddocks. Das Wetter war an diesem Tag eigentlich recht schön, aber es ging ein doch etwas frischer Wind. Also zog ich mir noch zusätzlich eine Strickjacke über. Dann nahm ich mir eine Schaufel und Schubkarre und legte los. Nun kam es aber zu einer Verkettung von Ereignissen, die man so nicht voraussehen konnte.

Während ich meine „Apfelernte“ beging, wollte Jürgen unabhängig von mir Messungen bzw. Reparaturen an seinen Elektrozäunen vornehmen. Aus welchem Grund auch immer drehte er den Impulsgeber im Vorfeld der Reparatur auf maximale Stärke. Das sind immerhin 8000 Volt! Da er aber zunächst wohl den Zaun reparieren wollte, hängte er diesen kurz hinter dem Paddock, in dem ich arbeitete aus um somit die weiterführende Stromzufuhr für die Zäune auf den Koppeln zu unterbrechen. Dann begab er sich, ohne mir davon etwas zu sagen, auf die Koppel, um dort mit den Reparaturen zu beginnen. Irgendwann wurde ich dann auch mit meiner Arbeit fertig. Da die Schubkarre sich mittlerer Weile gefüllt hatte, wollte ich zunächst einmal die Schaufel loswerden und anschließend mit der Karre hinausfahren. Also nahm ich nichts ahnend meine Schaufel, ging in Richtung Holzzaun, hob die Schaufel hinüber um diese auf der anderen Seite an den Zaum gelehnt abzustellen. Kurz vor dem Holzzaun verlief jener vorher besagte Elektrodraht. Dieser stand hier aber noch unter voller Spannung. Nun ja, es kam, wie es kommen musste. Ein kleiner weißlicher Blitz beförderte plötzlich unzählige Elektrönchen aus dem Draht irgendwo in eine Gegend kurz über meinen Bauchnabel direkt durch alle meine Sachen hindurch. Ich quittierte diese unfreiwillige „Reizstromzulage“ mit einem leisen Aufschrei, der wohl eher der schlagartigen Verkrampfung aller Muskeln in diesem Bereich zuzurechnen war, als das ich diesen bewusst ausstieß. Mein Bauch fühlte sich danach an wie eine Presswurst und die Hose war plötzlich auch zu weit geworden. Ansonsten war ich hell wach und es ging mir relativ gut. Nachdem ich dadurch zum allgemeinen Lacher für alle geworden war und auch hinreichend bedauert worden war (ein Mann braucht auch das Mal), kam Jürgen mit einem Messgerät und einem älteren Herrn daher, den ich aber nicht kannte. Beide hörten sich ebenfalls lachend meinen „Unfallhergang“ an. Mit den Worten „Woll’n doch mal sehen, wie viel du auf den Nabel bekommen hast…“ nahm er das Messgerät und ging immer noch lachend zum Zaun. Nur zu eurem Verständnis: Es handelt sich hier um ein spezielles Gerät. Dieses besteht aus verschiedenen Tiersymbolen und einer kleinen Leuchtdiode darunter für die Stromstärke. Darunter waren Pferde, Schafe usw. Auf alle Fälle hatte ich genau gesehen, dass das letzte Symbol in der Reihe wohl einen Ochsen darstellen sollte. Aus meiner immer noch gefühlten (Bauch)Sicht wohl eher einen spanischen Kampfstier. Als er sich mit seinem so tollen „Tierkreiszeichenmessgerät“ bis auf ungefähr zwei cm dem Zaun genähert hatte, passierte ihm das gleiche. Dieses Mal flog, ebenfalls begleitet von einem leisen Aufschrei, das Gerät durch die Luft. Ich konnte aber dennoch vorher kurz sehen, dass die letzte Leuchtdiode grell aufleuchtete. Nachdem wir uns alle darüber ebenfalls köstlich amüsiert hatten trat plötzlich der ältere Herr an den Zaun und mit den Worten „Was seid ihr denn für Weichwürste…“ umfasste er diesen mit beiden Händen. Donnerwetter, der Mann grinste dabei noch und meinte „Geht doch, ein bisschen Strom ist schon drauf, aber nicht viel.“ Äh, wie bitte? Jürgen und ich schauten uns an. Wir waren sprachlos. Aber wenn ihr nun denkt, das war alles, nö. Jetzt kommt’s… Er nahm vor unseren, mittlerer Weile kugelrunden Augen, den Draht in seinen Mund. Danach meinte er so richtig gelassen „Fühlt sich an wie eine alte DDR-Flachbatterie, wenn man mit der Zunge testen wollte, ob die noch Saft hat.“ Jetzt klappten bei uns die Kinnladen runter. Das kann doch nicht sein. Doch es kann!

Als ich später nach Hause kam, meinte meine Frau „Bist du dünner geworden?“ Meine Antwort „Leider nein, nur etwas verkrampfter.“ Ich weiß nicht, wo an diesem Abend der „Rest“ von meinem Bauch geblieben ist, aber er war einfach weg. Dafür zeigte er in den Proportionalen ein leichtes „Waschbrettmuster“. Leider hatte sich dieses am nächsten Morgen erledigt. Leider. Nur die kleine rote Stelle auf der Haut erinnerte mich noch ein paar Tage später daran. Hier hatte vermutlich der „Blitz eingeschlagen“.

Übrigens, diese Geschichte wird heute noch den neuen Praktikanten erzählt. Sie beginnt immer mit der Frage: „Kennst du eigentlich schon den Bauchbrettmacher für den Waschbrettbauch?“

Von Levin und anderen Pferden

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