Читать книгу Sonnentanz - Taja Jetsch - Страница 8

7.

Оглавление

Drake

Drake war sauer. Total sauer! Auf sich selber, auch auf Emily, aber vor allem auf sich selber. Er hätte eher mit ihr sprechen müssen, bevor . . . vor diesem Desaster jedenfalls. Aber wann, fragte er sich.

„Lass mich in Ruhe!“, knurrte Drake. Obwohl er keinen sah, wusste er, dass einer seiner Jungs da war. Heute war es Tristan.

Zum Glück für ihn lag Emilys Wohnung außerhalb der City in einem der Vororte. Hinten raus war fast sofort der Rhein. Hier gab es lange Wiesen und Wege, wo er laufen konnte. Und nur ein paar Hundert Meter weiter gab es Wald. Er verfiel in einen schnellen Lauf und Soleigh rannte neben ihm her. Je näher sie dem Wald kamen, desto leichter fühlte sich Drake. Als sie den Wald erreichten, fühlte sich Drake besser. Hier fühlte er sich wohler. Hier konnte er mehr er selbst sein. Hier lief er mit Soleigh um die Wette. Und Tristan durfte mitlaufen.

Der Abend hatte so gut angefangen. Wenn er nur daran dachte, wurde er schon wieder heiß. Nun war er nicht sicher, ob er sie schon verloren hatte, bevor es überhaupt angefangen hatte.

Emily

‚Seit Tagen.‘

‚Die letzten Tage.‘

‚So viel hatte er die letzten Tage nicht geredet.‘

Emily saß mit dem letzten Rest aus der Rotweinflasche in der Küche. Ihre eigenen Gedanken gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwas war falsch daran. Aber was? Dann fiel es ihr auf.

Gestern! Es war erst gestern gewesen, als er in der Bar aufgetaucht war. Freitag! Am Freitagabend. Heute war erst Samstag. Es war Samstagabend, gerade halb Elf. Sie kannte ihn noch nicht mal 24 Stunden. Oder gerade erst. Oder vielleicht auch nicht. Oder schon fast ein Jahr? Nein. Nein! Es war gestern gewesen. GESTERN! Er hatte Recht. So ein Mist aber auch. Aber er hatte Recht. Sie lernten sich gerade erst kennen. Was wusste sie überhaupt von ihm? Nichts. Gar nichts. Er könnte ein Triebtäter oder Serienmörder sein!

Serienmörder? Serienmörder!? Das Déjà-vu-Gefühl war wieder da. Ihr Herz, das gerade erst langsamer geworden war, klopfte wieder hart in ihrer Brust. In ihrem Kopf ratterte es. Und dann wusste sie es. Erschrocken stieß sie die Luft aus! Sie musste an diesen Typen denken, den, den sie nachts auf der Straße umgerannt hatte. Auch zu ihm hatte sie soweit aufsehen müssen. Genau, wie gestern Abend in der Bar, als Drake neben ihr stand. Sein Freund hatte seinen Namen gerufen. Drake! Entsetzen machte sich in ihr breit. Einige seiner Worte gingen ihr wieder durch den Kopf. Emily drückte sich die Hände auf die Brust und begann zu zittern. Er war ein Stalker. Ein Stalker! Und er wusste, wo sie wohnte. Er war hier in der Wohnung gewesen. Und sie war mit ihm im Bett gewesen. Fast hätte sie mit ihm geschlafen! Emily schüttelte sich. Und jetzt war er mit Soleigh unterwegs! Hoffentlich brachte er sie wieder! Gesund und lebendig und heile!

Emily rannte aufgeregt durch die Wohnung. Sie suchte und fand seine Tasche. Woher hatte er die Tasche?

Wann hatte er sie in ihre Wohnung gebracht? Sie wurde immer panischer. Sie atmete zu schnell, zu flach. Sie hyperventilierte fast. Alle Sachen, die sie von ihm fand, schmiss sie in die Tasche. Dann holte sie ihr Handy und wählte Sues Nummer. Schon nach dem zweiten Klingeln ging sie ran.

„Em, meine Liebe, wie geht es Dir?“, fragte Sue tröstend.

„Sue, bist Du zu Hause?“, fragte Emily aufgeregt.

„Ja, bin ich.“

„Ist Bastian bei Dir?“

„Ja, natürlich. Emily, was ist los?“

„Ich glaub, er ist ein Stalker!“ Emily war total aufgebracht. „Ein Stalker! Und ich hab ihn mit nach Hause genommen!“ Sie schrie fast.

Es klingelte. Einmal, zweimal.

„Hast Du das gehört?“, flüsterte Emily ins Handy.

„Ja!“ flüsterte Sue zurück.

„Das ist er!“

„Dann mach die Tür nicht auf! Bastian, Bastian! Du musst sofort zu Emily fahren! Ich erklär’s Dir unterwegs!“

„Leg nicht auf Sue!“ Emily weinte fast.

„NEIN, aber Du, mach nicht die Türe auf! Wir sind unterwegs.“

„Ich muss aber.“ Emily schluchzte. „Er hat Soleigh!“

Es klingelte wieder. Einmal, zweimal.

„Sue, ihr seid unterwegs?“

„Ja! Ich hab Deinen Schlüssel dabei!“

„Bleib bloß dran, hörst Du! Und Sue?“

„Ja?“

„Ich hab Dich lieb.“

„Ich dich auch.“

Emily holte tief Luft. Sie drückte auf den Türöffner. Dann machte sie am Handy den Lautsprecher an und stellte das Handy auf die Ablage, direkt neben der Tür.

„Hörst Du mich?“

„Ja!“

Drake

Als sie die Tür öffnete, erkannte er sofort, dass was nicht stimmte. Sie sah . . . aufgebracht aus und er roch Angst an ihr. Seine Tasche stand neben ihr.

„Was ist passiert?“, in seiner Stimme schwang Sorge mit.

Emily hob die Hand und sagte nur: „Stop!“. Drake blieb irritiert stehen.

„Emily, bitte sag es mir, was ist passiert?“

Sie ignorierte Drake, rief Soleigh zu sich und vergewisserte sich, dass es ihr gut ging. Soleigh lief gleich in die Küche und Emily hörte sie trinken.

„Ich will nur eins von Dir wissen.“, sagte Emily laut und bestimmt. „Und sag mir die Wahrheit: Bist Du ein Stalker?“

Drake war nun völlig irritiert. „Ich? Ein Stalker? Nein, nun wirklich nicht.“ Er lachte.

„Ok.“, sagte Emily. „Im Januar irgendwann, da hab ich nach der Bar 'nen Typen auf der Straße angerempelt. Sag ehrlich, warst Du das?“

Drake sah erst überrascht, dann zerknittert aus. „Ja.“ Seine Stimme war leise.

„WAS? Ich kann Dich nicht hören.“

„Ja. Das war ich.“ Drake stellte sich aufrecht hin und sah ihr geradewegs in die Augen. „Ja, Emily, das war ich. Aber nur weil ich Dich gesucht und gefunden hatte. Ich bin kein Stalker!“

Sue rief „Oh nein! Bastian, fahr schneller. Beeil Dich! Wir sind gleich da!“

„Seit wann verfolgst Du mich?“ Emily wurde immer ruhiger.

„Ich verfolge Dich nicht!“

„SEIT WANN?“

„Ich habe Dich gesucht, seit letztem Jahr, auf der Kirmes. Und dann hab ich Dich gefunden. Bitte, Emily, kann ich nicht reinkommen und wir reden in Ruhe darüber?“ Drake machte einen Schritt auf sie zu.

„STOP!“, sagte Emily laut und Drake blieb stehen.

„Du warst laufen?“, fragte sie.

„Ja!“

„So?“

Drake sah an sich herunter. Er trug nur seine Jeans. Kein Shirt, keine Schuhe. Noch nicht mal Socken. Kein Mensch würde so laufen gehen. Richtig, kein Mensch.

Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Bastian trat als erster in den Flur, dann Sue. Soleigh kam angelaufen und rannte zu Sue, begrüßte Bastian und blieb dann bei Drake stehen und sah ihn mit ihren großen Kulleraugen an.

„Soleigh mag mich.“, flüsterte er.

„Ich hasse Dich!“ Emily schrie ihn fast an.

Sue nahm Soleigh und ging mit ihr in die Wohnung. Bastian blieb breitbeinig neben Emily stehen und verschränkte die Arme. Er war Boxer und gar nicht mal so schlecht.

Emily kickte mit dem Fuß die Tasche raus. Sie holte tief Luft.

„Ich will Dich nie mehr sehen. Lass mich in Ruhe. Wenn Du mir noch einmal zu nah kommst, verklage ich Dich und hetze Dir die Bullen auf den Hals.“ Dann knallte sie die Türe zu.

Fassungslos stand Drake im Flur. Er hatte nur einen Gedanken: „Ich hab sie verloren!“

Sonnentanz

Подняться наверх