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Wenn die Kekse fehlen
und der Hausbote nicht mehr klopft
ОглавлениеLiebe Controller, den Abschwung schaffen wir so garantiert. Den Aufschwung aber garantiert nicht!
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ie Krise ist die Zeit der Krämer. In jede Ecke kriechen die Controller, um noch versteckte Kosten zu finden und zu kappen, zu kürzen, zu köpfen. Kennen Sie das auch?
Am Anfang stehen die Kleinigkeiten, die zwar ärgerlich, aber doch noch mit Humor zu ertragen sind. In Besprechungen gibt es keine Kekse mehr, und die Granini-Fläschchen sind dem Kraneberger aus der Karaffe gewichen. Fragen Sie sich nicht, was das soll! Das bringt finanziell gar nichts. Es ist reiner Aktionismus, Symbolik: Jeder soll merken und sich immer wieder daran erinnern, dass Krise ist. Haken Sie das ab – oder sehen Sie es positiv! Das Zuckerwerk rutscht eh nur auf den Bauch (bei den Herren) oder auf Hüfte und Hinterteil (bei den Damen).
Als Nächstes wird der interne Postdienst aufgelöst. Gut, die Kollegen, die immer mit dem Wägelchen durch die Gänge fuhren, wirkten wie aus einer anderen Zeit. Sie waren aber sehr nützlich und grüßten auch immer so freundlich. Nun sind sie weg, ihre Wägelchen stehen träge und traurig zum Abtransport bereit in einer Ecke der Poststelle. Die Folgen dieser Sparmaßnahme tragen im besten Sinne des Wortes Sie selbst: Ab jetzt dürfen Sie Ihre Umschläge und Zeitungen selbst aus dem Postfach holen. Jeder rennt jetzt morgens als Erstes in den Keller – vom Abteilungsleiter bis zur Azubine: Das ist unter basisdemokratischen und kommunikativen Gesichtspunkten natürlich ganz toll. Es kostet aber jede Menge gut bezahlte Arbeitszeit und bringt immer wieder ein kleines Chaos.
Auch am Eingang ändern sich die Zeiten. Ein elektronisches System ersetzt den Portier. Die Schließanlage kostet zwar fünf Jahresgehälter des guten Herrn Schulz, und die laufenden Kosten für die Wartung der Anlage, der Chipkarten, Codes ... sind auch nicht gering. Aber es ist ein weiteres Krisenzeichen gesetzt. Kein fröhliches „Guten Morgen!" mehr, jeder Tag beginnt anonym mit einem „Piiiep". Ihre Gäste können Sie von der Straße einsammeln, nachdem sie mit dem Handy angerufen haben. Auch die Freund-Feind-Erkennung funktioniert nicht mehr, und plötzlich – oh Wunder – verschwinden wieder Portemonnaies aus den Büros.
Schließlich wird auch noch an der Sauberkeit gespart. Die Putz-Rhythmen werden reduziert. Der Schreibtisch klebt, der Mülleimer quillt über, die Fensterscheiben sind blind. Asthmatiker röcheln. Einspareffekte? Vergessen Sie es! Reine Schikane. Irgendwann erwischen Sie sich mit dem Feudel in der Hand und machen in der Firma das, was eigentlich nicht zu Ihren Kernkompetenzen zählt und Sie zu Hause seit langem outgesourct haben: putzen.
Wenn die Stimmung durch solchen Aktionismus und solche Krisen-Symbolik auf dem Tiefpunkt ist, sparen auch noch die Führungskräfte am allerwichtigsten: Lob und Zuspruch. Und nicht nur wir Frauen wissen: Ein Kompliment kostet nichts. Das ist dann wirklich traurig. Denn die letzten Bürohikaner, die die jüngste Kündigungsrunde überlebt haben – sei es, weil sie die Leistungsstärksten oder die mit den meisten Sozialpunkten sind, bräuchten besonders viele Streicheleinheiten. Schließlich ma-chen jetzt drei Menschen die Arbeit von sieben.
Kurz und schmerzlich: Liebe Controller und Geschäftsführer, den Abschwung schaffen wir so, garantiert. Den Aufschwung aber garantiert nicht!
Erschienen am 13.11.2009 im Handelsblatt