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In der Nacht schlug das Wetter um. Das Hochdruckgebiet zog weiter nach Norden, verdrängt durch ein atlantisches Tiefdruckgebiet, das von den Britischen Inseln kam.

Dunst lag so dicht über dem Wasser, daß er nicht mehr davon zu unterscheiden war. Es herrschte völlige Windstille, nur das oberste Espenlaub regte sich.

Kristina wachte mit leichten Kopfschmerzen auf, die sie wegzumassieren versuchte. Zur Sicherheit nahm sie dann doch zwei Tabletten. Eine Stunde später betrat sie den Besprechungsraum.

Östen Nilsson war schon da. Noch sonnengebräunt von seinem Urlaub auf Farö, wo er endlich sein Sommerhaus in Ordnung gebracht hatte, überwachte er die Kaffeemaschine. Es duftete angenehm.

Kurz danach tauchte Thomas Roth auf. Er brachte einen Kirschkuchen mit, den seine Frau gebacken hatte. Maria erschien wie üblich als letzte. Sie war ja auch die Jüngste und brauchte ihren Morgenschlaf.

Sie tranken Kaffee und langten beim Kuchen kräftig zu. Sie redeten ohne Hektik miteinander. Noch waren die Urlaubswochen in ihren Stimmen und Gesten gegenwärtig. An einem solchen Morgen ist das Leben weich und entspannt.

Auch wenn die Wirklichkeit ganz anders aussieht.

Das Flugzeugunglück beherrschte die Titelseiten sämtlicher Zeitungen. Man spekulierte über die Ursachen, die Havariekommission hatte bislang weder die Maschine noch deren Black Box untersucht. Man spekulierte auch über den unbekannten Passagier, den Jungen, und stellte die Theorie auf, daß es sich um einen illegalen Einwanderer handeln könne.

Das war durchaus möglich. Unmöglich war in diesen Zeiten nichts. Vor kurzem erst hatte man zwei junge Filipinos erfroren im Motorraum eines Charterflugzeugs aufgefunden.

Die Abendzeitungen neigten mehr zur Pädophilie-Hypothese. Auch das war nicht so abwegig. Die Polizei hoffte freilich, daß es nichts Derartiges sein möge. Die Erfahrung hatte gezeigt, daß Ermittlungen wegen Pädophilie in die breitesten Kreise wie in die obersten Schichten der Gesellschaft führen können.

Maria hoffte, daß es eine einfache Erklärung geben würde, das ließ sich mit ihrem Sinn fürs Tragische besser vereinbaren. Verbrechen sind selten tragisch, sie sind eher einfältig.

Thomas schüttelte energisch den Kopf, um sie daran zu erinnern, daß man sich als Polizist nicht zu sehr vom Wunschdenken leiten lassen darf, was die Realität betrifft.

Östen verteidigte Maria, und sie errötete vor Freude. Sie war heimlich in ihn verliebt, so heimlich, daß sie nahe daran war, es zu vergessen.

Kristina verteilte rasch die Arbeit. Östen, der in der Gruppe aus irgendeinem Grund als Computergenie galt, sollte soviel wie möglich über die Opfer herausfinden. Thomas sollte den Kontakt zur Marine und zur Havariekommission halten. Und Maria sollte Kristina begleiten.

Der sechste Passagier

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